# taz.de -- Ethikkommission zum Atomausstieg: Noch zehn Jahre Restrisiko
       
       > Vorab ist ein Papier der Ethikkommission bekannt geworden: 2021 soll das
       > letzte AKW vom Netz – und zwar spätestens. Den Umweltverbänden ist das
       > nicht schnell genug.
       
 (IMG) Bild: Auch die Ethikkommission will schnell abschalten: AKW Isar.
       
       BERLIN taz | Zum ersten Mal hat die Ethikkommission zur Energiewende
       konkret benannt, wann das letzte Atomkraftwerk in Deutschland vom Netz
       gehen soll: 2021. Diese Zahl steht in einem Entwurf, den die 17 Mitglieder
       der Kommission aus Kirchen, Wissenschaft, Wirtschaft und Politik –
       Atomkraftgegner wie Befürworter – eigentlich an diesem Wochenende in aller
       Ruhe debattieren wollten. Auch die Energiewirtschaft habe diese Zahl
       genannt, steht in dem 28-seitigen Text. Er liegt der taz vor.
       
       Der Bericht hat noch einen sehr vorläufigen Charakter, was den Zeitraum
       angeht. So ist die zeitliche Untergrenze für den möglichen Ausstieg noch
       völlig offen: "Im besten Fall kann der Ausstiegskorridor so verkürzt
       werden, dass das letzte Atomkraftwerk schon deutlich eher / im Jahr xxxx
       vom Netz genommen wird", heißt es in dem Papier. Bei der
       Wirtschaftswissenschaftlerin Lucia Reisch, Mitglied der Kommission, stieß
       es auf Unverständnis, dass die Rohfassung des Papiers an die Öffentlichkeit
       gelangen konnte: "Das ist eine klare Verletzung der Spielregeln", sagte sie
       der taz.
       
       Der Text behandelt umfassend die ethischen Fragen der Kernkraft und kommt
       zu einem eindeutigen Urteil: Die Nutzung der Atomkraftwerke sei "so bald zu
       beenden, wie ihre Leistung durch risikoärmere Energien ersetzt werden
       kann". Besonders für "Ewigkeitslasten" sprich Atommüll gebe es "keine
       ethische Legitimation". Zudem sollen die soeben im Zuge des
       Atom-Moratoriums der Bundesregierung stillgelegten acht AKWs nicht mehr ans
       Netz gehen. Die restlichen Anlagen sollten "schnellstmöglich" abgeschaltet
       werden, in der Reihenfolge ihres Risikos und ihrer Bedeutung für das
       Stromnetz.
       
       ## Chance, nicht Risiko
       
       An vielen Stellen wird der Atomausstieg nicht als Risiko, sondern als
       Chance bezeichnet – für mehr Arbeitsplätze. Deutschland müsse künftig nicht
       mehr seinen eigenen Energiemix infrage stellen: "Das wird sich als hoher
       Wettbewerbsvorteil in den globalen Märkten erweisen." Reisch glaubt, das
       exakte Datum des Ausstiegs sei weniger wichtig: "Entscheidend ist ein
       schneller Ausstieg, eine klare Richtungsvorgabe für die Wirtschaft und ein
       Signal der Politik, dass dies für die nächsten Jahrzehnte ein verlässlicher
       Kurs für Investitionsentscheidungen ist - und nicht übermorgen wieder
       zurückgenommen wird", sagte sie.
       
       Die Kommission spricht sich auch für den Neubau bereits genehmigter
       Kohlekraftwerke aus, um alte, mit schlechtem Wirkungsgrad, zu ersetzen. Das
       sei eine "klimapolitische Notwendigkeit".
       
       Bei der Regierung stoßen die Vorschläge auf Wohlwollen, sie macht jedoch
       auf die Konsequenzen aufmerksam. "Man kann das machen", sagte
       Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle gestern der Nachrichtenagentur
       Reuters. Das Tempo lasse sich erhöhen. "Man muss aber nach A auch B sagen."
       Dies verlange einen beschleunigten Leitungsausbau. Kanzlerin Angela Merkel
       warnte in der Zeit vor gesellschaftlichen Abwehrdebatten gegen
       Stromleitungen und den Bau von Windrädern. Die Veränderung der Landschaft
       werde übertrieben dargestellt. Bezahlbare Strompreise blieben für die Union
       zentral, Mehrkosten seien aber nicht zu vermeiden.
       
       ## Grüne und Linke wollen schneller aussteigen
       
       Umweltgruppen und die Opposition verwiesen darauf, dass die Kommission 2021
       als spätestes Datum genannt habe. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin
       sagte, der Ökostrom könnte schneller ausgebaut werden. Dafür müssten
       Bürokratie und Investitionshemmnisse beseitigt werden. Auch Eva
       Bulling-Schröter von der Linkspartei hält einen Ausstieg noch in diesem
       Jahrzehnt für möglich: "Technisch und wirtschaftlich wäre der Ausstieg
       sogar bis Ende 2014 machbar", sagte sie.
       
       Die Umweltorganisation Greenpeace warnte davor, noch zehn Jahre lang AKWs
       zu betreiben. Ein Ausstieg bis 2015 sei möglich. Der BUND erklärte: "Den
       Atomausstieg bis 2021 hinauszögern zu wollen, ist nicht akzeptabel."
       Fukushima zeige das Risiko, sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.
       
       Die Ethikkommission ist von Angela Merkel nach der Katastrophe von
       Fukushima ins Leben gerufen worden, zusammen mit einer
       Reaktorsicherheitskommission. Ihr Bericht soll am 30. Mai endgültig der
       Regierung übergeben werden.
       
       11 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
       
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