# taz.de -- Nach Erdbeben in Japan: Humanitäre Katastrophe
       
       > Auch Tage nach dem Erdbeben werden in Japan noch tausende Menschen
       > vermisst. Zehntausende mussten aus der Nähe von Akws evakuiert werden.
       > Hunderttausende sind obdachlos.
       
 (IMG) Bild: Überlebende des Erdbebens versuchen der Verwüstung zu entkommen.
       
       TOKIO dpa | Neue Nachbeben, erste Aufräumarbeiten und große Trauer um die
       Opfer: Nach dem verheerenden Erdbeben und dem anschließenden Tsunami ist in
       Japan das ganze Ausmaß der humanitären Katastrophe noch immer nicht
       abzusehen. Allein in der schwer betroffenen Provinz Miyagi fehlte am
       Samstag von 10.000 Menschen jedes Lebenszeichen. Offiziell geht die
       Regierung von rund 1.700 Toten aus. Nach Angaben der
       Weltgesundheitsorganisation WHO wurden bislang 621 Leichen geborgen, 645
       Menschen gelten als vermisst. Etwa 210.000 Menschen verloren ihr Zuhause.
       
       Aus aller Welt wurde der japanischen Regierung Hilfe angeboten.
       Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte langfristige Unterstützung beim
       Wiederaufbau der zerstörten Landstriche zu: "Japan soll wissen, dass
       Deutschland in dieser schwierigen Stunde an seiner Seite steht." Auch
       Bundespräsident Christian Wulff sagte Hilfe zu.
       
       Einen Tag nach dem Beben der Stärke 8,9 und dem verheerenden Tsunami, der
       bis weit ins Land hinein Schiffe, Häuser, Autos und Menschen mitgerissen
       hatte, hielten Nachbeben die Bewohner selbst in weit vom Epizentrum
       entfernten Gegenden in Atem. Die US-Wissenschaftsbehörde United States
       Geological Survey (USGC) registrierte seit Freitag allein 25 Beben ab der
       Stärke 6. Hinzu kamen mehr als 150 schwächere Nachbeben.
       
       Das japanische Fernsehen zeigte Bilder von großflächigen Überschwemmungen
       an der Küste. Viele Menschen verbrachten die eiskalte Nacht frierend im
       Freien auf den Dächern umfluteter Häuser. Rund 21.000 Menschen wurden auch
       am Samstag in Notunterkünften versorgt. Regierungschef Naoto Kan, der die
       Katastrophenregion am Samstag per Helikopter besuchte, rief seine Bürger
       auf, das beispiellose Desaster gemeinsam zu überwinden.
       
       Auch im Großraum Tokio wurden die Menschen von einer neuen schweren
       Erschütterung aufgeschreckt. Dennoch schien zumindest auf den ersten Blick
       am ehesten in der Hauptstadt so etwas wie Alltag zurückzukehren. Am Bahnhof
       ging es am Samstag recht ruhig zu. An den Schaltern bildeten sich keine
       übermäßig langen Schlangen von Menschen, die vorübergehend im Süden des
       Landes Zuflucht suchen wollten.
       
       Der Zug von Tokio Richtung Osaka im Süden war am Samstag ebenfalls nicht
       überfüllt. Der 28-jährige Software-Entwickler Shinji Masui sagte der dpa,
       das Erdbeben mache ihm Angst: "Deswegen fahre ich zu meiner Familie in den
       Süden." Auch Mirami, eine junge Frau aus Tokio, flüchtet für eine Woche
       nach Kyoto, "bis alles vorbei ist".
       
       Das Auswärtige Amt riet von nicht erforderlichen Reisen in den Großraum
       Tokio und den Nordosten Japans ab. Nach Angaben einer Sprecherin hat das
       Außenamt bislang keine Hinweise auf deutsche Opfer der Erdbebenkatastrophe.
       In Japan leben Schätzungen zufolge etwa 5.000 Deutsche, vor allem in den
       Ballungszentren Tokio, Osaka und Yokohama. Etwa 100 Deutsche befinden sich
       in der am schwersten von der Katastrophe betroffenen Region im Nordosten
       der Hauptinsel Honshu.
       
       Das gewaltige Beben hatte Japan am Freitag gegen 14.45 Uhr Ortszeit (6.45
       Uhr MEZ) erschüttert. Im gesamten Pazifikraum waren danach in etwa 50
       Ländern zeitweise Tsunami-Warnungen ausgelöst worden. In Kalifornien wurde
       ein junger Mann von der Welle mitgerissen und ertrank. In Ecuador waren
       mehr als 260.000 Menschen aus küstennahen Regionen in Sicherheit gebracht
       worden, in Chile wurden ebenfalls Zehntausende Bewohner aus tief gelegenen
       Küstenstrichen in höheres Gelände gebracht.
       
       In Indonesien tötete der Tsunami einen Menschen und zerstörte etliche
       Häuser. Die von dem Erdbeben vor Japan ausgelöste Welle war etwa zwei Meter
       hoch, als sie gegen Mitternacht einen Küstenabschnitt in Papua auf der
       Insel Neuguinea überflutete.
       
       Die katholische Hilfsorganisation Caritas International rief ebenso wie die
       Diakonie Katastrophenhilfe zu Spenden auf und stellte zudem 50.000 Euro
       Soforthilfe zur Verfügung. Für die Erdbebenopfer werde derzeit ein
       schneller Hilfseinsatz vorbereitet, sagte ein Sprecher der Organisation.
       Derzeit sei die Lage aber noch sehr unübersichtlich. Auch andere
       Hilfsorganisationen bereiten Einsätze in Japan vor.
       
       Nach Angaben von Wissenschaftlern hat das Erdbeben mit seiner Wucht große
       Landmassen verschoben und den Lauf der Welt verändert. Die japanische
       Hauptinsel sei um 2,4 Meter verrückt worden, sagte Kenneth Hudnut von der
       US-Geologiebehörde dem Fernsehsender CNN. Das italienische Institut für
       Geophysik und Vulkanologie ermittelte nach eigenen Angaben außerdem, dass
       das Beben mit einer Stärke von 8,9 die Achse der Erdrotation um rund 10
       Zentimeter verschoben hat. Das wäre wahrscheinlich die größte Verschiebung
       durch ein Erdbeben seit 1960, als Chile erschüttert wurde.
       
       12 Mar 2011
       
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 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
       
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