# taz.de -- Konsequenz nach Plagiatsvorwürfen: Guttenberg will Doktortitel zurückgeben
       
       > Biete Doktortitel, behalte Amt: Verteidigungsminister Karl-Theodor zu
       > Guttenberg gibt seinen Titel zurück. Seinen Posten als Minister will er
       > aber auf jeden Fall behalten.
       
 (IMG) Bild: Künftig nur noch Minister, nicht mehr Doktor: Karl-Theodor zu Guttenberg.
       
       KELKHEIM/BERLIN dpa | Angesichts immer neuer Plagiatsvorwürfe gegen seine
       Dissertation gibt Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU)
       seinen Doktortitel endgültig auf. Er bat die Universität Bayreuth am
       Montagabend schriftlich, den Dr. zurückzunehmen. Zur Begründung habe er auf
       "gravierende handwerkliche Fehler" in seiner Arbeit hingewiesen, teilte die
       Hochschule am späten Abend mit. An seinem Ministeramt hält der
       CSU-Politiker aber fest: Er wolle trotz des Sturms der Kritik seine Aufgabe
       für die Bundeswehr erfüllen, sagte er auf einer CDU-Veranstaltung in
       Hessen.
       
       Innerhalb der Union wurde die Entscheidung mit Überraschung aufgenommen.
       Einerseits könne Guttenberg damit ein Befreiungsschlag gelungen sein, hieß
       es am späten Abend in Parteikreisen. Andererseits wurde befürchtet, dass
       sein Ruf beschädigt und damit noch nicht das letzte Wort gesprochen sei.
       Kanzlerin Angela Merkel unterstützt Guttenberg weiterhin. "Die
       Bundeskanzlerin findet die Entscheidung Karl-Theodor zu Guttenbergs, auf
       den Doktortitel zu verzichten, richtig", sagte Regierungssprecher Steffen
       Seibert am Dienstag.
       
       Wenige Stunden zuvor hatte die Union dem angeschlagenen Minister noch ihre
       Unterstützung versichert: Bundeskanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst
       Seehofer wollten ihn auch bei einem Verlust des Doktortitels nicht einfach
       fallen lassen. Merkel betonte, sie habe Guttenberg nicht als
       wissenschaftlichen Assistenten oder Doktoranden ins Kabinett geholt. "Mir
       geht es um die Arbeit als Bundesverteidigungsminister. Die erfüllt er
       hervorragend, und das ist das, was für mich zählt."
       
       Guttenberg selbst sagte bei seiner ersten öffentlichen Rede seit Beginn der
       Affäre in Kelkheim bei Frankfurt: "Die Entscheidung, den Doktortitel, nicht
       zu führen schmerzt." Schließlich habe er sieben Jahre in die Arbeit
       investiert. Drei Tage zuvor hatte er in seiner Erklärung in Berlin am
       Freitag noch betont, er verzichte nur bis zum Ende der Untersuchung durch
       die Universität Bayreuth vorübergehend auf den Titel. Nun sagte er, beim
       erneuten Lesen der Dissertation über das Wochenende habe er selbst Fehler
       gesehen. Er habe "an der einen oder anderen Stelle den Überblick über die
       Quellen verloren". Er entschuldigte sich bei allen, die er durch seine
       Fehler verletzt habe - auch bei seinem Doktorvater. "Ich stehe auch zu dem
       Blödsinn, den ich geschrieben habe." Er habe aber nicht bewusst getäuscht.
       
       Trotz Guttenbergs Verzichtsangebots sieht sich die Universität jedoch
       verpflichtet, "die notwendigen Prüfungen gemäß dem vorgegebenen Verfahren
       vorzunehmen". Bereits an diesem Dienstag werde die Promotionskommission der
       Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät die nötigen Schritte
       einleiten. Am frühen Nachmittag wolle Uni-Präsident Rüdiger Bormann ein
       Pressestatement abgeben, sagte dessen Sprecher.
       
       Dem Minister wird zur Last gelegt, zahlreiche Passagen seiner Doktorarbeit
       aus Werken anderer Autoren kopiert zu haben. Nach einem Zwischenbericht von
       Internet-Aktivisten, die seine Doktorarbeit analysieren, soll mehr als ein
       Fünftel des Textes Plagiat sein. Es seien "bis jetzt 3521 von 16325 Zeilen,
       das sind 21,5 Prozent der Doktorarbeit (jeweils inkl. Fußnoten) als
       Plagiate identifiziert" worden, heißt es in einem am Montagabend
       veröffentlichten Zwischenbericht des "GuttenPlag"-Wikis.
       
       Die CSU stellte sich dennoch hinter den Verteidigungsminister.
       "Karl-Theodor zu Guttenberg braucht keinen Doktortitel, um sein Amt
       auszuüben", sagte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich am Montagabend
       nach Angaben seines Sprechers in Berlin. "Guttenberg weiß, dass die
       Soldaten und die Bevölkerung ihm vertrauen und er dafür auch keine
       akademischen Titel benötigt." CSU-Chef Horst Seehofer hatte Guttenberg
       bereits vor dessen Rede die volle Unterstützung seiner Partei zugesagt.
       Auch Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte, Guttenberg sei
       selbst bei einer Aberkennung des Doktortitels noch ein guter
       Verteidigungsminister. Der Fraktionsvorstand im Bundestag stützte
       Guttenberg ebenfalls. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU)
       stärkte zu Guttenberg auch nach dessen abendlicher Erklärung den Rücken.
       Dieser sei eine der "herausragenden Persönlichkeiten der deutschen
       Politik". Und: "Wir wollen, dass das so bleibt."
       
       Merkel hatte zuvor mehrfach betont, dass die Arbeit Guttenbergs als
       Minister entscheidend für sie sei. "Ich stehe zu der Person und zu der
       Arbeit, die er macht." Guttenberg habe ihr "volles Vertrauen". Seehofer
       rief Guttenberg auf, die Affäre durchzustehen. Gegen Guttenberg steht
       inzwischen auch der Vorwurf des Amtsmissbrauchs im Raum. Laut Spiegel und
       Focus Online soll er 2004 und 2005 beim Wissenschaftlichen Dienst des
       Bundestages Studien zum Gottesbezug in der US-Verfassung und zur Rolle der
       USA im europäischen Einigungsprozess in Auftrag gegeben und die Texte fast
       vollständig in seine Dissertation eingefügt haben. Das
       Verteidigungsministerium wollte dazu nicht Stellung nehmen.
       
       Die Opposition will den CSU-Politiker in dieser Woche im Bundestag zur Rede
       stellen. Am Mittwoch will sie die Vorwürfe in einer Fragestunde
       thematisieren. Zudem will die SPD eine Bundestagsdebatte beantragen.
       SPD-Chef Sigmar Gabriel verglich Guttenberg mit dem italienischen
       Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. In Deutschland dürfe es nicht dazu
       kommen, dass jemand, der sich als Medienstar verstehe, Sonderrechte für
       sich in Anspruch nehme. Die Grünen und die Linke legten Guttenberg den
       Rücktritt nahe. Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki forderte in der
       "Leipziger Volkszeitung" eine Abberufung Guttenbergs bis zur Aufklärung der
       Affäre. Nach viel Hohn und Spott im Internet formieren sich dort auch die
       Unterstützer. Im Online-Netzwerk Facebook fand ein Forum mit dem Titel
       "Gegen die Jagd auf Dr. Karl-Theodor zu Guttenberg" bis Montagmittag über
       110.000 Unterstützer.
       
       22 Feb 2011
       
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