# taz.de -- Nach Angriff in U-Bahnhof: Schläge für die Polizei
       
       > Während auch die Polizei den Rocker-Helfer gefunden hat, kritisiert ein
       > Kriminologe die Ermittler - und ein Grünen-Abgeordneter stellt sich vor
       > die Behörde.
       
 (IMG) Bild: Blumen, Kerzen und handgeschriebene Zettel, die im Zugang des U-Bahnhofs Lichtenberg liegen.
       
       Die Berliner Polizei muss sich harsche Kritik des Kriminologen Christian
       Pfeiffer gefallen lassen. Im Zusammenhang mit der brutalen Attacke im
       U-Bahnhof Lichtenberg hält Pfeiffer ihr vor, Gewaltkriminalität
       herunterzuspielen. Ihre Aufklärungsquote bei Gewalttaten nennt er
       "mickrig". Derweil hat nach der Presse auch die Polizei den Mann gefunden,
       der offenbar eine weitere Eskalation der Gewaltorgie im U-Bahnhof
       verhinderte.
       
       Vier Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren hatten vor über einer Woche
       einen 30-jährigen Maler zusammengeschlagen und -getreten. Der Mann lag auch
       am gestrigen Dienstag noch im künstlichen Koma. Sein Zustand sei
       unverändert, hieß es aus dem Unfallkrankenhaus Marzahn. Ein zweiter Mann,
       ein Kollege des Opfers, war entkommen, weil ihm offenbar ein
       großgewachsenenes Mitglied der Rockergruppe "Bandidos" half. Ihn hatte am
       Wochenende die Boulevardzeitung B.Z. ausfindig gemacht und zitiert. Dass er
       sich nicht bei der Polizei gemeldet hatte, erklärte er laut B.Z. damit,
       dass Rocker es ablehnten, mit der Polizei zu kooperieren.
       
       Die Staatsanwaltschaft war auch am Dienstag noch hörbar verärgert, dass
       diese Zeugenaussage zuerst in der Zeitung statt in ihren Akten stand.
       Immerhin konnten die Ermittler jetzt offenbar gleichziehen und den Mann
       ebenfalls finden. "Es ist bekannt, um wen es sich handelt", sagte
       Behördensprecher Martin Steltner der taz. Was der Mann der Polizei zu
       berichten hatte und selbst, ob überhaupt schon ein Gespräch stattfand, ließ
       Steltner aber offen. Man wolle die Sache nicht zu hoch hängen, sagte er zur
       Begründung. Gleiches galt für Fragen zur Vorgeschichte der Attacke: "Es
       gibt nichts substanziell Neues." Laut Steltner sucht die Polizei noch nach
       weiteren Zeugen, die auf einem Videomitschnitt zu sehen sind.
       
       Pfeiffer, Leiter des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen und
       von 2000 bis 2003 Justizminister des Landes, warf der Polizei im
       RBB-Inforadio vor, die Videobilder der Attacke verspätet öffentlich gemacht
       zu haben. "So etwas wäre, wenn es in irgendeiner anderen Großstadt passiert
       wäre, bis in die Tagesschau gekommen." In Berlin aber sage die Polizei, das
       sei alltäglich, da müsse man ja viel melden. "Dieses Herunterspielen ist
       für mich nicht akzeptabel", sagte Pfeiffer. Die Aufklärungsquote in Berlin
       liegt nach seiner Darstellung bei "mickrigen 60 Prozent". Im Bundesschnitt
       seien es 75 Prozent. Als Grund nannte er mangelhafte Ausstattung.
       
       Die Polizei selbst mochte bis Redaktionsschluss gegenüber der taz dazu
       nicht Stellung nehmen. Ihre Verteidigung übernahm überraschenderweise der
       innenpolitische Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus, Benedikt Lux, ein
       kritischer Beobachter der Polizeiarbeit. Wenn Pfeiffer von
       "Herunterspielen" spreche, sei das eine Frechheit, sagt er der taz. "Die
       ganze Stadt debattiert jetzt über Gewalt, nur Herr Pfeiffer scheint das
       noch nicht mit bekommen zu haben." Von Verzögerung kann für Lux keine Rede
       sein: "Die Polizei hat die Täter schnell und professionell ermittelt."
       
       22 Feb 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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