# taz.de -- UN-Bericht zu Lebensmittelverschwendung: 1,3 Milliarden Tonnen in den Müll
       
       > Ein Drittel aller Lebensmittel weltweit wird weggeworfen. Die Reichen
       > verschwenden, bei den Armen verdirbt es. Dabei fliegt besonders viel Obst
       > und Gemüse in den Müll.
       
 (IMG) Bild: Weiterhin wird eine Menge Essen einfach nur weggeworfen.
       
       BERLIN taz | Rund ein Drittel der weltweit produzierten Lebensmittel landet
       auf dem Müll oder geht etwa beim Transport verloren: jährlich 1,3
       Milliarden Tonnen. Das geht aus der ersten globalen Studie zum Thema
       hervor, die die UN-Ernährungsorganisation FAO am Mittwoch vorgestellt hat.
       Gleichzeitig hungern etwa eine Milliarde Menschen, und die Herstellung von
       Lebensmitteln verschlingt viele Ressourcen und setzt große Mengen
       Treibhausgase frei.
       
       Mehr als die Hälfte der globalen Getreideernte landet nicht auf dem Teller,
       sondern im Abfall, schreiben die Autoren vom Schwedischen Institut für
       Lebensmittel und Biotechnologie. Die Müllmengen sind in den
       Industrieländern - also auch in Deutschland - besonders hoch. Europäer und
       Nordamerikaner werfen demnach im Schnitt jedes Jahr 95 bis 115 Kilogramm
       pro Kopf weg. Die Menschen in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara
       und in Süd- sowie Südostasien kämen nur auf 6 bis 11 Kilogramm.
       
       So erklärt sich, dass die Verbraucher in reichen Ländern laut Untersuchung
       fast so viele Lebensmittel ungenutzt "entsorgen", wie südlich der Sahara
       überhaupt produziert werden: 222 Millionen Tonnen. Besonders hoch sei die
       Wegwerfquote bei Obst und Gemüse.
       
       ## Entwicklungsländer verschwenden genauso viel
       
       Allerdings verschwenden und verlieren die Entwicklungsländer laut FAO
       ungefähr genauso viel Lebensmittel wie die Industriestaaten, nämlich 630
       Millionen Tonnen. Das aber liege weniger an der Wegwerfmentalität, als
       vielmehr an fehlender Kühlung und schlechter Lagerung: Die Bauern in den
       armen Staaten arbeiten oft mit Erntemaschinen, die zu viel Früchte auf dem
       Feld lassen. Die Laderäume vieler Lastwagen sind undicht. Und zahlreiche
       Lager sind schlecht gegen Schädlinge gesichert. Die Autoren der Studie
       empfehlen deshalb unter anderem, mehr in die Infrastruktur von
       Entwicklungsländern zu investieren.
       
       In reicheren Staaten sehen die Wissenschaftler die größten Probleme bei
       Verbrauchern und Einzelhandel. "Große Mengen Nahrungsmittel werden
       verschwendet wegen Qualitätsstandards, die Aussehen überbetonen", schreiben
       die Forscher. Damit meinen sie: Viele deutsche Supermarktketten
       beispielsweise werfen Kohlrabi schon dann weg, wenn die Blätter etwas welk
       sind. Dabei zeigten Umfragen, dass die Konsumenten auch dieses Gemüse
       kaufen würden, solange es gesund und schmackhaft ist.
       
       Zudem rät die Untersuchung, die Einstellung der Konsumenten zu
       Lebensmitteln etwa durch Aufklärung und politische Initiativen zu ändern.
       "Verbrauchern in reichen Ländern sollte beibebracht werden, dass es
       inakzeptabel ist, ohne Not Essen wegzuwerfen." Bisher planten viele
       Menschen ihre Einkäufe nicht richtig: Sie würden deshalb Lebensmittel vor
       Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums wegwerfen. Die Forscher kritisieren
       auch Buffetangebote zum Pauschalpreis in Restaurants. Diese würden die
       Gäste dazu animieren, mehr als nötig auf die Teller zu laden.
       
       11 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Lebensmittel
       
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