# taz.de -- Wahlkampf in Russland: Für Putin an die Front!
       
       > Der Regierungschef gründet eine neue politische Gruppe – die Allrussische
       > Volksfront. Sie soll seiner Staatspartei Vereinigtes Russland zu einer
       > Zweidrittelmehrheit verhelfen.
       
 (IMG) Bild: "Alles für die Front, alles für den Sieg!": Wladimir Putin.
       
       MOSKAU taz | Die Delegierten der Staatspartei Vereinigtes Russland (VR)
       staunten nicht schlecht, als ihr Parteivorsitzender Wladimir Putin am
       Vorabend des Tages des Sieges eine neue politische Formation aus der Taufe
       hob. Unter dem Weltkriegsbanner "Alles für die Front! Alles für den Sieg!"
       verkündete er auf dem Parteikongress die Gründung einer Allrussischen
       Volksfront (VF).
       
       Das neue Gebilde soll allen zivilgesellschaftlichen Gruppen offenstehen,
       die die Ziele der VR teilen. Frauen- und Veteranenverbände, Gewerkschaften,
       Autofahrer und Rentnervereinigungen erklärten umgehend ihre Bereitschaft,
       dem Ruf des "nationalen Liders" zu folgen. Eilfertig reihten sich auch
       kremlnahe Künstler in die Reihen der VF ein.
       
       Der Anlass zur Mobilisierung sind die Dumawahlen im Dezember und die
       Präsidentschaftswahl im kommenden März. Putin versprach den Kandidaten der
       VF auch ein Viertel der Plätze auf der Liste der Partei.
       
       Putin ist Chef der Partei und seit langem unzufrieden mit den Ergebnissen
       der "Partei der Macht". Bei den letzten Regionalwahlen erreichte die VR
       nicht mehr die 50%-Marke - trotz massiver Manipulationen. In der kritischen
       Internetgemeinde figuriert die VR inzwischen als "Partei der Betrüger und
       Diebe".
       
       Premierminister Putin hofft, dass die gesamtgesellschaftliche Mobilisierung
       dem breiten Bündnis bei den Wahlen dennoch eine Zweidrittelmehrheit
       verschafft. Vor allem soll die VF "die Konsolidierung aller Kräfte um die
       Person Putins herum und nicht im Rahmen der Partei sichern", meinte Putins
       Pressesprecher. Für die VR bedeutet dies eine Degradierung. Die
       Parlamentswahlen werden wie 2007 wieder zu einem Referendum für den
       "nationalen Lider".
       
       Mit der VF sendet der Premier auch Präsident Medwedjew ein klares Signal,
       dass dieser sich keine Hoffnung auf Amtsverlängerung zu machen braucht.
       Erhält die VF mehr als die Hälfte der Stimmen, wird Putin das Mandat
       nutzen, um als einziger Präsidentschaftskandidat der herrschenden Elite
       anzutreten.
       
       Warum der Premier die Organisation Volksfront nennt, die Phänomene in
       Krisenzeiten und meist Linksbündnisse waren, bleibt ein Rätsel. Putin ist
       ein Sowjetnostalgiker, der das kommunistische Mobilisierungsmodell gerne
       imitiert. Vielleicht ist der Grund aber auch eine Krise des
       Regierungschefs. Russland kann nicht das Motiv sein. Denn das stünde so gut
       da wie nie zuvor, behauptet Putin.
       
       12 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus-Helge Donath
       
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