# taz.de -- Kampf gegen Straflosigkeit in Kenia: Den "ethnischen Drachen" geweckt
       
       > Die Drahtzieher der Gewalt nach den letzten Wahlen 2007 sollen beim
       > Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag erscheinen. Damals starben
       > 1.200 Menschen.
       
 (IMG) Bild: Vertraut den lokalen Gerichten nicht: Kenias Premierminister Odinga.
       
       NAIROBI taz | Die Vorladung von sechs Kenianern durch den Internationalen
       Strafgerichtshof (ICC) hat die Regierung in Nairobi gespalten. Die "Ocampo
       sechs", wie sie in Kenia nach dem ICC-Chefankläger genannt werden, müssen
       am 7. April erstmals in Den Haag erscheinen, um sich für ihre Rolle bei der
       ethnischen Gewalt nach den umstrittenen Wahlen Ende 2007 zu verantworten.
       Über 1.200 Menschen starben damals.
       
       Das Lager von Präsident Mwai Kibaki ist gegen einen Prozess in Den Haag und
       rät stattdessen zu einem Gerichtsverfahren in Kenia. Eine Gruppe rund um
       Premierminister Raila Odinga hat hingegen kein Vertrauen in die lokale
       Justiz und glaubt, dass nur in Den Haag ein faires Verfahren möglich ist.
       In Kenia gilt das Sprichwort: Warum einen Anwalt mieten, wenn man einen
       Richter kaufen kann. Wenn Politiker in Kenia im Gefängnis verschwinden,
       dann nur als politische Gefangene.
       
       Odinga sieht sich als eigentlichen Sieger der Wahlen von 2007, die dann
       aber Kibaki für sich beanspruchte. Nach zwei Monaten Gewalt zwischen
       ethnischen Milizen wurde eine Regierung der Nationalen Einheit gebildet,
       mit Odinga als Premierminister unter Kibaki. Aber die beiden trauen sich
       nicht über den Weg, und bei den nächsten Wahlen Ende 2012 droht eine
       erneute Zerreißprobe.
       
       ## Wahlen wichtiger als Gerechtigkeit
       
       "Für die Politiker hat die Vorladung wenig mit Gerechtigkeit zu tun, aber
       alles mit den Wahlen nächstes Jahr", meint Politologieprofessor Cyrus
       Mutiso. "Zwei der Verdächtigen wollen 2012 bei den Präsidentschaftswahlen
       kandidieren. Wenn es zu einen Prozess kommt, können sie ihre Pläne
       vergessen. Dann steigen die Chancen von Odinga."
       
       Die beiden Verdächtigen mit Ambitionen für die Präsidentschaft sind
       Finanzminister Uhuru Kenyatta, ein Kikuyu wie Präsident Kibaki, und das
       ehemalige Regierungsmitglied William Ruto, Kalenjin und damit Rivale des
       Luo Odinga in der Opposition.
       
       Die historische Rivalität zwischen Kikuyu und Luo, die beiden größten
       Volksgruppen Kenias, ist noch lange nicht vorbei. Kikuyu meinen, dass sie
       als größtes Volk Anspruch auf das höchste Amt haben. Luo glauben, dass sie
       jetzt endlich an der Reihe wären. Die Kalenjin, zu denen auch der
       langjährige Diktator Daniel arap Moi gehörte, finden, dass sie wieder die
       höchste Macht haben sollen. "Das alles hat den ethnischen Drachen wieder
       geweckt und er spielt wieder eine wichtige Rolle in der Politik", schließt
       Mutiso.
       
       Kibaki fürchtet auch, das in einem Prozess rufschädigende Informationen
       bekannt werden können. Schließlich ist einer der Verdächtigen sein Freund
       Francis Muthaura, Chef des öffentlichen Dienstes. Angenommen wird, dass er
       und der Präsident keine Geheimnisse voreinander haben.
       
       7 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ilona Eveleens
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kenia
       
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