# taz.de -- Demokratiebewegung in Ägypten: Die Nach-Mubarak-Zeit hat begonnen
       
       > Längst geht's nicht mehr darum, ob Mubarak abgelöst wird, sondern darum,
       > wann. Opposition und Vizepräsident haben sich auf einen Zeitplan für den
       > Übergang geeinigt.
       
 (IMG) Bild: Zerstörtes Mubarak-Plakat, fotografiert am 30.01.2011 in Kairo.
       
       Drei Punkte konnte sich Ägyptens Oppositionsbewegung bereits sichern. Der
       ägyptische Präsident Husni Mubarak wird nicht zu einer weiteren Amtsperiode
       antreten, die Vererbung der Macht von den Vater auf den Sohn ist ad acta
       gelegt, und Ägypten wird eine politisch offenere Gesellschaft sein.
       
       Noch etwas haben die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz erreicht. Das
       findet aber noch hinter den Kulissen statt. In den Gesprächen zwischen
       Opposition und Vizepräsident Omar Suleiman geht es längst nicht mehr um die
       Frage, ob Mubarak abgelöst wird, sondern um die Frage, was nach ihm kommt.
       Teile der Opposition, darunter die Muslimbrüder und Vertreter der Bewegung
       Muhammad Baradeis sowie kleinerer Oppositionsparteien und unabhängige
       Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, tasteten sich am Sonntag mit
       Vizepräsidenten Omar Suliman in einem ersten Treffen ab.
       
       Laut einer Presseerklärung sollen sich beide Seiten auf einen Fahrplan für
       eine Übergangszeit nach Mubarak geeinigt haben. Danach soll ein Komitee von
       Rechtsexperten eine Verfassungsänderung erarbeiten, die freie und faire
       Präsidentschaftswahlen ermöglicht. Es soll ein neuer Polizeiapparat
       aufgebaut werden, der sich fortan nicht um den Schutz des Regimes, sondern
       um den Schutz der Bürger kümmern soll. Außerdem soll der seit Jahrzehnten
       geltende Notstand aufgehoben werden, sobald die Sicherheitslage das
       erlaube. Der Entwurf, auf den man sich geeinigt haben soll, spricht nicht
       von einer Auflösung des Parlaments. Dagegen soll ein Ausschuss geschaffen
       werden, der alle Vorwürfe von Wahlbetrug bei den Parlamentswahlen letzten
       Herbst untersucht und die Legitimität jedes einzelnen Sitzes überprüfen
       soll. Außerdem soll sichergestellt werden, dass die Medien in Zukunft frei
       arbeiten können. Damit zäumen die Opposition und Omar Suleiman das Pferd
       von hinten auf. Man hielt sich nicht mit der Forderung nach Mubaraks
       Rücktritt auf, es wurde aber bereits über organisatorische Fragen für die
       Nach-Mubarak-Zeit gesprochen.
       
       Das Treffen mit Omar Suliman ist bei den Demonstranten aber umstritten. Vor
       allem die säkulare Jugendbewegung des 6. April sprach davon, dass die
       Teilnehmer des Treffens nicht alle Jugendlichen auf dem Platz
       repräsentieren. Auf dem Platz heftig diskutiert wird auch die Kehrtwende
       der Muslimbruderschaft, die es noch vor ein paar Tagen kategorisch
       abgelehnt hatte, in Dialog mit Omar Suleiman zu treten. Mohammed Mursi,
       einer der hochrangigen Mitglieder der Muslimbruderschaft, hatte zuvor noch
       einmal betont, dass seine Organisation an ihrer Hauptforderung festgehalten
       habe, dass Mubarak zurücktreten müsse. Die Muslimbruderschaft hat bereits
       dadurch gewonnen, dass Omar Suleiman mit ihr spricht. Bisher existierte sie
       nur als semilegale Organisation, deren Mitglieder nach Belieben des Regimes
       ins Gefängnis gesteckt wurden oder manchmal auch bei vollkommen
       manipulierten Wahlen Sitze im Parlament erhielten. Der jetzige Dialog mit
       dem Vizepräsidenten kommt einer Anerkennung gleich.
       
       Doch dieser Sieg könnte für die Bruderschaft teuer werden. Denn gerade die
       junge Garde der Muslimbrüder, die sich in den letzten Tagen zusammen mit
       der säkularen Opposition jeden Tag auf dem Tahrir-Platz behauptet, fordert
       nicht nur einen Wechsel an der Spitze des Staates, sondern eine Änderung
       des Systems. Und es ist fraglich, ob ihr die in dem Treffen mit Suleiman
       herausgearbeiteten Forderungen genügen und ob sie den ehemaligen
       Militärgeheimdienstchef Omar Suleiman überhaupt als Verhandlungspartner
       akzeptiert.
       
       Lässt sich die Führung der Muslimbrüder auf einen Deal mit Omar Suleiman
       ein, riskiert sie den Bruch mit der jungen Generation der Muslimbrüder und
       die Spaltung. Etwas, was schon seit Jahren in der Luft liegt. Die jüngeren
       Muslimbrüder hatten immer wieder gefordert, dass ihre Organisation zusammen
       mit der Kifaya-, der "Es-reicht"-Bewegung, aktiver gegen Mubarak auf die
       Straße gehen sollte. Bei den kleinen Demonstrationen der letzten Jahre
       waren zwar immer wieder einzelne jüngere Muslimbrüder präsent, die Führung
       hatte sich aber stets zurückgehalten.
       
       6 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim Gawhary
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
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