# taz.de -- Kommentar Umgang mit Bootsflüchtlingen: Eine alberne Debatte
       
       > Der Konflikt um die Flüchtlinge auf Lampedusa ist ein lächerliches
       > Scharmützel zwischen Italien und Frankreich. Dabei muss sich die EU auf
       > große Flüchtlingszahlen vorbereiten.
       
 (IMG) Bild: Tunesischer Flüchtling auf Lampedusa protestiert gegen seine geplante Abschiebung.
       
       Unzumutbar - dies ist die Beschwerde, die in diesen Tagen Italien und
       Frankreich einander um die Ohren hauen, wegen des angeblich "uneuropäischen
       Umgangs" des jeweils anderen mit den tunesischen Lampedusa-Flüchtlingen.
       "Europäisch" wäre es, so meint Paris (und auch die Bundesregierung in
       Berlin), wenn Italien ganz allein schaut, wie es mit den Bootsflüchtlingen
       klarkommt, per Abschiebung ins Heimatland oder auch per Gewährung eines -
       dann allerdings auf Italien beschränkten - Aufenthaltsrechts.
       
       "Europäisch" wäre es, hält die Regierung Berlusconi dagegen, wenn vorneweg
       Frankreich bitte schön Italien den Ärger mit den Flüchtlingen abnehme und
       sie jetzt einreisen lasse, da sie doch von Italien mit gültigen
       Reisepapieren ausgestattet worden sind.
       
       Wenigstens eines eint die beiden Kontrahenten: die Lächerlichkeit ihrer
       Positionen. "Europäisch" nennen sie ihr jeweiliges nationales Interesse -
       und das angesichts einer "Herausforderung", die gar keine ist.
       
       Italien geriete nicht in Not, wenn es sich um jene nicht einmal 20.000
       Tunesier kümmern würde, die jetzt den legalen Aufenthaltsstatus erhalten
       haben. Und Frankreich würde ebenso wenig einer Krise ins Auge sehen, wenn
       ein gut Teil jener Menschen zu ihren Verwandten nach Paris oder Lyon käme.
       
       Doch der Konflikt ist bloß ein Vorabscharmützel. In Wirklichkeit bringen
       sich beide Seiten in Stellung für den Fall, dass womöglich demnächst über
       Libyen eine weit größere Zahl von Flüchtlingen übers Meer nach Italien -
       und damit nach Europa - käme.
       
       Es lässt nichts Gutes ahnen, dass wichtige Staaten der Europäischen Union
       schon jetzt statt Lastenteilung nur eines im Auge haben: die
       Kostenabwälzung auf die anderen. Den Vorreiter dabei machte Italien; die in
       Rom regierenden Populisten hielten es für einen schlauen Einfall, sich eben
       mal schnell und elegant der Flüchtlinge zu entledigen - und tauften das
       Ganze "europäische Solidarität". Ein müder Taschenspielertrick war das,
       doch Frankreichs Antwort war um keinen Deut besser.
       
       Europa jedoch wäre gut beraten, schleunigst von dem albernen Streit über
       ein paar tausend Flüchtlinge abzulassen und stattdessen zügig die Debatte
       aufzunehmen über angemessene gemeinsame Reaktionen, wenn wirklich der große
       Zustrom von Kriegsflüchtlingen einsetzen sollte.
       
       18 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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