# taz.de -- Abklingbecken in Fukushima I: Gefahrenquelle Restwärme
       
       > Defekte Pumpen und fehlendes Kühlwasser können bei den verbrauchten
       > Brennstäben im Akw Fukushima I eine atomare Kettenreaktion auslösen.
       
 (IMG) Bild: Abklingbecken des Akw Emsland. Die Abklingbecken in Fukushima I befinden sich alle außerhalb des Reaktorsicherheitsbehälters.
       
       BERLIN taz | Fehlendes Kühlwasser für die radioaktiv strahlenden und sich
       selbst aufheizenden Brennstäbe scheinen derzeit die Hauptprobleme bei dem
       Atomkraftwerk Fukushima I (Daiichi) zu sein. Es sind aber nicht nur die
       defekten Kernreaktoren, von denen derzeit die Gefahr ausgeht, eine große
       Region radioaktiv zu verseuchen. In den vergangenen Tagen sind zunehmend
       die Abklingbecken für die Kernbrennstäbe ins Zentrum von
       Sicherheitsmaßnahmen gerückt. Auch dort führen defekte Pumpen und fehlendes
       Kühlwasser zu einer höchst gefährlichen Situation. Experten schließen
       selbst eine atomare Kettenreaktion in den Abklingbecken nicht mehr aus.
       
       Insgesamt sechs Abklingbecken, für jeden Reaktor eines, sowie ein zentrales
       Zwischenbecken gibt es auf dem Fukushima-I-Gelände. In Darstellungen des
       Anlagenbetreibers Tepco wird auch aufgeführt, dass in den sieben mit Wasser
       gefüllten Becken Platz für die Brennstäbe von insgesamt viereinhalb
       Reaktorzyklen vorhanden sind. Informationen darüber, wie viele Brennstäbe
       in den Becken lagern, gibt es nicht.
       
       Die Becken sind zur Zwischenlagerung und Abkühlung verbrauchter
       Kernbrennstäbe notwendig. Wird ein Kernreaktor "heruntergefahren", wird
       zwar die durch den Zerfall der Uran- oder Plutoniumatome aufrechterhaltene
       atomare Kettenreaktion gestoppt. Doch der Zerfall der in den Brennstäben
       vorhandenen radioaktiven Substanzen geht weiter. Die dabei erzeugte, zum
       Teil extrem hohe "Nachzerfallswärme" muss durch Kühlung abgeführt werden.
       Geschieht dies nicht, werden die Brennstäbe immer heißer. Schmelzen sie,
       können sie Brände auslösen.
       
       Die Nachzerfallswärme und auch die Radioaktivität der Brennstäbe hängt
       unter anderem davon ab, wie lange der Kernbrennstoff schon im Reaktor
       genutzt worden ist. Je länger er "gebrannt" hat, umso stärker und
       vielfältiger ist das radioaktive Inventar. Die meisten radioaktiven
       Substanzen, Jod, Cäsium, Strontium oder Plutonium zum Beispiel, entstehen
       erst im Reaktorkern. Jod-131 mit einer Halbwertzeit von acht Tagen ist zwar
       schon nach wenigen Wochen weitgehend wieder verschwunden, es bleiben aber
       genügend langlebige Radionuklide übrig, so dass der Atommüll auch noch nach
       Jahrtausenden strahlt.
       
       Wird ein Reaktor heruntergefahren, geht die Wärmeentwicklung innerhalb
       kürzester Zeit zurück. Bei einem verbrauchten Brennstab, der etwa ein Jahr
       genutzt wurde, beträgt zehn Sekunden nach dem Abschalten die
       Nachzerfallswärme nur etwa 3,5 Prozent der Betriebswärme. Bei einem Reaktor
       mit einer thermischen Leistung von rund 4.000 Megawatt sind das aber immer
       noch 140 Megawatt. Ein normales Schwimmbecken in einer Badeanstalt könnte
       damit innerhalb von anderthalb Stunden zum Kochen gebracht werden.
       
       Die Nachzerfallswärme ist auch der Grund dafür, dass in Fukushima I in den
       Reaktorblöcken 1, 2 und 3 eine Kernschmelze droht. Da eine Kühlung derzeit
       nicht möglich ist, heizt der Reaktorkern sich immer weiter auf.
       
       Normalerweise bleiben die abgebrannten Kernbrennstäbe für etwa fünf Jahre
       in dem Abklingbecken. So lange müssen sie ständig gekühlt werden. Danach
       erst können sie zur weiteren Abkühlung in Castorbehälter verpackt werden.
       
       Die Abklingbecken in der japanischen Atomanlage befinden sich alle
       außerhalb des Reaktorsicherheitsbehälters. Um die Strahlung der Brennstäbe
       zu reduzieren, stehen die Brennstäbe mehrere Meter unter Wasser. Das Wasser
       dient der Abschirmung und fängt einen großen Teil der Strahlung ein.
       
       So sollte es sein, wenn alles nach Plan läuft. In der japanischen Anlage
       ist jedoch das Abklingbecken von Block 4 trocken gefallen. Vermutet wird,
       dass - wenn überhaupt - nur noch wenig Wasser in dem Becken ist. Da durch
       eine Explosion auch die Hülle zerstört wurde, ist oberhalb von Becken Nr. 4
       die Strahlung inzwischen so hoch, dass selbst ein Hubschrauberpilot nicht
       mehr wagt, darüber zu fliegen.
       
       17 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolfgang Löhr
       
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