# taz.de -- Explosive Stimmung bei Eintracht Frankfurt: Existenzielle Angst trotz Daum
       
       > Eintracht Frankfurt will sich dem Druck der Fans nicht beugen und flieht
       > aus Angst vor Übergriffen ins Trainingslager. Die Krise im Verein ist
       > kaum beherrschbar.
       
 (IMG) Bild: War bisher nicht besonders erfolgreich: Frankfurts Trainer Christoph Daum.
       
       FRANKFURT taz | Seit geraumer Zeit wird in der Nordwestkurve der
       Frankfurter Arena bei Eintracht-Heimspielen ein fragwürdiges Plakat
       geduldet. Aufschrift: "Kein Kick ohne Randale." Aufgehängt von den immer
       wieder latent gewaltbereiten Ultras, die nun sogar ein Novum in der Branche
       provoziert haben: Weder am Sonntag noch am Montag trainierten die Profis
       des Drittletzten der Bundesliga auf den sonnenüberfluteten Rasenplätzen am
       Stadion - Polizei und Sicherheitsdienste hatten aus Angst vor Übergriffen
       davon abgeraten.
       
       Immerhin: Weil der Klub, der in der größten Krise seit dem Wiederaufstieg
       2005 steckt, nicht bereit ist, sich von einem Teil der eigenen Fans
       einschüchtern und vertreiben zu lassen, wird am Dienstag demonstrativ auf
       dem angestammten Terrain geübt.
       
       "Es stehen zwei Einheiten an, danach werden wir überlegen, ob wir noch ein
       Kurztrainingslager beziehen", teilte Vorstandsvorsitzender Heribert
       Bruchhagen mit. Das soll voraussichtlich ab Mittwoch in der fast drei
       Autostunden entfernten Bierstadt Bitburg durchgeführt werden. Man darf dies
       ruhig als Flucht vor einer neuen Form der Eskalation interpretieren, auch
       wenn es als sicher gilt, dass am Dienstag beim Training nichts passieren
       wird.
       
       Michael Gabriel, Leiter der in Frankfurt ansässigen Koordinationsstelle
       Fanprojekte und selbst Eintracht-Fan, beobachtet die Lage mit Sorge: "Die
       sportliche Situation in Frankfurt hat sich existenziell zugespitzt: Wut und
       Enttäuschung suchen sich ein Ventil. Aber: Durch solche Aktionen wird der
       Fußball und die Bedeutung der eigenen Gruppe maßlos überhöht. Die Leute
       haben verlernt, dass Fußball nur ein Spiel ist, bei dem es zwangsläufig
       immer Gewinner und Verlierer gibt."
       
       Die ohnehin als Risikospiel eingestufte Heimpartie gegen den 1. FC Köln am
       Samstag trägt eine fast schon explosive Endzeitstimmung in sich, der selbst
       der verpflichtete Starkredner Christoph Daum kaum mehr etwas
       entgegenzusetzen weiß.
       
       ## Das böser Wort vom Rücktritt
       
       Der Notretter hat mit seinem Aktionismus wenig bewirkt - drei Punkte aus
       fünf Spielen sind, gemessen an seinen Ankündigungen, ein Armutszeugnis.
       Dass der 57-jährige Trainer am Saisonende wieder in seine Villa in
       Köln-Hahnwald zurückgeht, steht so gut wie fest.
       
       Aber auch Bruchhagen gerät intern in die Schusslinie. Von Rücktritt will er
       nicht reden, "es handelt sich um Bundesliga-Fußball, da haut man nicht
       einfach so ab." Der 62-jährige Vereinschef nennt sich gleichwohl selbst
       einen "Hauptverantwortlichen"- und nach dem Willen des Aufsichtsrats würde
       ihm lieber heute als morgen ein Sportchef zur Seite gestellt. Überall tun
       sich Gräben auf: Die Foren und Blogs auf der Vereinswebsite mussten wegen
       teils wüster Schmähungen inzwischen geschlossen werden.
       
       Und die Ultras wehren sich massiv gegen den Vorwurf, die jüngste
       Konfrontation am Samstagabend vor der Arena mit der Polizei angezettelt zu
       haben. Der Warnschuss eines Beamten sei unverhältnismäßig gewesen, heißt es
       auf ihrer Internetseite.
       
       ## Empfindliche Strafe droht
       
       Die Frankfurter Ultra-Gruppierung gilt als die mächtigste innerhalb der
       Liga. Grund: Zum einen scheint die Überzahl der friedlichen Sympathisanten
       aus den Fanklubs und der Fanabteilung offenbar nicht bereit, sich
       abzugrenzen, zum anderen hat die Vereinsführung die Freiräume der
       keinesfalls homogenen Vereinigung, in der auch Hooligans gern
       unterschlüpfen, nie wirklich beschnitten.
       
       Gabriel: "Die Anhänger sind oft sehr jung, hier findet sich eine
       jugendliche Subkultur, die ihren Mitgliedern ein hohes Wertschätzungs- und
       Anerkennungspotenzial bietet." Und sei es mit geschmacklosen oder
       gewalttätigen Aktionen: Erinnert sei nur an ein Video "Pfalzüberfall 2010 -
       Schlachtfest in Kaiserslautern" im Oktober vergangenen Jahres oder im März
       dieses Jahres der Angriff auf eine S-Bahn vor dem Heimspiel gegen
       Kaiserslautern.
       
       Die Eintracht zählt mutmaßlich zu jenen Klubs, bei denen das
       DFB-Sportgericht bei der nächsten Verfehlung eine Platzsperre à la St.
       Pauli verhängt. All das lastet schwer auf einem Klub, der am Dienstag
       wieder eine turnusgemäße Vorstandssitzung zu all den drängenden Fragen
       abhält- zuvor soll sich auch der ansonsten so redselige Fanbeauftragte Marc
       Francis öffentlich nicht äußern. Bei so viel Explosionsgefahr ist das
       durchaus ratsam.
       
       2 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Hellmann
       
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