# taz.de -- Die Simpsons ohne ihr Atomkraftwerk: "Nukular" - das Wort heißt "nukular"
       
       > Das Schweizer Fernsehen will Zuschauern vorerst keine Simpsons-Folgen
       > zumuten, die von AKW-Pannen handeln. Warum nur? Gerade jetzt wäre das
       > interessant.
       
 (IMG) Bild: Die Demonstranten haben anscheinend mehr Humor als das Schweizer Fernsehen. In Deutschland sollen die Simpsons ganz normal weitergesendet werden.
       
       BERLIN taz | Störung im Sektor 7G. Sicherheitsinspektor Homer Simpson wird
       geweckt von schrillen Warntönen, der Raum ist in rote Notbeleuchtung
       getaucht. Hunderte Tasten um ihn blinken bunt. Das AKW Springfield steht
       vor einer Kernschmelze. "Konzentrier dich", sagt Homer in Panik, "irgendwo
       muss hier ein Heft herumliegen, in dem steht, wie man das Ding bedient."
       Doch das Heft ist so dick wie ein Telefonbuch. "Wer kann denn schon ahnen,
       dass ein Atomkraftwerk so kompliziert ist?" Mr. Burns, der geldgierige
       Besitzer des Werks, beschwichtigt derweil die Öffentlichkeit:
       "Kernschmelze? Das ist wieder eines dieser billigen Schlagwörter. Wir
       nennen das eher einen unangeforderten Spaltungsüberschuss."
       
       Bei den Simpsons gibt es viele solcher Szenen, in denen Homer Simpson, der
       von Atomkraft ungefähr so viel Ahnung hat wie ein Biber von
       Betriebswirtschaftslehre (Zitat Homer: " ,Nukular'. Das Wort heißt
       ,nukular'."), das Leben der Bürger riskiert. Das
       quasi-öffentlich-rechtliche Schweizer Fernsehen SRF hat beschlossen, sie
       momentan nicht zu senden, und prüft seit der Katastrophe von Fukushima I
       alle Folgen genau, die demnächst ausgestrahlt werden sollen. Episoden, die
       sich um das AKW drehen, werden nicht gezeigt.
       
       Nach welchen Kriterien bei der Sichtung vorgegangen wird, konnte eine
       SRF-Sprecherin auf Nachfrage nicht genau erklären. "Es wird von Fall zu
       Fall entschieden. Wenn jetzt zum Beispiel das Atomkraftwerk bei den
       Simpsons explodiert, dann wäre das unpassend." Wie lange die Folgen
       ausgesiebt werden sollen, konnte sie nicht sagen. Bisher sei noch keine
       Episode verlegt worden.
       
       Unpassend also. Nur leider stimmt das nicht so recht. Denn wenn man sich
       jetzt die Episoden mit dem AKW ansieht, zeigt sich, dass Matt Groening, der
       Schöpfer der Serie, mit seiner Satire gerade den Nagel auf den Kopf
       getroffen hat.
       
       Sicher findet man in keinem Atomkraftwerk der Welt einen Homer Simpson.
       Doch was die Geschichte des japanischen AKW-Betreibers Tepco betrifft, hat
       die Realität die Satire fast eingeholt. Im AKW Springfield werden permanent
       und konsequenzenlos Sicherheitsvorkehrungen verletzt, alles wird vertuscht.
       
       Und wie sieht es bei Tepco aus? Genauso. Tepcos Wirken liest sich wie eine
       Geschichte der Schlamperei. Seit den 80er Jahren kam es wieder und wieder
       zu Strahlenunfällen und Lecks, über zwei Jahrzehnte hinweg fälschte Tepco
       systematisch Sicherheitsberichte. Als Tepco-Mitarbeiter damit an die
       Öffentlichkeit gehen wollten, wurden sie entlassen. Tepco sparte bei den
       Sicherheitsvorkehrungen. Infolge dessen wurden Mitarbeiter mehrfach
       verstrahlt, es gab Tote.
       
       Vor der Katastrophe von Fukushima I wurde erneut geschlampt. 33 Geräte und
       Maschinen wurden in der Unglücksanlage nicht überprüft. Auch dies versuchte
       Tepco zu vertuschen. Wenn die Menschen das ertragen müssen, warum dann
       nicht auch die Karikatur dessen? Die Simpsons erfand Matt Groening übrigens
       1987, ein Jahr nach Tschernobyl.
       
       23 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Rank
 (DIR) Martin Rank
       
       ## TAGS
       
 (DIR) TV-Serien
 (DIR) Simpsons
 (DIR) Simpsons
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Happy Birthday, „Simpsons“: Die gelbste Serie der Welt
       
       Vor 30 Jahren sind Homer, Marge & Co. auf Sendung gegangen. Damit
       etablierten sie das Format Zeichentrick auch für Erwachsene.
       
 (DIR) „Simpsons“-Miterfinder gestorben: Sam Simon erliegt Krebsleiden
       
       Im Alter von 59 Jahren starb am Montag Sam Simon. Er hatte in den späten
       achtziger Jahren mit Matt Groening und James Brooks die „Simpsons“
       entwickelt.
       
 (DIR) Apu Nahasapeemapetilon: Der Todgeweihte von Springfield
       
       Vor wenigen Wochen hatten die Simpsons-Macher den Tod einer Serienfigur
       angekündigt. Nun gibt es einen Kandidaten – mit Migrationshintergrund.
       
 (DIR) Japanischer Comic soll AKW-Havarie erklären: Wenn Nuclear Boy kacken muss
       
       Ein Zeichentrickfilm erklärt japanischen Kindern die Fukushima-Katastrophe
       mit Pupsen, Sicherheitswindeln und Angst vor Durchfall wie vor 25 Jahren in
       Tschernobyl.
       
 (DIR) Video der Woche: Mit Atomkraft die Welt retten
       
       "Tetsuwan Atomu" kennt in Japan jeder. Die atomkraftbetriebene Animefigur
       ist Pop. Sie verkörpert den Glauben an unbegrenzten Fortschritt durch
       Technik.
       
 (DIR) Autor fühlt sich missverstanden: "Homer Simpson ist nicht katholisch"
       
       Verzückt stellte die Vatikanzeitung fest, dass ihre Zeichentrick-Lieblinge
       Schäfchen des Papstes seien. Nun widerspricht der Autor, auf den sich
       "L'Osservatore Romano" beruft.
       
 (DIR) Simpsons-Couch-Gag von Banksy: Geliebt, geteilt, gelöscht
       
       Ein von Streetart-Künstler Banksy gestaltetes Simpsons-Intro wird zum
       Renner auf YouTube. Doch von dort ließ die Produktionsfirma den Clip nun
       wieder entfernen.