# taz.de -- Schiiten und Sunniten: Krieg der Worte am Golf
       
       > Der Ton zwischen den Golfstaaten und dem Iran im Konflikt mit Bahrain
       > wird schriller. Nun bezieht auch US-Verteidigungsminister Robert Gates
       > Position.
       
 (IMG) Bild: "Unsere Forderung ist der Sturz des unrechtmäsßigen Regimes": Graffiti im schiitischen Dorf Karzakan in Bahrain.
       
       BAGDAD taz | Acht Jahre ist es her, dass US-Marines zusammen mit einigen
       Dutzend Irakern die übergroße Saddam-Statue im Zentrum von Bagdad vom
       Sockel rissen. Es war das Ende der Diktatur. Ob der 9. April aber als "Tag
       der Befreiung" oder als "Tag der Besetzung" begangen werden soll, ist im
       Irak bis heute umstritten.
       
       Kaum ein anderer irakischer Politiker hatte mit seinen engen Beziehungen
       ins Pentagon so viel Einfluss auf die Kriegsentscheidung wie Ahmed Chalabi.
       Er sieht im Sturz des Saddam-Regimes den Ausgangspunkt für das heutige
       Aufbegehren in der arabischen Welt. "Der Irak bildete den Anfang", sagte
       Chalabi im Gespräch. Die Furcht der Unterdrückten vor den Herrschenden sei
       gebrochen.
       
       US-Verteidigungsminister Robert Gates, der den Irak um den Jahrestag drei
       Tage besuchte, will diese Beurteilung lieber den Historikern überlassen.
       Angesichts der Turbulenzen in der gesamten Region wären viele Araber aber
       glücklich, wenn sie so weit wären wie der Irak, sagte Gates. Der Irak sei
       nicht perfekt, aber er sei demokratisch und die Bürger hätten Rechte.
       
       ## Das Kräfteverhältnis hat sich verändert
       
       Vor allem hat der Regimewechsel im Irak das Kräfteverhältnis zwischen
       Schiiten und Sunniten im Nahen Osten nachhaltig verändert. Dabei hat der
       Einmarsch von saudischen Truppen in das mehrheitlich schiitische Bahrain
       die Gräben erneut weit aufgerissen. Iran, das sich als Schutzmacht der
       Schiiten geriert, und die sunnitischen Golfstaaten haben sich in den
       letzten Tagen einen regelrechten Krieg der Worte geliefert. Irans Präsident
       Mahmud Ahmadinedschad forderte den Abzug der Saudis. Konservative
       Geistliche in Iran erwecken den Eindruck, als sei in Bahrain ein
       regelrechtes Massaker an den Schiiten im Gang.
       
       Nicht weniger schrill klingen die Warnungen der sunnitischen Herrscher.
       Nahezu einmütig bezichtigen sie Iran, von langer Hand einen Umsturz in
       Bahrain geplant zu haben. Bei einem Truppenbesuch im mehrheitlich
       schiitischen Osten von Saudi-Arabien forderte der stellvertretende
       Verteidigungsminister Prinz Khalid bin Sultan die Soldaten auf, für alle
       Gefahren gewappnet zu sein. Iran solle auf die Vernunft hören, bevor es
       Erklärungen abgebe.
       
       ## Auch die Hisbollah wird beschuldigt
       
       Neben Iran hat Bahrain auch die libanesische Hisbollah als Drahtzieher des
       Aufbegehrens der Schiiten beschuldigt. Beide Seiten haben dies dementiert.
       Beweise haben weder das Königshaus noch seine Verbündeten vorgelegt. Kenner
       der Lage sehen in den Anschuldigungen einen Versuch, das Streben der
       Schiiten nach Gleichberechtigung und Demokratie zu verunglimpfen. Gates gab
       den Vorwürfen jedoch neue Nahrung.
       
       Iran und extremistische Gruppen würden versuchen, aus den Unruhen in der
       arabischen Welt Kapital zu schlagen, sagte Gates vor US-Truppen im Irak.
       Zuvor hatte sich Gates in Riad mit dem saudischen König getroffen. "Wir
       haben Beweise, dass Iran versucht, die Lage in Bahrain auszunutzen", sagte
       Gates im Anschluss. Zudem gäbe es Beweise, dass die Iraner über
       Möglichkeiten nachdächten, weitere Gebiete zu destabilisieren.
       
       Im März, zwei Tage vor dem saudischen Einmarsch in Bahrain, hatte Gates vom
       Könighaus noch "mehr als Babyschritte" gegenüber der Demokratiebewegung
       verlangt. Aus Sicht der Schiiten im Irak hat sich Gates mit seiner
       Kehrtwende hinter die sunnitischen Herrscher gestellt. In Bahrain hält die
       Verfolgung der Demokratiebewegung weiter an. Unter den Schiiten im Irak hat
       dies eine Welle der Solidarität ausgelöst, aber auch die
       schiitisch-sunnitischen Gräben offengelegt.
       
       Der schillernde Politiker Ahmed Chalabi, der heute im irakischen Parlament
       sitzt, hat kürzlich eine Konferenz zugunsten der schiitischen Opposition in
       Bahrain organisiert. Es sei an der Zeit, dass der Irak wieder eine zentrale
       politische Rolle am Golf spiele, sagte Chalabi im Gespräch. Dabei könnten
       die hohen schiitischen Geistlichen in Nadschaf als Vermittler in dem
       Konflikt auftreten. Anders als vor acht Jahren im Irak sprach sich Chalabi
       allerdings für rein friedliche Mittel aus. Von den Amerikanern erwarte er
       nicht mehr, als dass sie den Einmarsch der Saudis verurteilen, sagte
       Chalabi.
       
       Die jüngsten Äußerungen von Gates deuten auch auf die Nervosität hin, die
       besonders in Saudi-Arabien angesichts des bevorstehenden Abzugs der
       Amerikaner aus dem Irak herrscht. Sie befürchten, dass der Irak dann zum
       Erfüllungsgehilfen von Teheran verkommt.
       
       11 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Inga Rogg
       
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