# taz.de -- Bürgerentscheid in Garmisch-Partenkirchen: Olympia-Fans setzen sich knapp durch
       
       > Die Bürger in Garmisch-Partenkirchen wollen, dass die Münchner
       > Olympiabewerbung weitergeht. Das Ergebnis ist trotzdem ein Desaster für
       > die Bewerbungsgesellschaft.
       
 (IMG) Bild: Auf diesen Zetteln ist es angekreuzt: Die Bewerbung soll weitergehen.
       
       GARMISCH-PARTENKIRCHEN taz |Etliche Fernsehteams, sogar ausländische
       Journalisten sind im Rathaus vor Ort und starren gebannt auf die
       aufgebauten Bildschirme. Ab 18 Uhr beginnt das große Zittern – die
       Olympiagegner hoffen immer noch auf die große Sensation, Förster Axel
       Doering tippt auf ein Ergebnis von 52 Prozent. Doering gibt sich gelassen,
       könnte sogar mit einer Niederlage leben.
       
       Die Olympiaplaner dagegen sind mit mehreren Mitarbeitern angereist, sogar
       Bewerbungschef Bernhard Schwank ist vor Ort. Sie wissen: Selbst ein Sieg
       mit 60 Prozent der Stimmen wäre eine gefühlte Niederlage. Um richtig zu
       feiern und Rückenwind in die heiße Phase der Bewerbung mitzunehmen, müssten
       schon zwei Drittel der Wähler für Olympia stimmen. Wie wichtig den Menschen
       im Ort das Thema "Olympia 2018" ist, macht schon die Wahlbeteiligung
       deutlich: Sie liegt bei knapp 60 Prozent.
       
       Kurz nach 20.30 Uhr ist klar: Selters statt Sekt für die
       Olympiabewerbungsgesellschaft. Zwar haben sie beide Bürgerbegehren gewonnen
       – ihr eigenes Pro-Begehren mit 58,07 Prozent, das Begehren der Gegner
       hauchdünn mit 50,49 Prozent – doch glücklich stimmt das Ergebnis
       Bewerbungschef Schwank nicht. Das Ergebnis ist ein Desaster für die
       entscheidenden Wochen der Bewerbung, für den Zweikampf mit Pyeongchang in
       Südkorea. In zehn Tagen müssen beide Kontrahenten plus Annecy ihr Konzept
       dem Internationalen Olympischen Komitee in Lausanne präsentieren. Am 7.
       Juli fällt dann in Durban die Entscheidung; internationale Beobachter sehen
       Pyeongchang in der Favoritenrolle.
       
       ## Mangelnde Begeisterung
       
       Durch das Ergebnis in Garmisch-Partenkirchen hat München weiter an Boden
       verloren. Schon vor knapp einem Jahr bemängelten die IOC-Prüfer die
       mangelnde Begeisterung und Euphorie für Olympia in Bayern. Pyeonchang
       erzielt bei Umfragen immer Ergebnisse jenseits der 90 Prozent, die Münchner
       Bewerbung erreichte bei der letzten offiziellen Olympia-Umfrage lediglich
       61 Prozent, nach olympischen Maßstäben ein katastrophaler Wert. Und dazu
       kommt: Gerade bei der Jugend zieht Olympia nicht so wirklich; bei einer
       Umfrage im Winter sprach sich sogar eine Mehrheit gegen Olympia aus.
       
       Das hat das Christlich-Soziale Bündnis und die Freien Wähler in Garmisch,
       die beide stramm pro Olympia sind, gehörig verunsichert. Vor dem
       Bürgerentscheid sollen sie auf legale Weise Jungwähleradressen gekauft
       haben, um noch einmal gezielt für Olympia zu werben. Die
       Fraktionsvorsitzende der CSU im Gemeinderat, Elisabeth Koch, bestätigt,
       dass die Jugend, gerade auch die Sportbegeisterten unter ihnen, die
       Olympiabewerbung kritisch sieht.
       
       Während die CSU in Sachen Olympia gespalten ist, hat sich der Jugendverband
       der Partei, die JU, gegen die Olympiabewerbung ausgesprochen. "Das ist auch
       völlig in Ordnung", sagt Koch der taz. "Schließlich gibt es gute Gründe,
       die für Olympia sprechen und gute Gründe dagegen." Die Kosten, das enge
       Tal, in dem Garmisch-Partenkirchen liegt, der Klimawandel, die Eingriffe in
       die Umwelt, die Größe von Olympia an sich – das sind die Aspekte, welche
       die Olympiagegner immer wieder anführen.
       
       Vor dem Entscheid haben sie für ihr Anliegen mit drei Flugblättern
       geworben. "Wir haben zum einen nicht die großen finanzielle Mittel", sagt
       Axel Doering, das Gesicht der Gegner vor Ort. "Zum anderen wollten wir auch
       die Menschen im Ort nicht nerven." Das Thema Olympia strapaziert die Nerven
       vieler: Kinder wurden wegen der Einstellungen der Eltern in der Schule
       gemobbt, einzelne Geschäfte wurden boykottiert und insbesondere die
       Olympiagegner mussten üble Beleidigungen aushalten. "Die Wunden heilen nie
       mehr, da ist zu viel passiert", sagt eine einflussreiche Person im Ort, die
       anonym bleiben will, der taz.
       
       ## Papp-Herzen an Gartenzäunen
       
       Eine Rolle spielen da auch die Ereignisse am Wahlsonntag. Eigentlich hatten
       Befürworter und Gegner der Bewerbung vereinbart, fair miteinander umzugehen
       und den Ort nicht mit Werbung zuzupflastern. Bis auf ein paar Ausnahmen
       klappte das auch recht gut. Doch am Sonntag überschwemmten die Befürworter
       ganz Garmisch-Partenkirchen mit Papp-Herzen, die zu Dutzenden an den
       Gartenzäunen im Ort hingen. Oft betraten die Befürworter sogar
       unerlaubterweise die Grundstücke der Menschen, um ein Pappherz an die
       Haustür zu hängen. "So eine Vorgehensweise kann ich nicht nachvollziehen",
       sagt Olympiagegner Doering. Wirklich genutzt haben die Herzen trotz
       erzielter Mehrheit nicht – die Wahrscheinlichkeit, dass 2018 Olympische
       Spiele in Garmisch-Partenkirchen stattfinden, ist seit Sonntag rapide
       gesunken.
       
       8 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sebastian Kemnitzer
       
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