# taz.de -- Kommentar Haftantrag gegen Gaddafi: Irrelevante Geste aus Den Haag
       
       > Der Haftantrag des Chefanklägers vom IStGH Luis Moreno-Ocampo gegen
       > Gaddafi ist vor allem politische Ästhetik. Dass daraus nichts werden
       > dürfte, zeigen andere Fälle.
       
       Wenn Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) etwas in Libyen begrüßt,
       muss daran etwas faul sein. Der Haftbefehl, den Luis Moreno-Ocampo als
       Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag jetzt gegen
       den libyschen Machthaber Muammar al-Gaddafi beantragt hat, ist denn auch
       vor allem als politische Ästhetik zu werten: wunderschön anzusehen,
       unmöglich umzusetzen, praktisch irrelevant. Damit haben alle Seiten ihr
       Gesicht gewahrt, der libysche Krieg kann weitergehen.
       
       Knapp drei Jahre ist es her, da beantragte Moreno-Ocampo Haftbefehl gegen
       Omar al-Bashir, Präsident von Libyens Nachbarland Sudan. Bashir ist
       bekanntlich bis heute im Amt, sogar gestärkt durch Wahlen unter den Augen
       der größten UN-Mission der Welt. Immer wieder fährt der Sudanese zum
       Staatsbesuch in andere Länder Afrikas.
       
       Die politische Klasse des Kontinents beklagt, der Strafgerichtshof würde
       ausschließlich gegen Afrikaner vorgehen, und steht am Rande eines
       förmlichen Rückzugs aus der Zusammenarbeit mit dem Weltgericht. An
       vorderster Front dieser Kampagne: Gaddafi. Er wird nicht zögern, dies
       seinen afrikanischen Kollegen jetzt erneut einzuhämmern.
       
       Dem libyschen Terrorherrscher droht einiges, aber eine Zelle in
       Scheveningen gehört derzeit noch nicht dazu. Zunächst einmal ist der Antrag
       des Anklägers auf einen Haftbefehl zu unterscheiden vom richterlichen
       Haftbefehl selbst. Im Falle Bashir dauerte der Schritt zum förmlichen
       Haftbefehl nach Beantragung rund acht Monate.
       
       So viel Zeit hat das libysche Volk nicht mehr. Für die Vollstreckung wären
       dann die libyschen Behörden zuständig. Dass sie Gaddafi verhaften, ist
       unwahrscheinlich, außer die Revolutionäre haben inzwischen die Macht
       übernommen, Gaddafi ist am Leben geblieben und nicht im Rahmen einer
       politischen Lösung mit der Zusicherung auf Straffreiheit dazu überredet
       worden, das libysche Gegenstück einer unbewohnten Insel aufzusuchen.
       Haftbefehle aus Den Haag, das zeigt die kurze Geschichte des
       Internationalen Strafgerichtshofs, werden immer nur dann vollstreckt, wenn
       man sie nicht vorher ankündigt.
       
       Für Libyen bleibt alles gleich. Eine andere Lösung der Krise als der Sieg
       der Freiheitskämpfer ist nicht denkbar. Wie diese Lösung zu erreichen ist -
       dazu sagt Moreno-Ocampo nichts. Kann er auch nicht. Er ist nicht am Zug.
       
       16 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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