# taz.de -- Kreativer Stadtumbau: Der Traum vom Wohnen in Mitte
       
       > Eine der letzten Brachen an der Ackerstraße soll bebaut werden. Wenn es
       > nach Baustadtrat Ephraim Gothe geht, soll hier auch sozialverträgliches
       > Wohnen möglich sein
       
 (IMG) Bild: Der Plan von Baustadtrat Ephraim Gothe für das ehemalige Schulgelände an der Ackerstraße
       
       Unbebaut, wuchernd, einzig ein frisch bepflanzter Park in der Mitte: Das
       Grundstück an der Ecke von Acker- und Invalidenstraße ist ein Unikat in der
       nahezu flächendeckend schick sanierten Rosenthaler Vorstadt. Der
       Liegenschaftsfonds will es verkaufen und bebauen lassen - wie und von wem,
       darüber streiten Bezirk und Senat. Dabei könnte das Land die Entwicklung
       der Brache zum Modell für sozial verträgliches Wohnen in der Innenstadt
       machen. Eine Entscheidung soll in diesem Monat fallen.
       
       Auf dem Grundstück stand bis vor wenigen Jahren die Hemingway-Oberschule.
       Im vergangenen Jahr legte der Bezirk anstelle des Gebäudes einen Park an.
       Für die Parzellen an Acker- und Invalidenstraße, die vom evangelischen
       Pfarrhaus begrenzt werden, interessieren sich die Modemacherin Jette Joop
       und die Architekten vom "Graft"-Büro. Letztere sind auch als
       "Brad-Pitt-Architekten" bekannt, sie sollen mit dem Schauspieler befreundet
       sein und haben für ihn gearbeitet. Auch der Chorverband liebäugelte mit den
       Flächen, scheiterte aber am Geld.
       
       Laut Bebauungsplan ist im nördlichen Teil ab dem ersten Obergeschoss nur
       Wohnen möglich, im südlichen Teil soll der Wohnanteil bei mindestens 30
       Prozent liegen. Als reines Wohngebiet konnte das Gelände wegen der
       vielbefahrenen Invalidenstraße nicht ausgewiesen werden.
       
       Am 19. Januar sollte der Steuerungsausschuss des Liegenschaftsfonds über
       einen Verkauf entscheiden. Vertreter der Senatsverwaltung für Wirtschaft
       hätten allerdings nicht erklären können, was die Investoren am Standort
       planen, sagt Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD). "Es wurden keine
       Angaben zur Zahl der zu schaffenden Büroarbeitsplätze, zum Nutzungskonzept
       und zur Umsetzung des Wohnanteils gemacht", kritisiert er. Gothe
       intervenierte und legte ein eigenes Konzept vor: Der südliche Teil des
       Areals soll ausgeschrieben werden für kreativwirtschaftliche Nutzung. Von
       den insgesamt 4.250 Quadratmetern Bruttogeschossfläche könnten 70 Prozent
       als Büros genutzt werden - Raum für etwa 165 Arbeitsplätze. "Bei einer
       Ausschreibung müssten Joop und Graft ihre Pläne offenlegen, außerdem
       erhielten auch andere aus der Branche die Chance, sich zu bewerben", sagt
       Gothe.
       
       Eine der anschließenden vier Parzellen möchte der Baustadtrat an Baugruppen
       vergeben, eine weitere könnte der Eigentümer des "Schokoladen"-Hauses
       weiter südlich in der Ackerstraße erhalten. "Mit der Bedingung, dass der
       Investor die Betreiber des Schokoladens im Gebäude lässt, könnte er die
       Parzelle an der Elisabethkirchstraße direkt erhalten", so Gothe. Seiner
       Ansicht nach ließe sich so ein Konflikt vermeiden, der sich zu einem Fall
       ähnlich der Liebigstraße 14 hochschaukeln könnte.
       
       Besonderes Augenmerk indes liegt auf zwei Parzellen im nordwestlichen Teil,
       an der Ackerstraße: Der Bezirk dringt darauf, hier neue Wohnformen auch für
       finanziell schwächere Bewohner zu ermöglichen. Ein Teil der Wohnungen
       sollte Mietern mit Berechtigungsschein vorbehalten werden - was Investoren
       etwa mit lukrativen Loftwohnungen quersubventionieren könnten. Denkbar wäre
       auch, das Grundstück in Erbpacht an Genossenschaften zu vergeben.
       
       "Man könnte hier Modelle erproben, die in anderen Stadtteilen zur Anwendung
       kommen", so Gothe. Er sieht darin eine Signalwirkung auch für die direkte
       Umgebung: Die Rosenthaler Vorstadt ist im Zuge der Sanierung nach der Wende
       zur Vorzeigeadresse geworden. Angestammte Bewohner sind vor den
       explodierten Mieten geflohen, statt Eckkneipen drängen sich exklusive
       Süßwarenlädchen neben Bio-Luxus-Bistros. Wohnungen zu sozialverträglichen
       Mieten täten der Mischung im Viertel gut.
       
       Die Linksfraktion im Abgeordnetenhaus hat Gothe auf seine Seite gebracht.
       Die zuständigen Sprecher Uwe Doering, Thomas Flierl und Jutta Matuschek
       forderten die Steuerungsrunde des Liegenschaftsfonds auf, die Grundstücke
       gemäß den Bezirksplänen zu vergeben. "Das Konzept entspricht den vom
       Abgeordnetenhaus beschlossenen Grundsätzen einer Neuausrichtung der
       Grundstücksvergabepolitik des Landes", schrieben sie in einem Brief vom 14.
       Januar.
       
       Die SPD-Fraktion unterstützt diese Position grundsätzlich. "Wir wollen eine
       Nutzungsmischung auf dem Gelände", sagt die stadtentwicklungspolitische
       Sprecherin Ellen Haußdörfer. "Von der Zielsetzung her" befürworte ihre
       Fraktion die Pläne des Bezirks. Allerdings müsse die Finanzierung
       sichergestellt sein. "Wohnen für umsonst kann es nicht geben."
       
       Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) wollte sich zu dem Fall und
       dem Votum seiner Fraktion nicht äußern - er ließ erklären, für den Fall sei
       der Finanzsenator zuständig. Der wiederum verweist auf das laufende
       Verfahren, das Vertraulichkeit gebiete. "Solange nichts entschieden ist,
       äußern wir uns nicht", sagte ein Sprecher. Gothes Befürchtung: "Der
       Finanzsenator will den Fall aussitzen." Der Steuerungsausschuss tagt wieder
       am 14. Februar.
       
       3 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kristina Pezzei
       
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