# taz.de -- Kehrtwende im Oury-Jalloh-Prozess: Zweifel am übersehenen Feuerzeug
       
       > Im Januar 2005 soll sich ein junger Afrikaner in einer Zelle selbst
       > angezündet haben. Jüngste Aussagen eines Polizeibeamten lassen daran
       > erhebliche Zweifel zu.
       
 (IMG) Bild: Geschah es wirklich so? Eine Rekonstruktion des Tathergangs.
       
       BREMEN taz | Ein Polizeibeamter hat mit seiner Zeugenaussage vor dem
       Magdeburger Landgericht die bisherigen Annahmen über den Feuertod des
       Sierra-Leoners Oury Jalloh im Dessauer Polizeigewahrsam erschüttert.
       
       Jalloh war am 7. Januar 2005 an Händen und Füßen am Boden fixiert in einer
       Polizeizelle verbrannt. Die Staatsanwaltschaft glaubt, dass Jalloh trotz
       Fesselung seine Matratze mit einem Feuerzeug aus seiner Hosentasche
       angesteckt hat. Das Feuerzeug soll bei einer Durchsuchung Jallohs nach
       dessen Festnahme übersehen worden sein.
       
       Beim letzten Prozesstermin sagte der Polizist Torsten B. jedoch aus, zwei
       seiner Kollegen gegen 11.30 Uhr - kurz vor dem Ausbruch des Feuers - in
       Jallohs Zelle gesehen zu haben. Es handelt sich dabei um die beiden
       Polizisten, die Jalloh am Morgen in der Dessauer Innenstadt festgenommen
       hatten. Die beiden behaupteten, die Zelle nach neun Uhr früh nicht mehr
       betreten zu haben. Einer der beiden, der Beamte Hans-Ulrich M., war im
       ersten Prozess angeklagt, aber freigesprochen worden.
       
       ## Hosentaschen nach außen gezogen
       
       Außerdem sagte der Polizeizeuge B. nun aus, dass er beobachtet habe, wie M.
       Jalloh am späten Vormittag durchsucht habe. Jalloh habe dabei an allen
       vieren ausgestreckt auf dem Boden gelegen, M. habe dessen Hosentaschen nach
       außen gezogen. Ein Feuerzeug, mit dem Jalloh die Matratze hätte entzünden
       können, wäre dabei mit Sicherheit entdeckt worden. Sollte B. wahrheitsgemäß
       ausgesagt haben, wäre die Theorie der Staatsanwaltschaft "ausgeschlossen",
       sagt die Rechtsanwältin Gabriele Heinecke. Sie vertritt als Nebenklägerin
       die Familie des Toten.
       
       Der Tod des damals 36-jährigen Jalloh hatte bundesweit Aufsehen erregt.
       Prozessbeobachter und die Eltern Jallohs zweifeln die Version der
       Staatsanwaltschaft an. Sie glauben nicht daran, dass Jalloh selbst das
       Feuer entzündet haben kann.
       
       Ein erster Prozess vor dem Landgericht Dessau konnte das Geschehen jedoch
       nicht erhellen. Polizeizeugen hatten dabei vielfach auf Erinnerungslücken
       verwiesen und das Gericht damit gegen sich aufgebracht. Zwei angeklagte
       Polizisten waren freigesprochen worden. Der Bundesgerichtshof bemängelte
       jedoch Lücken in der Beweisführung und hob einen Freispruch wieder auf. Ein
       Dienstgruppenleiter der Polizei muss sich nun seit Januar erneut wegen
       Körperverletzung mit Todesfolge verantworten. Ihm wird vorgeworfen, dass er
       minutenlang den Feueralarm ignoriert hat, statt Jalloh zu retten.
       
       4 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Jakob
       
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