# taz.de -- Ulmer Forscher über Google-Android: "Grob fahrlässig"
       
       > Sicherheitsforscher Bastian Könings von der Uni in Ulm über eine
       > schwerwiegende Lücke in den Android-Handys. Und welche Gefahren den
       > Nutzern solcher Geräte künftig drohen könnten.
       
 (IMG) Bild: Die Probleme sind noch nicht gelöst: Datenleck bei Google-Android.
       
       taz.de: Herr Könings, die von Ihnen und Ihrem Team entdeckte Android-Lücke
       hat ja mittlerweile hohe Wellen geschlagen. Hätten Sie gedacht, dass es das
       Thema auf die Titelseiten großer Medien schafft? 
       
       Bastian Könings: Nein, das hätten wir in diesem Ausmaße sicherlich nicht
       erwartet. Allerdings freut es uns sehr, da wir einerseits insbesondere bei
       Besitzern mobiler Geräte das Bewusstsein für derartige Gefahren stärken
       wollten. Die Gefahr, die von der Verwendung offener unverschlüsselter Wlans
       ausgeht, ist leider den meisten Benutzern nicht wirklich bewusst.
       Andererseits wurde durch das enorme Pressecho der Druck auf Google erhöht,
       die nun auch schnell reagiert haben.
       
       Ist die Sicherheitslücke bereits missbraucht worden? Und wenn ja, was hätte
       schlimmstenfalls passieren können? 
       
       Mir sind keine konkreten Fälle bekannt, bei denen diese Lücke ausgenutzt
       wurde. Da Android-Smartphones aber nun schon seit fast drei Jahren auf dem
       Markt sind, kann man dies natürlich nicht ausschließen. Das heißt,
       Angreifer hätten im schlimmsten Fall Kontakte oder Kalender-Daten löschen
       und auch verändern können. Wenn so eine Veränderung - z.B. das Ändern einer
       E-Mail-Adresse - nicht bemerkt wird, könnte ein Angreifer an sensible
       E-Mails gelangt sein.
       
       Wie haben Sie die Sicherheitslücke entdeckt? 
       
       Im Rahmen der Bachelorarbeit von Jens Nickels untersuchen wir das
       Betriebssystem Android grundlegend auf Sicherheit und Privatsphäre. Die
       Analyse des Datenverkehrs, der zwischen dem Gerät und den Google-eigenen
       Diensten wie "Calendar" und "Contacts" ausgetauscht wird, war ein
       Teilaspekt dieser Arbeit.
       
       Wir sind schon durch den amerikanischen Kollegen Dan Wallach darauf
       aufmerksam gemacht worden, dass Teile dieses Datenaustausches nicht
       verschlüsselt sind. Allerdings war die Bedeutung dieser unverschlüsselten
       Übertragung unklar. Durch das Abfangen eines ebenfalls unverschlüsselten
       Berechtigungsschlüssels, AuthToken genannt, bekommt ein Angreifer vollen
       Zugriff auf sämtliche Kontakt- und Kalender-Daten.
       
       Google ist ein renommiertes Unternehmen, das ja intensive Softwaretests
       durchführen müsste. Wie kann so etwas übersehen werden? 
       
       Das ist eine Frage, die wir uns ebenfalls gestellt haben und ehrlich gesagt
       keine zufriedenstellende Antwort darauf geben können. Wenn es bewusst aus
       Kosten- oder Performance-Gründen war, dann war diese Entscheidung meines
       Erachtens grob fahrlässig. Dass dieses Problem tatsächlich übersehen wurde,
       ist für mich allerdings auch fragwürdig. Eine Stellungnahme seitens Google
       wäre hier sicherlich interessant.
       
       Das Problem offener Wlans ist zumindest für diejenigen, die sich intensiver
       mit Rechnern beschäftigen, schon länger bekannt. Ist hier noch mehr
       Aufklärung darüber nötig, dass ein solches Netz [1][grundsätzlich
       potenziell "feindlich"] ist, wenn man achtlos etwa in einem Café lossurft? 
       
       Auf jeden Fall. Natürlich kann man nicht erwarten, dass jeder Nutzer die
       komplexen Techniken der modernen Kommunikation versteht. Das Bewusstsein
       potenzieller Gefahren bei der Benutzung offener und nicht verschlüsselter
       Wlans sollte bei den Benutzern aber definitiv gestärkt werden. Gleichzeitig
       sollten Hersteller aber auch ein größeres Verantwortungsbewusstsein für die
       Sicherheit von sensiblen Nutzerdaten zeigen.
       
       Bisher schien es so, dass Sicherheitslücken auf Smartphones eher
       theoretischer Natur waren. Wann kommen "echte" Angriffe? Oder gibt es die
       schon? 
       
       Uns sind zumindest keine genauen Zahlen bekannt. Man kann aber davon
       ausgehen, dass Smartphones durch ihre steigende Verbreitung und auch durch
       die zahlreichen Erweiterungsmöglichkeiten durch die Apps von Drittanbietern
       ein immer interessanteres Ziel für potenzielle Angreifer sein werden.
       
       Google hat angekündigt, das Problem selbst zu lösen, ohne dass Nutzer
       eingreifen müssten. Das ist auch deshalb erstaunlich, weil es lange hieß,
       das sei ohne "richtiges" Android-Upgrade gar nicht möglich. 
       
       Richtig. Google scheint eine Möglichkeit zu haben, gewisse Konfigurationen
       auf den Smartphones zu aktualisieren. Die Änderungen, die dazu notwendig
       sind, sind minimal. Wie genau diese Aktualisierung abläuft, ist mir
       allerdings nicht bekannt. Bei unseren ersten Anfragen an Google wurde uns
       lediglich mitgeteilt, dass das Problem in der neusten Version 2.3.4 behoben
       sei. Auf unsere Nachfrage, ob auch eine alternative Update-Möglichkeit für
       ältere Versionen bestünde, bekamen wir erst nach der Medien-Aufregung eine
       Antwort.
       
       Und wie löst Google dieses Problem? 
       
       Es muss eine Veränderung auf dem Gerät stattfinden, die von Google
       gesteuert wird. Wie genau die abläuft, ist uns nicht bekannt. Eine
       Veränderung nur auf Server-Seite reicht zur Lösung des Problems nicht aus.
       
       Wie schwerwiegend ist das Problem der sogenannten [2][Fragmentierung], also
       der Tatsache, dass die unterschiedlichsten Android-Versionen genutzt werden
       und nur die wenigsten Menschen sofort aktualisieren, wenn eine neue Version
       erscheint? 
       
       Natürlich ist es ein großes Problem, wenn es sich um sicherheitsrelevante
       Updates handelt, da diese möglichst schnell verfügbar sein sollten. Das ist
       insbesondere wichtig, wenn Sicherheitslücken entdeckt werden, die sich auf
       der System-Ebene von Android befinden und nicht durch Konfigurations-
       beziehungsweise Anwendungs-Updates behoben werden können. Hier sollte
       definitiv ein Weg gefunden werden, den Prozess zu beschleunigen. Aber das
       scheint Google nach den neusten Informationen ja nun auch anzustreben.
       
       Was könnte Google hier anders machen? Welche Rolle spielen Netzbetreiber
       und Gerätehersteller? 
       
       Google versucht bereits, Geräte-Hersteller zu zeitnahen Updates zu
       verpflichten. Eine weitere Möglichkeit wäre es, dass Hersteller und
       Netzbetreiber auf komplexe Erweiterungen verzichten. So müssten diese nicht
       bei jedem Update ebenfalls angepasst werden. Allerdings hätten die
       Hersteller dann wiederum weniger Möglichkeiten, sich von anderen
       Herstellern abzugrenzen, wie es der Hersteller HTC beispielsweise mit
       seiner "Sense"-Erweiterung macht.
       
       Ist ein System wie das von Apple mit dem iPhone sicherer, weil hier ein
       Hersteller die volle Kontrolle hat? 
       
       Es ist deswegen nicht grundsätzlich sicherer, aber man hat definitiv einen
       Vorteil bei zeitkritischen Updates, wie man auch bei der letzten
       Aktualisierung des iOS hinsichtlich der Speicherung von Ortsdaten gesehen
       hat. Dieses Beispiel zeigt aber gleichzeitig, dass auch Apple nicht immer
       verantwortungsbewusst mit sensiblen Nutzerdaten umgeht.
       
       Welche Probleme erwarten sie zukünftig beim Thema mobile Sicherheit? 
       
       Leider ist davon auszugehen, dass durch den größeren Absatz von Smartphones
       auch das Gefahrenpotential steigen wird. Wir hoffen deshalb, dass gerade
       die Hersteller in Zukunft verstärkt auf die Sicherheit und den Schutz von
       Nutzerdaten eingehen werden. Wir haben das Gefühl, dass das weiter
       vernachlässigt wird.
       
       Gleichzeitig ist es wichtig, dass Benutzer ein besseres Bewusstsein für
       persönlichen Daten im Netz bekommen. Leider wird die Bedeutung den meisten
       erst dann bewusst, wenn ein Schaden bereits entstanden ist.
       
       23 May 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /1/netz/netzgeraete/artikel/1/wie-firesheep-facebook-kapert/
 (DIR) [2] http://www.businessinsider.com/google-is-battling-android-fragmentation-2011-5
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ben Schwan
       
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