# taz.de -- Französische Militärfirma in Libyen: Doppeltes Spiel mit tödlichem Ausgang
       
       > Der Gründer des privaten Militärunternehmens Secopex ist bei einer
       > Kontrolle in Bengasi getötet worden. Der Zwischenfall wirft ein
       > Schlaglicht auf ein lukratives Geschäft.
       
 (IMG) Bild: Was will Secopex hier? Check Point bei Bengasi.
       
       PARIS taz | In einem Communiqué teilte das Außenministerium in Paris
       lakonisch mit, dass in der vergangenen Woche ein Franzose bei einer
       Polizeikontrolle in Bengasi tödlich verletzt worden ist. Seine vier
       Begleiter sind dabei festgenommen worden. Der durch einen Bauchschuss
       verwundete Pierre Marziali, 47, verstarb in der Nacht darauf. Die Umstände
       und Hintergründe des Zwischenfalls blieben zunächst sehr mysteriös.
       
       In Bengasi, der Bastion des Aufstands, war schnell von "illegalen
       Aktivitäten zum Nachteil des befreiten Libyens" die Rede, danach sogar von
       "Spionage im Solde Gaddafis". Später entschuldigte sich hingegen ein
       Sprecher der Aufständischen für den unglücklichen Ausgang einer Kontrolle,
       bei der die Franzosen nicht kooperiert hätten, eine Untersuchung sei im
       Gange, erklärte Mustafa Gheriani von der libyschen Gegenregierung, dem
       Nationalen Übergangsrat (CNT).
       
       Inzwischen weiß man, dass es sich beim Todesopfer um den Gründer und Chef
       der französischen Firma Secopex handelt, die nach eigenen Angaben auf die
       "strategische und operationelle Unterstützung" von staatlichen
       Institutionen oder Unternehmen sowie den bewaffneten Schutz von Personen
       spezialisiert ist. Manche vermuten hinter dieser Beschreibung nichts
       anderes als eine Art Söldnerfirma nach dem Vorbild von Blackwater und
       anderen amerikanischen oder britischen Gesellschaften, die im Irak oder in
       Afghanistan oft an Stelle regulärer Truppen wie "Vertragssoldaten"
       eingesetzt werden.
       
       ## "Kopfgeldjäger wie im Wilden Westen"
       
       Im Fall von Secopex heißen diese "Contractors". Die meisten sind Exmilitärs
       und gut ausgebildete Mitglieder von Eliteeinheiten, die mit der Aussicht
       auf einen wesentlich höheren Sold als in den Streitkräften für
       abenteuerliche Missionen in fremden Ländern angeworben werden. Marziali,
       ein ehemaliger Unteroffizier eines französischen
       Fallschirmspringer-Regiments, prahlte angeblich damit, er könne 2.000 Mann
       mit verschiedensten Spezialitäten mobilisieren.
       
       Besonders beliebt sind solche private Trittbrettfahrer von Konflikten bei
       den Militärs aber nicht: "Man misstraut den Leuten von Secopex, weil sie
       ohne jede Ethik aus allen Futtertrögen essen. Sie arbeiten ebenso gut für
       einen blutrünstigen Herrscher wie für dessen Gegner. Hauptsache, sie werden
       bezahlt dafür", sagte gegenüber AFP ein französischer Offizier, der diese
       privaten Sicherheitsunternehmen mit "Kopfgeldgeldjägern wie im Wilden
       Westen" verglich.
       
       Einer der Auftraggeber von Secopex war laut der südfranzösischen Zeitung
       LIndépendant der kürzlich gestürzte Expräsident der Elfenbeinküste, Laurent
       Gbagbo. Marzialis Partner, Secopex-Vizepräsident Robert Dulas, brüstet sich
       damit, früher schon für den ivorischen Putschisten Robert Gueï sowie den
       zentralafrikanischen Staatschef François Bozizé gearbeitet zu haben. Er sei
       2010 vom Chef der Junta im Niger zum "bevollmächtigten Botschafter" ernannt
       worden, um die Revision der Verträge über den Abbau der Rohstoffe und
       Agrarprodukte zu überwachen.
       
       Auf der Internetseite wird in der Rubrik "Ethik" unterstrichen, dass
       Secopex "jede Einmischung in politische Konflikte und die Korruption
       jeglicher Art" ablehne und sich an die Menschenrechtserklärung, die Genfer
       Konvention und das Verbot von Söldnern durch die UNO-Konvention von 1989
       halte.
       
       ## Es ist unklar, was Secopex in Libyen vorhat
       
       Unklar ist noch, was die seit 2003 existierende Secopex in Libyen vorhatte.
       Seit rund zehn Tagen befanden sich Pierre Marziali und vier seiner
       Angestellten in Bengasi, wo sie zunächst im internationalen Hotel Tibesti
       logierten und danach eine geräumige Villa mieteten, die anscheinend als
       Basislager für weitere Mitarbeiter geplant war. Speziell diskret waren die
       fünf Franzosen laut Beobachtern nicht, da sie dem Vernehmen nach
       uniformähnliche Westen mit dem Logo ihres Unternehmens trugen.
       
       Dulas, der zuvor auch dem Regime in Tripolis die Dienste der französischen
       Firma angeboten haben soll, behauptet, Marziali habe geplant, Journalisten
       und Geschäftsleute von Kairo nach Bengasi zu eskortieren, habe aber auch
       dem CNT vorgeschlagen, bei der Ausbildung der Aufständischen behilflich zu
       sein. Gegen Bezahlung, versteht sich. Zu diesem Zweck sei Marziali ein
       Verhandlungstermin mit CNT-Vizepräsident Hafiz Ghoga in den kommenden Tagen
       eingeräumt worden. Hegte man bei CNT den Verdacht, dass er ein doppeltes
       Spiel betrieb? Dulas bestätigte laut Libération, dass Secopex beiden
       Konfliktparteien ihre Dienste angeboten hatte, dabei aber "bei beiden
       Seiten mit offenen Karten gespielt" habe.
       
       Die sichtlich in Verlegenheit gebrachten französischen Behörden haben
       bisher gesagt, dass ihnen von den Umtrieben des Unternehmens aus
       Carcassonne in Libyen nichts bekannt war. Das ist umso erstaunlicher, da in
       der Regel diese riskanten und politisch fragwürdigen Aktivitäten in
       Krisenherden vom Geheimdienst überwacht werden. Wie dies funktioniert, weiß
       einer der derzeit in Bengasi inhaftierten Secopex-Mitarbeiter nur allzu
       gut: Pierre Martinet war vor seinem Berufswechsel in die militärische
       Privatwirtschaft Agent des Militär-Geheimdiensts DGSE.
       
       17 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Krieg in Libyen: "Das ist ein Todesurteil"
       
       Ins größte Krankenhaus im libyschen Bengasi werden täglich neue Opfer von
       Vergewaltigungen gebracht. Viele sind mit Aids infiziert.
       
 (DIR) In Libyen verschollener Fotograf: Bauchschuss in der Wüste
       
       Der in Libyen verschollene Fotograf Anton Hammerl ist schon seit sechs
       Wochen tot. In die Trauer seiner Angehörigen und Freunde in Südafrika
       mischt sich Wut.
       
 (DIR) Krieg in Libyen: Nato versenkt Kriegsschiffe
       
       Die Nato attackierte die Häfen von Sirte und Tripolis, acht Kriegsschiffe
       von Gaddafis Marine wurden getroffen. Ein in Libyen vermisster
       südafrikanischer Fotograf ist vermutlich tot.
       
 (DIR) Krieg in Libyen: Frau Gaddafi könnte ausgereist sein
       
       Die Frau und die Tochter von Gaddafi sollen Libyen verlassen haben, die
       Regierung dementiert dies jedoch. Vier festgenommene ausländische
       Journalisten kamen indes wieder frei.
       
 (DIR) Krieg in Libyen: Haftantrag gegen Gaddafi
       
       Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs hat Haftbefehl gegen
       Gaddafi, dessen Sohn und den Chef des Geheimdienstes beantragt. Drei
       Offiziere haben sich abgesetzt.
       
 (DIR) Libysche Flüchtlinge in Tunesien: Die Solidarität der Nachbarn
       
       Die tunesischen Grenzstädte sind überfüllt mit Libyern. Die tunesische
       Bevölkerung hilft den Flüchtlingen – unabhängig von Religion und Herkunft.
       
 (DIR) Libysche Rebellen und Islamismus: Al-Qaida interessiert keinen
       
       Übergelaufene Soldaten, Ex-Sträflinge, normale Bürger. Sie alle machen bei
       den Rebellen mit. Und auch die Islamisten dürfen gegen Gaddafi mitkämpfen.
       Mehr nicht.
       
 (DIR) Krieg in Libyen: Gaddafis Machtbasis schrumpft
       
       Die Rebellen sollen nahe Misurata Bodengewinne zu verzeichnen haben. Der
       libysche Konsul in Kairo tritt zurück. Nach der EU will auch Deutschland in
       Bengasi ein Büro eröffnen.
       
 (DIR) Krieg in Libyen: Rebellen erobern Flughafen
       
       Den Rebellen soll es gelungen sein, den Flughafen der umkämpften Stadt
       Misurata einzunehmen. Die EU kündigt an, ein Büro in der libyschen Stadt
       Bengasi einrichten zu wollen.