# taz.de -- Atom-Moratorium der Regierung: Brüderle nicht immer rational
       
       > Wirtschaftsminister Brüderle hat die Atom-Wende der Regierung "nicht
       > rational" genannt. Die Entscheidung sei aus wahltaktischen Gründen
       > gefallen. Die CDU versucht eilig, das zu relativieren.
       
 (IMG) Bild: So hat sich Kanzlerin Angela Merkel das sicherlich nicht vorgestellt. Über ihren Wirtschaftsminister Rainer Brüderle werden Details zum AKW-Moratorium bekannt.
       
       BERLIN taz/dpa/rtr | Die Opposition fühlt sich bestätigt, für die Regierung
       könnte es kurz vor den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz und
       Baden-Württemberg am Sonntag kaum eine größere Kommunikationspanne geben.
       
       Es geht um ein indirektes Zitat von Bundeswirtschaftsminister Rainer
       Brüderle (FDP), kurz nachdem die Regierung eine dreimonatige Abschaltung
       der ältesten deutschen Atomkraftwerke beschlossen hat: "Der Minister […]
       wies erläuternd darauf hin, dass angesichts der bevorstehenden
       Landtagswahlen Druck auf der Politik laste und die Entscheidungen daher
       nicht immer rational seien." So lautet ein Satz im internen Protokoll einer
       Tagung des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) vom 14. März, den
       die Süddeutsche Zeitung veröffentlichte.
       
       Brüderle torpediert damit die eigene Regierung. Die ist äußerst bemüht, den
       Eindruck zu zerstreuen, ihre Kehrtwende in der Atompolitik sei ein rein
       wahltaktisches Manöver. Entsprechend ruderte der Minister nach Kräften
       zurück: Das alles sei "absurd", erklärte er im Bundestag.
       
       Der BDI sprach davon, der Protokollant habe den Minister falsch
       wiedergegeben. Was er wirklich gesagt hat, dazu äußerte sich Brüderle
       nicht. Auch der BDI wollte sich auf Anfrage dazu nicht mitteilen.
       Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) rezitierte via Bild die alte
       Sprechformel, man treffe notwendige Entscheidungen unabhängig von Wahlen.
       
       Doch selbst die eigene Fraktion griff den Minister an: "Brüderle untergräbt
       die Glaubwürdigkeit der gesamten Bundesregierung", sagte der CSU-Mann Josef
       Göppel der Mitteldeutschen Zeitung.
       
       Die Opposition sparte nicht mit Spott: "Die Frage, was an dieser Regierung
       noch glaubhaft ist, stellt sich nicht mehr. Die Menschen wurden von
       Schwarz-Gelb in den letzten Monaten einfach zu oft hinters Licht geführt.
       Herr Brüderle passt da gut in die Reihe von zu Guttenberg über Westerwelle
       und Merkel bis hin zum jetzigen Moratoriumsmanöver", sagte Grünen-Chefin
       Claudia Roth der taz. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Ulrich
       Kelber forderte von Brüderle darzulegen, was er in der BDI-Sitzung gesagt
       habe. Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Gregor Gysi, sagte, die
       Bundesregierung treibe ein verantwortungsloses Spiel mit den Bürgern.
       
       Unterdessen hält die Bundesregierung vorerst an einer Hermes-Bürgschaft
       über 1,3 Milliarden Euro für das AKW Angra 3 in Brasilien fest. Man will
       aber mit der brasilianischen Regierung erörtern, ob nun neue Standards an
       das Kernkraftwerk angewendet werden müssten, teilte das
       Wirtschaftsministerium mit. SPD und Grüne hatten einen Stopp der Bürgschaft
       beantragt.
       
       24 Mar 2011
       
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