# taz.de -- Personalumbau in der FDP: Stühlerücken statt Diskussion
       
       > Rösler ersetzt Brüderle, Brüderle ersetzt Homburger. Ob das hyperaktive
       > Postengeschiebe die Liberalen aus der Krise holt, bleibt fraglich.
       
 (IMG) Bild: Die eine geht, der andere kommt: Homburger und Brüderle.
       
       BERLIN taz | Philipp Röslers Rechnung ging doch noch auf. Über Wochen hatte
       sich der 38-Jährige anhören müssen, er habe schon vor seiner Wahl zum
       Parteivorsitzenden so ziemlich alles falsch gemacht: Er selbst bleibe auf
       dem unpopulären Posten des Gesundheitsministers, anstatt auf den FDP-Erbhof
       im Wirtschaftsressort zu wechseln. Nicht einmal seine ohnehin
       angeschlagenen Konkurrenten Rainer Brüderle und Birgit Homburger habe er
       von ihren Posten verdrängen können, um sie gegen eigene Leute
       auszutauschen. Nun, nur drei Tage vor Beginn des FDP-Bundesparteitags, fügt
       sich schließlich doch alles Röslers Plänen.
       
       Als die Bundestagsfraktion am Dienstagnachmittag zusammentrat, um ihre
       Führung vorzeitig neu zu wählen, hatte der Parteichef in spe die
       Entscheidungen bereits in Vorgesprächen eingefädelt. Eine Personalrochade
       großen Stils soll nichts Geringeres leisten, als Partei und Fraktion der
       FDP mitten in der Regierungsverantwortung eine neue Führung zu verpassen.
       
       Alle FDP-Granden sind bei diesem Jobtausch miteinander verbunden: Die
       heftig kritisierte Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger muss den Posten
       für den bisherigen Wirtschaftsminister Rainer Brüderle räumen. Für den
       65-Jährigen stimmten am Dienstag 86 Abgeordnete, zwei stimmten gegen ihn,
       zwei enthielten sich. Homburger soll zum Trost einen der drei
       Vizeparteichef-Posten erhalten. Brüderles Jobwechsel macht den Weg frei für
       Rösler, der sich vom einflussarmen, aber für die FDP symbolisch wichtigen
       Wirtschaftsressort Popularität erhofft. Röslers Nachfolger als
       Gesundheitsminister wird sein bisheriger Staatssekretär und Vertrauter
       Daniel Bahr. Dieser muss dafür, obschon Vorsitzender des größten
       FDP-Landesverbands, auf einen Posten als Parteivize verzichten. Aber als
       Bundesminister wird Bahr ohnehin Präsidiumsmitglied.
       
       Dafür soll der sächsische FDP-Chef Holger Zastrow in die Parteispitze
       rücken. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die zudem
       bayerische Landesvorsitzende ist, würde dritte Vizeparteichefin. Guido
       Westerwelle soll Außenminister bleiben, Dirk Niebel behält das Ressort für
       wirtschaftliche Zusammenarbeit.
       
       Vordergründig hat sich der als zauderhaft, ja weich gescholtene Rösler
       damit in allen Punkten durchgesetzt. Doch abseits bloßer
       Personalstreitigkeiten bleiben viele Fragen offen. Warum sollte ein
       selbstbewusster Fraktionschef Brüderle, der nicht der Kabinettsdisziplin
       unterliegt und Rösler für fehl am Platze hält, dem Parteichef das Leben
       leicht machen? Wird sich der noch immer mächtige Landesverband
       Baden-Württemberg damit abfinden, dass seine Chefin Homburger mit einem
       wenig bedeutsamen Vizeparteichef-Posten abgespeist wird? Vor allem aber
       steht die Frage im Raum: Welcher potenzielle FDP-Wähler soll der Partei die
       Behauptung abnehmen, das Ämtergeschacher bedeute so etwas wie inhaltlichen
       und personellen Wandel?
       
       Denn die Frage, wofür die FDP stehen will, bleibt unbeantwortet. Rösler,
       Bahr und Generalsekretär Christian Lindner plädieren zwar für eine Öffnung
       der Partei für Koalitionen mit SPD und Grünen, um nicht ans Schicksal der
       Union gekettet zu sein. Doch als Chef der Bundestagsfraktion verfügt
       Brüderle künftig über einen Hebel, um zu torpedieren, was er vor einigen
       Monaten verächtlich als "Säuselliberalismus" abtat.
       
       ## Probleme bleiben bestehen
       
       Damit ist der größte innerparteiliche Konflikt nicht gelöst. Allein die
       Kostüme, in denen sich die Kontrahenten gegenüberstehen, sind andere.
       Weiterhin weiß Brüderle den starken traditionellen Flügel der FDP hinter
       sich. Dieser prägt vor allem Brüderles Landesverband in Rheinland-Pfalz und
       die Baden-Württemberger. Überwiegend Männer und Bewohner von Dörfern und
       Kleinstädten, die für niedrige Unternehmen- und Einkommensteuersätze
       eintreten.
       
       Dem hat die junge Garde wenig Greifbares entgegenzusetzen. Für Rösler, Bahr
       und Lindner sprechen derzeit vor allem ihre Vernetzung in der Partei und
       ihr Alter: Die drei Mitt- und Enddreißiger werden die Partei auf absehbare
       Zeit prägen. Doch wie sie neue Parteienbündnisse ermöglichen wollen, bleibt
       unklar.
       
       Noch zu Wochenbeginn erklärte Lindner in einem Zeitungsbeitrag unter dem
       Titel "Wozu Liberalismus?", die angebliche Regulierungswut des Staates sei
       der größte Feind individueller Freiheit. Mit solchen Worten wird jeder
       FDP-Chef bei Grünen und SPD anecken. Egal, ob er Guido Westerwelle oder
       Philipp Rösler heißt.
       
       Damit ist der größte innerparteiliche Konflikt nicht gelöst. Allein die
       Kostüme, in denen sich die Kontrahenten gegenüberstehen, sind andere
       
       10 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Matthias Lohre
       
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