# taz.de -- Fluglärm in Mahlow: Im Zentrum des Krachs
       
       > Der Flughafen informiert auf einem Supermarktparkplatz Mahlower Bürger
       > über die Auswirkungen des BBI - während obendrüber die Maschinen donnern.
       
 (IMG) Bild: So weit oben würden sich die Anwohner in Mahlow die Flugzeuge wünschen.
       
       77,2 Dezibel, da gibt es nicht mehr viel zu reden. Mit 77,2 Dezibel donnert
       die Easyjet-Maschine im Landeanflug über den Kaufland-Parkplatz in Mahlow
       und durchbricht die Diskussion, die sich vor der Stellwand mit den
       Lärmschutzkarten entwickelt hat. Ein paar Sekunden nur, dann ist das Getöse
       vorbei - lang genug indes ist es gewesen, um die theoretischen
       Fachsimpeleien zwischen BürgerInnen und Flughafenvertretern mit Praxis zu
       füttern: In etwa so laut kann es über Blankenfelde und Mahlow im
       Minutentakt werden, wenn der Flughafen Berlin Brandenburg International
       (BBI) Mitte 2012 in Schönefeld in Betrieb geht. Im Garten möchte dann wohl
       kaum jemand mehr sitzen.
       
       Die Stabsstelle Umwelt der Berliner Flughäfen hat den internationalen Tag
       gegen den Lärm am Mittwoch zum Anlass genommen, in Mahlow über
       Schallschutz, Entschädigungen und Schutzzonen zu informieren. Deshalb steht
       eine Handvoll Mitarbeiter auf dem Kaufland-Parkplatz am Ortsrand, mit
       Infobus und Messgeräten. "Wir wollen dahin, wo die Probleme sind", sagt
       Abteilungsleiter Jochen Heimberg. Er wolle zeigen, dass der Flughafen
       erreichbar ist, sich der Kritik stellt.
       
       Die gibt es reichlich: Vor den Schautafeln mit Schutzzonen und
       Berechnungsmustern bilden sich am Mittag Menschentrauben. Die einen wollen
       grundsätzliche Kritik am Flughafen loswerden - immer wieder fällt der Satz,
       dass Sperenberg im Süden Brandenburgs der bessere Standort für den
       Flughafen gewesen wäre und nur "die Berliner" schuld seien, dass es nun das
       stadtnahe Schönefeld geworden ist. Andere sorgen sich konkret um ihr
       Grundstück. Nicole Skalla etwa, eine Tagesmutter; sie wohnt einen halben
       Kilometer hinterm Kaufland, direkt in der Einflugschneise. "Ich wollte
       wissen, warum ich keine Entschädigung für meinen Garten bekomme", erzählt
       sie. Der Grund: Bislang liegt sie nicht in der Tagschutzzone, in der
       Eigentümer eine einmaligen Ausgleich für den Dauerlärm im Garten erhalten.
       In der Regel 4.000 Euro.
       
       Das sei lächerlich wenig, aber immerhin eine Art moralische
       Wiedergutmachung, sagt Skalla. Die wolle sie auch. "Da schaue ich den
       ganzen Tag aus meinen Schallschutzfenstern in einen Garten, in dem ich
       nicht mehr sitzen kann." Eine befriedigende Auskunft, warum sie aus der
       Zone fällt, hat Skalla von den Flughafenmitarbeitern am Mittwoch nicht
       erhalten. Es gebe zwei Berechnungsgrundlagen, die sich wohl ziemlich
       unterscheiden. Die Frau zuckt mit den Achseln, sie geht. Zwei Nachbarn, die
       vor dem gleichen Problem stehen, begleiten sie. "Da reden sie immer von
       irgendwelchen Gesetzen, aber wirklich helfen kann uns keiner", murmelt
       eine.
       
       In der Tat: Auch wenn Flughafensprecher Leif Erichsen in der Mehrzahl
       "konstruktive Gespräche" beobachtet haben will, wirken die Lärmexperten mit
       ihren Schautafeln und Messcomputern etwas hilflos. Der Frage, wie Menschen
       auf die Dauer mit dem Flughafenlärm leben sollen, haben sie nur rote und
       gelbe Linien auf Landkarten entgegenzusetzen, Modelle von Schutzfenstern
       und Dezibelvergleichszahlen. Doch was hilft einem enttäuschten Rentner in
       seinem geerbten Häuschen die Einsicht, dass soundsoviele Dezibel klingen
       wie eine Regionalbahn in 15 Meter Entfernung?
       
       Enttäuscht sind die Mahlower auch, weil die Lärmplaner nach wie vor mit
       Geradeaus-Flugrouten rechnen. Diese oft als "alte" Routen bezeichneten
       Flugwege muten den östlichen Flughafenanrainern den nahezu kompletten
       An-und-Abflug-Lärm zu. Längst aber wird an Alternativrouten gebastelt.
       "Dann sind doch wieder andere betroffen, und wie erfahren wir das dann?",
       regt sich eine ältere Frau auf. "Wir berechnen neu, doch viel wird sich
       nicht ändern", versucht Lärmexperte Kai Johannsen abzuwiegeln. Wieder zieht
       eine Gruppe Rentner ratlos von dannen.
       
       27 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kristina Pezzei
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
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