# taz.de -- Software-Entwickler über Apps: "Der Konkurrenzkampf ist groß"
       
       > Der Hype um Miniprogramme und Spiele für iPhone, Android und Co. ist
       > ungebrochen. Millionär wird man dabei selten, meint der Berliner
       > Entwickler Severin Brettmeister.
       
 (IMG) Bild: Kleine Anzeige, großer Markt: Apps auf einem Tablet-Computer.
       
       taz.de: Herr Brettmeister, Sie arbeiten als App-Entwickler und
       Interface-Designer in Berlin. Ist das ein Job, den sie ihren Eltern
       problemlos als "solide" präsentieren können? 
       
       Severin Brettmeister: Da mein Vater selber gern Computerspiele spielt, war
       es nicht schwer, ihn von meiner beruflicher Neuorientierung zu überzeugen.
       Das Medium Computer- und Videospiele - Apps eingeschlossen - ist weltweit
       längst als vollwertiges Unterhaltungsmedium anerkannt; es hat sogar einen
       sehr hohen Stellenwert. Also spricht meiner Ansicht nach nichts gegen den
       Karrierewunsch "Spieleentwickler".
       
       Im letzten und vorletzten Jahr galten Apps als großer Hype, mit dem über
       Nacht Millionäre gemacht wurden. Hat sich das mittlerweile gelegt? 
       
       Ich kenne niemanden, der durch reine iPhone- und iPad-App-Entwicklung reich
       geworden ist. Ganz im Gegenteil. Der Konkurrenzkampf und der Kostendruck
       sind sehr hoch und ich würde sagen, dass sich die meisten Entwickler - wir
       eingeschlossen - sehr anstrengen müssen, um finanziell erfolgreiche Spiele
       zu entwickeln. Egal ob für Apples iOS-Plattform oder andere Plattformen wie
       PC oder Konsolen.
       
       Trotzdem scheint es einen hohen Bedarf nach Programmierern zu geben.
       Sollten die Unis jetzt anfangen, ihre Informatiker entsprechend
       auszubilden? 
       
       Wenn die Unis erst jetzt anfangen, Programmierer für die Spielebranche
       auszubilden, sind sie schon ziemlich spät dran. Private
       Bildungseinrichtungen wie die Games Academy in Berlin und Frankfurt/Main
       sind schon seit vielen Jahren dabei, der Nachfrage nach fähigen
       Programmierern gerecht zu werden.
       
       Aber auch die Spielebranche selbst muss etwas dafür tun, talentierte
       Programmierer aller Art anzuziehen. Stichwort: Arbeitsbedingungen,
       Perspektive und Gehalt.
       
       Wohin geht der Trend bei Apps, zu immer kurzweiligeren Miniprogrammen oder
       zu komplexeren Anwendungen? Technisch geht ja beides. 
       
       Beides ist technisch machbar und beides ist auch in den App Stores
       vertreten. Der Umfang einer App hängt hauptsächlich vom eigentlichen Ziel
       der App ab: Soll es ein Spiel sein, dass immer mal wieder für wenige
       Minuten unterhält oder soll es längeren Spielspaß am Stück bieten. Es ist
       alles möglich und berechtigt, aber es lässt sich nicht leugnen, dass die
       Nachfrage nach schneller und unkomplizierter Unterhaltung sehr groß ist.
       
       Apple gilt als größer Plattformbetreiber gleichzeitig als starke
       Kontrollinstanz, die schon mal willkürlich entscheidet, welche App rein
       darf und welche nicht. Kann man so überhaupt planen? 
       
       Soweit ich das beurteilen kann, muss sich die Mehrheit der Entwickler keine
       großen Sorgen machen, ob ihre App überhaupt für den App Store zugelassen
       wird - weitestgehende Fehlerfreiheit natürlich vorausgesetzt. Aber für
       ausgewiesene Erwachsenentitel oder sehr spezielle Produkte kann es schon
       schwerer werden: bestimmte Browser mit Flash-Unterstützung zum Beispiel,
       oder Programme, die bestimmte Anrufer automatisch filtern. Die sind dann
       nur im inoffiziellen [1][Cydia Store] zu haben.
       
       Ist Googles Android Market, der allgemein als freier gilt, besser? 
       
       Sowohl Android als auch Apples iOS-Plattform haben Vor- und Nachteile. Der
       Android-Markt ist im Vergleich zum iOS-Markt wesentlich fragmentierter, was
       Software-Versionen und Endgeräte - also Handys - anbelangt. iPhone und iPad
       erfreuen sich bei Entwicklern und Konsumenten starker Popularität, stellen
       aber auch zwangsweise eine starke Abhängigkeit zu Apple her.
       
       Es ist also nicht unbedingt besser für Android oder iOS zu entwickeln. Der
       Trend wird ohnehin zu plattformübergreifenden Technologien gehen, um beide
       beziehungsweise möglichst viele Plattformen beliefern zu können.
       
       Geht der Trend hin zu geschlossenen Plattformen wie der von Apple? Oder
       sind offenere Ansätze wie z.B. der Alternativladen Cydia, der geknackten
       iPhones zur Verfügung steht, im Kommen? 
       
       Geschlossene Plattformen können bei entsprechendem Design und hoher
       Qualitätskontrolle einen großen Mehrwert für den Nutzer haben - es war noch
       nie so einfach, Programme digital zu kaufen, wie seit Einführung von Apples
       App Store. Auf der anderen Seite werden alle Inhalte von einem oder wenigen
       Konzernen kontrolliert, was natürlich Fragen und Probleme aufwirft.
       
       Ich denke, dass es immer Alternativen zu geschlossenen Plattformen geben
       wird, und Leute, die dieses Angebot nutzen möchten, können das auch tun.
       
       Das Thema Datensammeln durch Smartphones ist ja gerade in den Schlagzeilen.
       Was sammelt eigentlich so eine App? 
       
       Was Apple vielleicht sonst noch so sammelt, weiß ich nicht, aber auch
       Entwickler von Apps haben die Möglichkeit, Daten über ihre Nutzer zu
       sammeln. In vielen Fällen dienen diese dann komplett anonymisierten Daten
       der Verbesserung des Produkts. Wenn wir wissen, wie lange oder oft Spieler
       unsere App spielen oder welche Bereiche der App sehr häufig genutzt werden,
       können wir daraus lernen und das Spiel verbessern.
       
       Kann ein Programmierer sehen, wie oft etwas ausgeführt wird und wer das
       tut? Wann kommt es da zum ersten Skandal? 
       
       Wie schon gesagt, solange wir nicht wissen, wer die App ausführt, sondern
       nur, wie oft "jemand" diese App nutzt, kann uns das helfen, bessere Spiele
       zu entwickeln. Werden persönliche Daten übertragen, hört der Spaß auf.
       
       Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob wir in Zukunft überhaupt in der
       Lage sein werden, all unsere Daten für uns zu behalten. Neben meist wenig
       wirklich nützlichen Gesetzen, gehört auch ein Umdenken und vor allem das
       Handeln eines jeden Einzelnen dazu. Damit meine ich auch die Firmen.
       
       Was ist für einen App-Entwickler besser, Werbefinanzierung oder der direkte
       Verkauf? 
       
       Das hängt stark vom eigentlichen Produkt ab. Aber bei einer passenden App
       ist eine alleinige oder zusätzliche Finanzierung über Werbung durchaus
       interessant. Vor allem, weil das Preisniveau im App Store nicht besonders
       hoch ist, und demnach Produkte sich erst bei hohen Download-
       beziehungsweise Verkaufszahlen lohnen.
       
       Sowohl Google als auch Apple bieten Werbeplattformen an. Lohnen die sich
       bereits? 
       
       Diese und andere Werbeplattformen lassen sich ja nicht nur exklusiv,
       sondern auch neben- oder nacheinander nutzen. Das heißt, ich kann je nach
       Bedarf verschiedene Anbieter nutzen und somit eine optimale Platzierung von
       Werbung erreichen. Und ja, bei einem entsprechenden Produkt können sich
       solche Werbe-Einblendungen lohnen.
       
       Wenn man sich die Entwicklungszyklen von Smartphones und Tablets
       betrachtet, kommen ja quasi im Monatstakt neue Geräte heraus. Sind Apps
       dafür also ein Wegwerfprodukt? 
       
       Die eigentliche Technik ist sicher einem großen und schnellen Wandel
       unterzogen. Allerdings ist das Know-how rund um die Entwicklung von
       Spielen, interaktiven Unterhaltungsprodukten und Software von Dauer und
       enorm wichtig. Nur weil sich ein paar Rahmenbedingungen ändern, heißt das
       ja nicht, dass man alles von vorne lernen muss.
       
       Entwickler jeder Größe und Art müssen auch immer auf neue Trends achten und
       frühzeitig erkennen, ob sich neue Chancen auftun und diese nutzen. Auch wir
       konzentrieren uns deshalb nicht ausschließlich auf die Entwicklung von Apps
       oder Games, sondern sind auch im Bereich interaktiver Film, elektronisches
       Publizieren und anderen Feldern unterwegs. Dabei geht es immer auch um
       unterschiedliche Plattformen mit unterschiedlichen Techniken.
       
       9 May 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://de.wikipedia.org/wiki/Cydia
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ben Schwan
       
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