# taz.de -- Bürgerkrieg in Libyen: Alliierte planen Gaddafi-Angriff
       
       > Der UN-Sicherheitsrat hat einen Miliitäreinsatz gegen Gaddafi zugestimmt
       > und ein Flugverbot über Libyen verhängt. Nun beginnt die Einsatzplanung.
       
 (IMG) Bild: Ein Soldat von Gaddafis Truppen nahe der umkämpften Stadt Adschdabija am 16. März.
       
       TRIPOLIS/NEW YORK dpa/afp/dapd | Nach der Verabschiedung der Resolution
       über eine Flugverbotszone über Libyen im UN-Sicherheitsrat hat hinter den
       Kulissen die militärische Einsatzplanung begonnen. Die Maßnahmen zur
       Durchsetzung des Flugverbots könnten bereits am kommenden Sonntag oder
       Montag beginnen, verlautete aus US-Regierungskreisen nach einer Sitzung im
       Kongress.
       
       Um die libysche Luftwaffe auf den Boden zu zwingen, könnten Kampfjets,
       Bomber und Aufklärungsflugzeuge eingesetzt werden. US-Außenministerin
       Hillary Clinton sagte in Tunesien, bei der Durchsetzung der Flugverbotszone
       müssten bestimmte Maßnahmen ergriffen werden, um Flugzeuge und Piloten zu
       schützen. "Das schließt die Bombardierung von Zielen wie der libyschen
       Flugabwehr ein", sagte Clinton.
       
       An den militärischen Maßnahmen zur Sperrung des Luftraums könnten sich
       Jordanien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate beteiligen, sagte
       eine Gewährsperson in den USA. Das zeige die Unterstützung der Resolution
       durch Staaten aus der Region.
       
       Gaddafis Truppen hatten in den vergangenen Tagen erhebliche Geländegewinne
       erzielt. Wenige Stunden vor der Abstimmung im Sicherheitsrat hatte sich
       Gaddafi entschlossen gezeigt, die Rebellenhochburg Bengasi und die übrigen
       Gebiete in der Hand der Aufständischen in Kürze zurückzuerobern. "Er nutzt
       dafür seine große militärische Übermacht", sagte der Unterstaatssekretär im
       US-Außenministerium, William Burns.
       
       Die Einzelheiten des militärischen Eingreifens waren zunächst unklar. Der
       Stabschef der US-Luftwaffe, General Norton Schwartz, erklärte jedoch vor
       dem Kongress, die Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen könnte rund
       eine Woche dauern. "Wir würden zweifelsohne sowohl Einheiten aus Europa als
       auch aus den USA benötigen", sagte Schwartz. "Für mich ist es keine Frage,
       ob wir es tun können, sondern ob wir sollten und - wenn ja - wie."
       
       ## Paris und London wollen schnell Einheiten mobil machen
       
       Der französische Premierminister Francois Fillon hatte zuvor erklärt,
       Frankreich könnte militärische Maßnahmen innerhalb von Stunden
       unterstützen. Aus Londoner Parlamentskreisen verlautete, britische
       Einheiten für Luftangriffe könnten sofort mobilisiert werden.
       
       Nach der Unterrichtung des US-Kongresses äußerten sich die Abgeordneten nur
       vage über die nächsten Schritte und den Zeitplan der Streitkräfte. "(Die
       Rebellen) müssen noch eine Woche aushalten", sagte der republikanische
       Senator Mark Kirk. "So lange könnte die internationale Gemeinschaft
       brauchen, um zu reagieren."
       
       Der UN-Sicherheitsrat hat am Donnerstagabend eine Resolution zur
       Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen verabschiedet. Für den
       Entwurf stimmten in New York zehn Mitglieder des Gremiums, fünf enthielten
       sich, darunter Deutschland, Russland und China. Die Resolution ermächtigt
       die Mitgliedsstaaten, "alle notwendigen Maßnahmen zu treffen", um die
       Zivilbevölkerung in dem nordafrikanischen Land vor den Truppen von
       Machthaber Mummar al Gaddafi zu schützen. Eine Bodenoffensive wurde jedoch
       ausgeschlossen.
       
       Die UN-Vetomächte China und Russland lehnten die Maßnahme ab. Auch die
       nicht-ständigen Mitglieder Deutschland, Indien und Südafrika waren
       skeptisch, weil sie nicht in einen militärischen Konflikt hineingezogen
       werden wollen. Außenminister Guido Westerwelle erklärte in Berlin, die
       Bundesregierung begrüße und unterstütze die in der Resolution enthaltene
       "wesentliche Verschärfung" der internationalen Sanktionen gegen die
       Regierung von Libyens Machthaber Muammar el Gaddafi. "Aber wir sehen die in
       der Resolution ebenfalls vorgesehene Option einer militärischen
       Intervention in Libyen weiterhin äußerst skeptisch", erklärte Westerwelle.
       
       "Wir sehen hier erhebliche Gefahren und Risiken", fügte der Außenminister
       hinzu. "Deswegen können wir diesem Teil der Resolution nicht zustimmen.
       Deutsche Soldaten werden sich an einem militärischen Einsatz in Libyen
       nicht beteiligen."
       
       ## 
       
       Für den Fall einer Militärintervention gegen sein Land drohte Gaddafi mit
       einem Angriff auf den Luft- und Seeverkehr im Mittelmeerraum. "Alle
       militärischen und zivilen Luft- und Seefahrzeuge im und über dem Mittelmeer
       werden zu Zielen der libyschen Vergeltung", hieß es in einer Erklärung des
       Verteidigungsministeriums in Tripolis. Zugleich kündigte Gaddafi den
       Aufständischen überraschend eine Feuerpause an.
       
       In der Nacht von Samstag auf Sonntag werde man "alle Militäroperationen
       gegen die bewaffneten terroristischen Banden einstellen". Die Feuerpause
       solle um Mitternacht beginnen. Damit solle allen Libyern, die von einer
       Generalamnestie profitieren wollten, die Gelegenheit gegeben werden, die
       Waffen abzugeben.
       
       ## Flughafen Bengasi bombardiert
       
       Die Bombardierung des Flughafens von Bengasi, zehn Kilometer östlich der
       Stadt, richtete zunächst keine Schäden an, sagte ein Oppositionssprecher
       dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira. "Es schien uns wie eine
       Warnung, wie eine Herausforderung der internationalen Gemeinschaft." Auch
       andere Ziele in der Umgebung der Stadt wurden aus der Luft angegriffen. Das
       Rote Kreuz verlegte seine internationalen Mitarbeiter aus
       Sicherheitsgründen in die 450 Kilometer entfernte Stadt Tobruk nahe der
       ägyptischen Grenze.
       
       In verlustreichen Kämpfen gelang es den Aufständischen, ihre Positionen bei
       Adschdabija und in der von Regimetruppen eingeschlossenen Stadt Misurata zu
       behaupten. Mit Artilleriefeuer setzten Gaddafis Truppen die 210 Kilometer
       östlich von Tripolis gelegene Stadt unter Druck. Dabei seien 18 Menschen
       getötet worden, sagte ein Kämpfer der Regimegegner dem Nachrichtensender
       Al-Arabija.
       
       Die Stadt Adschdabija, 160 Kilometer südlich von Bengasi, griffen
       Gaddafi-Truppen mit Geschützen und Panzern an. Ein Augenzeuge berichtete in
       Al-Arabija, er habe nach den heftigen Luftangriffen vom Vortag im
       Krankenhaus der Stadt die Leichen von 30 Zivilisten - Frauen, Kindern und
       alten Leuten - gesehen.
       
       Das libysche Staatsfernsehen zeigte in der Nacht zum Donnerstag Bilder von
       der angeblichen Einnahme der Stadt durch die Regimetruppen. Die in
       Siegerpose aufmarschierenden Pro-Gaddafi-Soldaten hätten sich aber in
       Wirklichkeit am westlichen Eingang der Stadt befunden, berichtete der
       Nachrichtensender Al-Dschasira. Auf den Bildern war kein städtisches Umfeld
       zu erkennen.
       
       ## Libyens Vizebotschafter warnt vor Völkermord
       
       Ohne ein sofortiges Flugverbot droht nach den Worten von Libyens
       Vizebotschafter Ibrahim Dabbashi ein Völkermord. "Gaddafi hat den Verstand
       verloren. Er greift mit Kampfflugzeugen Zivilisten in dichtbewohnten
       Städten an", sagte er in New York. Dabbashi hatte sich vor einem Monat von
       Gaddafi losgesagt. "Wenn die Weltgemeinschaft nicht sofort handelt, dann
       wird es einen furchtbaren Völkermord geben."
       
       17 Mar 2011
       
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