# taz.de -- Aufstand in Syrien: Assad hebt Notstand auf
       
       > Die angekündigte Aufhebung des Notstandes ist vollzogen. Oppositionelle
       > sind skeptisch, dass sich damit etwas ändern werde. In Homs beziehen
       > Sicherheitskräfte Stellung.
       
 (IMG) Bild: Demonstration in der syrischen Hafenstadt Banias.
       
       DAMASKUS/KAIRO dpa/rtr | Der syrische Präsident Baschar al-Assad hat das
       Gesetz zur Aufhebung des seit 1963 geltenden Notstandes in Kraft gesetzt.
       Die Opposition nannte die Entscheidung des von einer Demokratie-Bewegung
       bedrängten Staatschefs unnütz, weil die Befugnisse der allmächtigen
       Staatssicherheit nicht beschnitten würden und es keine unabhängige Justiz
       gebe.
       
       Das staatliche Fernsehen übertrug am Donnerstag die Unterschrift des
       45-jährigen Präsidenten unter das Gesetz zur Aufhebung des Notstandes.
       Assad hatte den Schritt bereits mehrmals angekündigt und damit auf die
       anhaltenden Proteste gegen seine Herrschaft reagiert. Außerdem stellte der
       seit elf Jahren amtierende Staatschef weitere Reformen in Aussicht, ohne
       jedoch die Demonstrations-Bewegung stoppen zu können.
       
       Der prominente Oppositionelle Haitham al-Maleh kritisierte, der
       Sicherheitsapparat sei unverändert dem Gesetz entzogen. "Das Problem liegt
       darin, dass die herrschende Elite und die Sicherheit die Justiz im Griff
       haben und andere Bestimmungen die Sicherheitskräfte nicht an Recht und
       Gesetz binden", sagte der 80-jährige Anwalt und frühere Richter, der viele
       Jahre seines Berufslebens dem Kampf gegen das vor 48 Jahren von der
       Baath-Partei Assads in Kraft gesetzte Notstandsrechts gewidmet hatte.
       
       Der 2005 ins Ausland geflohene frühere Vizepräsident Abdelhalim Chaddam
       zeigte sich vom Erfolg der Demokratiebewegung überzeugt. Die
       Demonstrationen würden letztlich zum Sturz Assads führen, sagte Chaddam der
       ägyptischen Zeitung Al-Schoruk. Die syrische Armee werde dem Staatschef am
       Ende die Unterstützung verweigern und damit den von Assad und seiner
       Familie geschürten religiösen Streit beenden. Assad gehört der Minderheit
       der Alawiten an, die im mehrheitlich von Sunniten bewohnten Syrien an den
       Schalthebeln der Macht sitzt.
       
       ## Erneute Proteste im Norden
       
       Im Nordosten Syriens sind am Donnerstag erneut Dutzende Menschen aus
       Proteste gegen Präsident Bashar al-Assad und seinen autoritären
       Führungsstil auf die Straße gegangen. In Hasaka versammelten sich die
       Demonstranten Zeugen zufolge vor der Universität und bekundeten ihre
       Solidarität mit den Teilnehmern an den Protesten in anderen Städten des
       Landes. Sicherheitskräfte hätten die Universität abgeriegelt, um Studenten
       daran zu hindern, sich den Protesten anzuschließen, sagten Zeugen.
       Polizisten hätten die Demonstranten gefilmt - möglicherweise, um ihre
       Identität festzustellen und sie später festzunehmen.
       
       In Homs im Norden des Landes herrschte unterdessen gespannte Ruhe.
       Allerdings bezogen Zeugen zufolge vielerorts Sicherheitskräfte in zivil mit
       Sturmgewehren Stellung. Das rund 165 Kilometer nördlich der Hauptstadt
       Damaskus gelegene Homs hatte sich zuletzt zum Zentrum der Proteste gegen
       die Regierung entwickelt. Sicherheitskräfte hatten dort das Feuer auf
       Demonstranten eröffnet und 21 Menschen erschossen. Am Freitag werden nach
       dem Mittagsgebet neue Massenkundgebungen gegen das Regime von Präsident
       Baschar al-Assad erwartet.
       
       Assad ernannte am Donnerstag Ghassan Mustafa Abdelal zum neuen Gouverneur
       der Provinz Homs. Seinen Vorgänger Ijad Ghasal hatte er zu Monatsbeginn
       wegen Korruptionsvorwürfen entlassen. Am Freitag werden auch in anderen
       syrischen Städten Proteste erwartet.
       
       Am vergangenen Wochenende hatten die Sicherheitskräfte bei den Kundgebungen
       in Homs 14 Demonstranten getötet. Unbekannte hatten außerdem in der Stadt
       mehrere Armeeoffiziere und ihre Angehörigen ermordet. Das Regime hatte die
       Bluttaten "bewaffneten Banden" zugeschrieben. Oppositionelle behaupteten
       hingegen, die Opfer hätten den Schießbefehl gegen Demonstranten verweigert
       und seien deshalb von Geheimdienst-Kommandos hingerichtet worden.
       
       ## USA kritisieren Assad
       
       Die USA haben die syrische Führung scharf für das harte Vorgehen gegen
       Demonstranten kritisiert. Die willkürlichen Verhaftungen, Internierungen
       und Folter von Gefangenen müssten unverzüglich aufhören, sagte am Mittwoch
       Außenministerin Hillary Clinton. In der zentralsyrischen Stadt Homs gingen
       am Mittwoch erneut zahlreiche Demonstranten auf die Straße und forderten in
       Sprechchören den Umsturz des Regimes von Präsident Bashar al-Assad.
       
       In der Stadt wurden nach Angaben von Aktivisten in dieser Woche mindestens
       20 Demonstranten von Soldaten und anderen Anhängern der Regierung
       erschossen. Assad hatte als Zugeständnis an die Demonstranten die Aufhebung
       der seit Jahrzehnten geltenden Notstandsgesetze sowie Reformen angekündigt.
       
       21 Apr 2011
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Unruhen in Syrien: Mit Panzern gegen den Protest
       
       Daraa, die Stadt im Süden des Landes, wird von regimetreuen Kräften völlig
       abgeriegelt, die Kommunikation unterbrochen. Es ist die Rede von Dutzenden
       Toten.
       
 (DIR) Reaktionen auf Gewalt in Syrien: Assad soll sein Volk respektieren
       
       Die Gewalt in Syrien löst internationale Empörung aus. Der
       UN-Generalsekretär Ban und US-Präsident Obama haben das brutale Vorgehen
       der Polizei mit 75 Toten scharf verurteilt.
       
 (DIR) Tote bei Protesten in Syrien: Ein Tag voller Blut und Wunden
       
       Die Demokratiebewegung rief zum "Großen Freitag" des Protests auf.
       Zehntausende kamen und forderten den Sturz des Regimes. Das reagierte mit
       tödlicher Gewalt.
       
 (DIR) Debatte Aufstand in Syrien: Damaszener Stahl
       
       Auf die Proteste reagiert Präsident Baschar al-Assad widersprüchlich.
       Trotzdem droht ihm wenig Gefahr - weil es zu ihm keine Alternative gibt.
       
 (DIR) Opposition in Syrien: Lange Geschichte des Dissens
       
       Immer wieder wurde das Regime der Baath-Partei von Protesten
       herausgefordert. Höhepunkt war der Aufstand in Hama 1982. Damals starben
       20.000 Menschen.
       
 (DIR) Kommentar Syrien: Keine Zukunft für Assad
       
       Die Brutalität des syrischen Regimes gegenüber dem Volk ist erschreckend.
       Es ist Barbarei, einen Sitzstreik mit scharfer Munition niederzuschießen.
       Assads Ende ist besiegelt.
       
 (DIR) Aufstand in Syrien: Der Tahrir-Platz in Homs
       
       Die Regierung hob das Notstandsgesetz auf – eine zentrale Forderung der
       Demonstranten. Das heißt nicht, dass das Regime nun weniger hart vorgeht.