# taz.de -- Katastrophe in Japan: AKW-Arbeiter kehren zurück
       
       > Das japanische Katastrophen-AKW gleicht nach Explosionen und Bränden
       > einem gigantischen Schrottplatz. Kaiser Akihito wendet sich erstmals ans
       > Volk. Weiterhin Kritik an Informationspolitik.
       
 (IMG) Bild: Soldaten prüfen, welche Regionen radioaktive Strahlung abbekommen haben könnten.
       
       TOKIO dpa | In der Atomanlage von Fukushima hat sich die Notbesatzung nach
       einem Rückzug wieder an die Katastrophenreaktoren herangewagt. Die Männer
       versuchen seit Tagen, den drohenden Super-GAU zu verhindern. Feuer und
       zeitweise stark erhöhte Strahlung hatten die etwa 50 verbliebenen Arbeiter
       am Mittwoch gezwungen, ihren Einsatz zur Kühlung der Reaktoren zu
       unterbrechen. Japans Kaiser rief sein Volk erstmals seit dem Erdbeben vom
       Freitag zum Durchhalten auf.
       
       Kaiser Akihito sprach den Japanern in einer seiner seltenen Ansprachen Mut
       zu. "Ich hoffe aufrichtig, dass die Menschen diese schreckliche Zeit
       überstehen werden, indem sie sich gegenseitig helfen", sagte der 77-Jährige
       in einer Videobotschaft, aus der die Nachrichtenagentur Kyodo am Mittwoch
       zitierte. Zudem übermittelte er den Opfern des Erdbebens und des Tsunamis
       sein Beileid.
       
       Die Lage im Katastrophenatomkraftwerk eskalierte weiter. Erneut brach ein
       Feuer aus, zudem stieg aus einem Reaktor Rauch auf. Ein weiterer
       Reaktorbehälter soll beschädigt sein. Über das Ausmaß der Strahlung gab es
       widersprüchliche Angaben. Der Regierungssprecher Yukio Edano gestand am
       Mittwochabend (Ortszeit) ein, irrtümlich ungenaue Informationen verlesen zu
       haben.
       
       Die Umweltschutzorganisation Greenpeace kritisierte die japanische
       Informationspolitik. Nur der Betreiber Tepco messe die Strahlenwerte, sagte
       der Atomexperte Mathias Edler in Hamburg der Nachrichtenagentur dpa.
       Unabhängige Informationen gebe es weiterhin nicht. Nach Einschätzung von
       Experten blieben bei freiliegenden Brennstäben noch etwa 17 Stunden bis zur
       kompletten Kernschmelze.
       
       Reaktor 4 fing erneut Feuer. Auch im Reaktor 3, aus dem weißer Rauch
       aufstieg, sah es nach einem Brand aus. Zudem wurde in Block 3 womöglich die
       wichtige innere Reaktorhülle beschädigt, sagte Regierungssprecher Edano.
       Das Fernsehen zeigte, wie unaufhörlich dichte Rauchschwaden von der Anlage
       aufstiegen. Helikopter konnten wegen der Strahlengefahr nicht zum Löschen
       eingesetzt werden.
       
       Nach Vorhersagen der japanischen Wetterbehörde sollte der Wind in den
       kommenden Stunden Richtung Osten und somit hinaus auf das Meer wehen. Im
       Großraum Tokio, 260 Kilometer südlich von Fukushima gelegen, wächst die
       Sorge vor einer radioaktiven Wolke.
       
       Japan wandte sich erneut auch an die USA. Unterstützung der US-Truppen
       könnte nötig sein, sagte Edano. Die Agentur Kyodo meldete zudem, dass die
       Regierung auch dem Einsatz ausländischer Ärzte für die Erdbebenopfer
       zustimme. Südkorea will einen Teil seiner Reserven des Halbmetalls Bor nach
       Japan schicken. Die Chemikalie absorbiert Neutronen, verlangsamt die
       Kernspaltung und soll die Reaktoren so zusätzlich abkühlen.
       
       Auch nach den neuen Vorfällen gebe es keine Pläne, die Evakuierungszone
       rund um das Atomkraftwerk auszuweiten, sagte Edano. Aktuell gilt ein
       20-Kilometer-Radius. Zudem sollen Bewohner im Umkreis von 30 Kilometern in
       geschlossenen Räumen bleiben. Es gebe bislang keine Gesundheitsgefahr für
       die Menschen im erweiterten Umkreis, hieß es.
       
       In der vom Tsunami überschwemmten Küstenregion herrschten weiter
       apokalyptische Zustände. Tausende mussten in den Trümmern ihrer einstigen
       Siedlungen ausharren. Vielerorts würden die Lebensmittel knapp, berichteten
       Augenzeugen. Es fehlte an Strom und Heizwärme. In der Nacht waren im
       Nordosten des Landes die Temperaturen deutlich unter null Grad gefallen. Es
       schneite.
       
       Die offizielle Zahl der Toten nach dem schweren Erdbeben und dem Tsunami
       stieg auf 4.164. Das berichtete der TV-Sender NHK am Mittwochabend. Die
       Zahl der Vermissten geht nach wie vor in die Tausende - sie liege bei
       mindestens 12.000, hieß es. Hunderttausende leben seit dem schweren Beben
       in Notunterkünften. Weitere Nachbeben erschütterten das Land.
       
       Die Regierung rief die Bevölkerung auf, keine Hamsterkäufe mehr an
       Tankstellen zu machen und Energie zu sparen.
       
       16 Mar 2011
       
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