# taz.de -- Streit der Woche: Darf man an die Grünen glauben?
       
       > Baden-Württemberg bekommt einen grünen Ministerpräsidenten. Die
       > Erwartungen an die Partei sind groß, doch schon jetzt zeigt sich, wie
       > schwer das wird.
       
 (IMG) Bild: Darf man an diese Menschen glauben?
       
       BERLIN taz | Jetzt wird es ernst für die Grünen. Nach der Euphorie des
       Wahlabends warten schwierige Aufgaben auf die künftige grün-rote
       Landesregierung in Baden-Württemberg. Das Erbe des Amtsvorgängers Stefan
       Mappus (CDU) [1][wiegt schwer] und der zukünftige Ministerpräsident
       Winfried Kretschmann hat – um in seinem Sprachduktus zu bleiben – gleich in
       den nächsten Wochen und Monaten mehrere dicke Bretter zu bohren.
       
       Die Grünen fordern einen Volksentscheid über Stuttgart 21, doch noch ist
       nicht sicher, ob die Partei das umstrittene Bauprojekt aus juristischer
       Sicht überhaupt verhindern kann. Zwar hat die Deutsche Bahn am Dienstag
       einen vorläufigen Baustopp bis Mai verkündet, allerdings steht noch nicht
       endgültig fest, wie es danach mit dem Projekt weitergeht.
       
       Die größte Schwierigkeiten könnten die Grünen bei ihrem wahlentscheidenden
       Kernthema bekommen: Das Atomkraftwerk Philippsburg I, das momentan im Zuge
       des Moratoriums der Bundesregierung nicht am Netz ist, könnte in knapp drei
       Monaten wieder angefahren werden, wenn sich die schwarz-gelbe
       Bundesaufsicht dafür ausspricht.
       
       Außerdem müssen sie sich jetzt mit der Zukunft des atomlastigen
       Energiekonzerns EnBW befassen, 45 Prozent gehören schließlich dem Land
       Baden-Württemberg, nach dem [2][Mappus-Deal] vom Dezember. Ein schneller
       Atomausstieg – wie er von den Grünen gefordert wird – würde den Wert des
       Unternehmens senken und das würde den Landeshaushalt stark belasten. Einen
       EnBW-Umbau hat Kretschmann gleich am Montag nach der Wahl angekündigt. Kein
       Gewinnerthema.
       
       In Rheinland-Pfalz, wo die Partei 15,4 Prozent der Wählerstimmen erhielt,
       wird sie sich mit Kurt Beck um Umweltfragen streiten müssen. Insgesamt sind
       die Grünen jetzt in 15 Landesparlamenten vertreten, in vier davon sind sie
       direkt an der Regierung beteiligt.
       
       Doch ist die von Grünen-Chefin Claudia Roth am Wahlabend ausgerufene
       „grün-rote Zeitenwende“ nun tatsächlich da? Sind die Grünen die neue
       Volkspartei? Werden sie die hohen Erwartungen, die an sie gestellt werden,
       erfüllen und ihre Aufgaben erfolgreich bewältigen können?
       
       Konservative sorgen sich: Kommt nun Tempo 30 in allen Innenstädten – und
       das im Land von Daimler und Porsche? Die Unternehmen im Wirtschaftsland
       Baden-Württemberg befürchten vor allem steigende Energiepreise.
       
       Auch ihre eigenen Wähler haben die Grünen schon mehrfach verärgert und
       enttäuscht, vor allem zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung unter
       Gerhard Schröder. Die Grünen haben sich damals unter anderem für den
       Einsatz der Bundeswehr im Kosovo eingesetzt und die Hartz IV-Reformen
       mitgetragen. In der Folge wandten sich viele Ur-Grüne und Wähler von der
       Partei ab.
       
       Werden sich solche Ereignisse wiederholen, wenn die Grünen nun in
       Baden-Württemberg in der Regierungsverantwortung sind? Wird die Partei das
       gleiche Schicksal ereilen wie die FDP nach der Bundestagswahl 2009? Oder
       ist der Wahlerfolg der Grünen in Baden-Württemberg erst der Anfang einer
       neuen politischen Erfolgsgeschichte?
       
       Was meinen Sie: Darf man an die Grünen glauben?
       
       29 Mar 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /1/politik/schwerpunkt-wahl-in-baden-wuerttemberg/artikel/1/das-mappus-erbe/
 (DIR) [2] /1/politik/schwerpunkt-wahl-in-baden-wuerttemberg/artikel/1/mappus-atomanteile-will-keiner/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rohm
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Landtagswahl in Baden-Württemberg
 (DIR) Schwerpunkt Stuttgart 21
 (DIR) Schwerpunkt Landtagswahl in Baden-Württemberg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) BaWü-Grüne planen Regierung: Rätselraten um die Posten
       
       Die Grünen sind bodenständig und in der Kommunalpolitik erfahren. Die
       Gewinner der Landtagswahl machen sich an die Arbeit - und auf die Suche
       nach Ministern.
       
 (DIR) Edzard Reuter über die Wende in BaWü: "Ein sehr solider Neubeginn"
       
       Der Ex-Daimler-Chef Edzard Reuter über die Kretschmann-Regierung, die neuen
       Chancen für Baden-Württembergs Wirtschaft – und wie das neue Profil seiner
       Partei, der SPD, aussehen muss.
       
 (DIR) CSU-Funktionär läuft über: Schwabens JU-Chef wird Grüner
       
       Alexander Kolb, der Vorsitzende der Jungen Union im mächtigen
       Bezirksverband Schwaben, wechselt die Fronten: wegen der CSU-Atompolitik
       und für seine Tochter.
       
 (DIR) Bahn verhängt Baustopp: "Stuttgart 21" hat Pause
       
       Die Deutsche Bahn verhängt vorerst einen Baustopp für das umstrittene
       Bahnhofsprojekt "Stuttgart 21". Grüne, SPD und Aktionsbündnis zeigen sich
       erfreut.
       
 (DIR) Ländle-CDU ohne Mappus: Gönner will's wissen
       
       Der Machtkampf in der Südwest-CDU eskaliert: Mappus-Vertraute Tanja Gönner
       gegen Mappus-Gegenspieler Peter Hauk heißt das Duell um Partei- und
       Fraktionsvorsitz bei den Wahlverlierern.
       
 (DIR) Porträt Winfried Kretschmann: Moses kommt an
       
       Nach 58 Jahren CDU-Herrschaft, nach 30 Jahren Opposition: Wer ist Winfried
       Kretschmann? Ökolibertärer Staatsdiener. VfB-Fan. Oberschwabe. Und
       Liebhaber von Froschkutteln.
       
 (DIR) Kommentar Grüne Modernisierung: Aufbruch der Mutbürger
       
       Ausgerechnet der früheren Bürgerschreckpartei wird zugetraut, das
       bürgerliche System zu modernisieren. Auf Union und FDP setzt man dagegen
       keine Hoffnungen mehr. Zu recht.