# taz.de -- FDP-Führungsdebatte: "Niemand sollte am Posten kleben"
       
       > FDP-Chef Westerwelle unter Druck: Eine Entscheidung über die
       > Parteiführung könnte schon am Montag fallen, prominete FDPler
       > distanzieren sich vom Chef. Doch es gibt auch noch Fürsprecher.
       
 (IMG) Bild: Hat in der Partei nicht mehr viele Freunde: FDP-Chef Guido Westerwelle.
       
       BERLIN dapd/rtr | Die FDP-Spitze erwägt angeblich, bereits am Montag über
       die künftige Führungsmannschaft zu entscheiden. Es sei denkbar, dass das
       Parteipräsidium schon am 4. April und nicht, wie bislang geplant, am 11.
       April über eine inhaltliche und personelle Neuaufstellung berate, berichtet
       die Süddeutsche Zeitung am Freitag unter Berufung auf Parteikreise. Der
       unter Druck stehende Parteivorsitzende, Außenminister Guido Westerwelle,
       wollte sich am Rande seines China-Besuches in Peking nicht zur Lage seiner
       Partei äußern.
       
       Nach dem Rückzug von FDP-Vize Cornelia Pieper fordern führende Liberale
       weitere personelle Konsequenzen aus dem Wahldebakel. "Keiner sollte an
       seinem Posten kleben", sagte Bundesjustizministerin Sabine
       Leutheusser-Schnarrenberger dem Münchner Merkur. Pieper hatte am Donnerstag
       angekündigt, nicht mehr zur Wahl als stellvertretende Bundesvorsitzende
       anzutreten. In der Partei herrsche eine große Unzufriedenheit, es gebe "ein
       erhebliches Grummeln an der Basis", sagte die bayerische FDP-Chefin
       Leutheusser-Schnarrenberger. Mit einem Rücktritt allein sei das Problem
       nicht gelöst. "Wir machen es uns zu leicht, wenn wir einen Sündenbock oder
       ein Bauernopfer suchen, dem man alles zuschiebt", erklärte sie.
       
       Die Ministerin verlangte allerdings ein geordnetes Prozedere beim
       Führungswechsel in der Partei: "Wichtig ist, dass wir fair miteinander
       umgehen. Wir dürfen keinen Scherbenhaufen hinterlassen." Auf die Frage, ob
       Parteichef Guido Westerwelle auch als Außenminister infrage stehe, sagte
       sie: "Nein, wir reden jetzt nur über die Erneuerung der Parteispitze."
       
       ## Ist Lindner für Kandidatur bereit?
       
       ## 
       
       In FDP-Führungskreisen hieß es laut Süddeutscher Zeitung, die Führungsfrage
       der Partei müsse so schnell wie möglich gelöst werden, denn die anhaltende
       innerparteiliche Diskussion erschwere inzwischen die Arbeit der
       FDP-Minister im Kabinett und destabilisiere so die schwarz-gelbe
       Bundesregierung. Westerwelle sei bereit, sein Vorsitzendenamt auf dem
       Bundesparteitag in Rostock im Mai abzugeben, wenn sich ein geeigneter
       Nachfolger fände. Er wolle aber auf alle Fälle Außenminister bleiben.
       
       Ob es tatsächlich zu einem Führungswechsel in der Partei und Neubesetzungen
       von Ministerposten kommt, ist nach Aussagen führender FDP-Politiker aber
       völlig offen, wie es weiter in dem Bericht heißt. Zwar gibt es demnach
       heftige interne Kritik an Westerwelle, die sich nach dem schlechten
       Abschneiden der FDP bei den jüngsten Landtagswahlen in immer neuen
       öffentlichen Rufen nach neuem Personal äußert. Doch es sei unklar, ob die
       beiden aussichtsreichsten Anwärter auf seine Nachfolge - Generalsekretär
       Christian Lindner und Gesundheitsminister Philipp Rösler - jetzt schon zu
       einer Kandidatur bereit seien. "Es gibt keinen Mangel an Fackelträgern,
       sondern an Leistungsträgern", habe ein Mitglied der Führungsmannschaft die
       Lage beschrieben.
       
       Der sächsische FDP-Vorsitzende Holger Zastrow stärkte derweil Westerwelle
       den Rücken. "Ich vertraue auf Guido Westerwelle", sagte Zastrow am Freitag
       im Deutschlandfunk. Dieser habe in den vergangenen Jahren immer das
       richtige Gespür entwickelt und die FDP "vom Mief", eine Klientelpartei zu
       sein, befreit. "Gerade wir in Ostdeutschland haben sehr von ihm
       profitiert", sagte Zastrow.
       
       Im Moment laufe es zwar nicht gut, räumte Zastrow ein. Westerwelle habe
       aber die "Chance verdient", auch ein Konzept für die nächsten Jahre zu
       entwickeln. "Was sich vor allem ändern muss, ist, dass wir uns breiter
       aufstellen müssen", sagte er weiter. Der FDP-Chef brauche ein Team, das
       auch die Lücken fülle, die er im Moment - gerade in der Funktion als
       Außenminister - nicht füllen könne.
       
       ## "Einen Kopf zu fordern, ist immer leicht"
       
       "Einen Kopf zu fordern, ist immer leicht", sagte Zastrow. Er glaube aber,
       dass dies an dem Problem vorbeigehe. "Wir müssen sehen, wie wir die Partei
       strategisch aufstellen." Jetzt zu versuchen, "die FDP grün anzupinseln",
       sei zumindest mit der sächsischen FDP nicht zu machen, sagte er mit Blick
       auf den Kurs in der Atompolitik.
       
       Dagegen ging FDP-Bundestagsfraktionschefin Birgit Homburger auf Distanz zum
       Parteichef. "In der Tat können wir nicht so weiter machen wie bisher. Wir
       müssen alles auf den Prüfstand stellen, sowohl inhaltlich wie personell",
       sagte Homburger der Düsseldorfer Rheinischen Post (Freitagausgabe). Wenn
       sie von "alles" spreche, meine sie damit selbstverständlich auch den
       Parteivorsitzenden. Homburger kündigte an, sie selbst wolle auch in ihrer
       Funktion als FDP-Landesvorsitzende in Baden-Württemberg weitermachen. "Ich
       wurde massiv gebeten, jetzt nicht von Bord zu gehen", sagte Homburger.
       Weder als FDP-Landeschefin noch als FDP-Fraktionsvorsitzende im Bundestag
       stehe sie als "Bauernopfer" für einen Verbleib Westerwelles an der
       Parteispitze zur Verfügung.
       
       Nach Auffassung der meisten Bürger ist der Parteichef hauptverantwortlich
       für die Krise der Liberalen. 65 Prozent aller Befragten nannten den
       Vizekanzler in einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Handelsblatts als
       Hauptschuldigen. Nur 21 Prozent weisen die Verantwortung
       Wirtschaftsminister Rainer Brüderle zu. 17 Prozent nennen
       Gesundheitsminister Rösler.
       
       1 Apr 2011
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Landtagswahl in Baden-Württemberg
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Führungskampf in der FDP: Westerwelle gibt wohl FDP-Vorsitz ab
       
       FDP-Chef Guido Westerwelle will Agenturberichten zufolge beim nächsten
       Parteitag im Mai nicht mehr für den Vorsitz kandidieren. Sein designierter
       Nachfolger wagt sich schon mal aus der Deckung.
       
 (DIR) Warten auf den FDP-Putsch: Westerwelles Dämmerung
       
       Wird er gegangen oder hält er durch? Die Westerwelle-Gegner in der FDP
       scheinen die Überhand zu gewinnen. Doch der Chef lässt sich nicht drängen.
       
 (DIR) Grün-rote Sorgen in BaWü: Mögliche Lösungen in Sicht
       
       Die Bahn warnt intern vor Mehrkosten für S21 und die Stadtwerke machen
       einen Vorschlag zum EnBW-Dilemma: Problemlöser für die designierte
       grün-rote Regierung.
       
 (DIR) Führungsdebatte gerät außer Kontrolle: FDP droht Kernschmelze
       
       Der bisher loyale Generalsekretär Lindner setzt sich in der AKW-Frage von
       Parteichef Westerwelle ab. Dieser sieht sich lauten Rücktrittsforderungen
       ausgesetzt.
       
 (DIR) Liberale auf neuem Atomkurs: FDP will endgültig abschalten
       
       Nach dem Denkzettel bei den Landtagswahlen am Sonntag setzt bei der FDP das
       Umdenken ein. Die Parteispitze will die vorübergehend abgeschalteten
       Atomkraftwerke für immer stilllegen.