# taz.de -- Baupläne für das Berliner Flughafengelände: Ein Engel für Tempelhof
       
       > Das Tempelhofer Feld ist eine leere Fläche, die von Berlinern bisher als
       > Freizeitort genutzt wird. Nun soll eine symbolische Leitfigur auf das
       > Feld gebaut werden.
       
 (IMG) Bild: Sonne genießen, skaten, joggen: Der Tempelhofer Flughafen ist ein beliebtes Ausflugsziel.
       
       Der Engel, der vom Himmel herabsteigt, weil er sich nach den Freuden des
       menschlichen Lebens sehnt. Es war ein raffinierter Schachzug, als Berlins
       Stadtplaner in dieser Woche die Filmgeschichte bemühten, um ein
       städtebauliches Mammutprojekt zu legitimieren, gegen das der Bau des
       falschen Hohenzollernschlosses wie Peanuts wirkt.
       
       Der Engel Damiel alias Bruno Ganz soll als symbolische Leitfigur für den
       neuen Park dienen, zu dem sich das Feld hinter dem legendären, 2008
       geschlossenen Flughafen gleichen Namens verwandeln soll. Fragt sich nur, ob
       der neue Schirmherr dem Projekt mehr Akzeptanz verschaffen wird.
       
       Zu stehen kommen soll die Figur auf einem "Felsenmonument" - dem mit
       Abstand spektakulärsten Detail des kürzlich gekürten Siegerentwurfs der
       britischen Architekten gross.max und Sutherland Hussey zum weiteren Ausbau
       des Geländes, das auch ohne erkennbare stadtplanerische Gestaltung zu
       Berlins beliebtesten Freizeitorten zählt. Danach soll an einem Rand des
       riesigen Feldes ein "Felsenmonument" entstehen, auf dessen Spitze die
       Skulptur eines Mannes steht.
       
       War sie zunächst noch als Wilhelm von Humboldt identifiziert worden,
       versuchten es die Planer bei einem Bürgerforum dieser Tage auf dem Gelände
       mit Wim Wenders' Kunstfigur aus "Der Himmel über Berlin". Schließlich sind
       die Vergnügungen, die zu Füßen des Tempelhofer Engels vor sich gehen, quasi
       die Reininkarnation irdischen Vergnügens: Grillen, spazieren gehen, Löcher
       in die Luft starren.
       
       ## Melancholischer als Bruno Ganz
       
       Doch damit forderten sie die Ablehnungsfront nur noch stärker heraus. Es
       hat zwar etwas Borniertes, wenn der Idee der Architekten sarkastische
       Ablehnung von Menschen entgegenschlägt, die ihre Vorgärten gern mit
       bemalten Tonfiguren verzieren, die melancholischer dreinschauen als Bruno
       Ganz. Die mag auch die irrige Vorstellung treiben, das jetzige Feld sei so
       etwas wie Natur, die es zu bewahren gelte.
       
       Dabei gilt für die einstige Landebahn des Kalten Krieges dasselbe wie für
       Mitteleuropa: Jeder Zentimeter ist gestaltete Natur. Auf einem solchen
       Areal künstlichster Natürlichkeit darf man auch einen Kunstberg aufstellen.
       Auf dem ein Gelehrter an den artgerechten Umgang mit dem Verschwundenen
       mahnt, dass es dort nie gab.
       
       Doch hinter der Vehemenz, mit der viele Forumsteilnehmer forderten, dass
       auf der Brache "keinerlei Bebauung" stattfinden dürfe, verbirgt sich ein
       Überdruss an allzu viel zivilisatorisch durchgeformter Lebenswelt, den eine
       Stadtentwicklungspolitik, die derart auf Partizipationskultur setzt wie
       neuerdings die Berliner, ernst nehmen sollte. Dass das Nichtgestaltete für
       viele lockender ist als "ein schönes Park", wie Eelco Hooftman, einer der
       Architekten, die Tempelhofer und Neuköllner Wutbürger mit niederländischem
       Charme von seinen Plänen zu überzeugen versuchte, scheint ihr nur schwer
       vorstellbar. Ebenso wenig, dass viele Bürger nur ein schlichtes Feld wollen
       und keine Versuchsstation für "Naturintensivierung". Gerade weil ihnen auf
       einem Feld keine Nutzung vorgegeben ist, haben sie es "Tempelhofer
       Freiheit" getauft.
       
       Das Konzept der englischen Architekten belässt dem Gelände viel von der
       Weite und Großzügigkeit - die Attraktionspole der riesigen Stadtbrache, die
       auch die Verantwortlichen als zu Bewahrende erkannt haben. Doch selbst ihr
       Minimalprogramm mit dem innen hohlen Felsenmonument, das auch im Winter als
       Kletterhöhle dienen soll, die sanfte "Durchwegung", ein großer
       Lamellenpavillon als Treffpunkt in der Mitte des Geländes und all die
       schönen Slideshows mit wogenden Blumenwiesen zeigen die Symptome einer
       bekannten Zivilisationskrankheit: Leere Räume müssen partout besetzt
       werden!
       
       4 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arend
       
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