# taz.de -- Förderung von Hartz IV-Empfängern: Die letzte Auffangstation
       
       > In Hamburg erhalten jugendliche 1-Euro-Jobber die Chance, den
       > Hauptschulabschluss nachzuholen. Doch das Projekt "JobKontor" ist von
       > Kürzungen bedroht.
       
 (IMG) Bild: Nicht nur beim JobKontor leuchtet der Alarmknopf wegen drohender Kürzungen.
       
       Melanie (19), Marcus (21) und Andreas (23) nehmen mit Lehrerin Merle König
       alle Formen des Hilfsverbs "sein" durch. Sie üben für den
       Hauptschulabschluss. Im "Haus der Familie" in Hamburg-St. Pauli geht es um
       die Zukunft. "Ich habe hier die letzte Chance, meinen Abschluss zu machen",
       sagt Andreas. Marcus sagt: "Ich hatte viel mit Drogen zu tun". Beim zweiten
       Anlauf sei ihm ein Entzug gelungen. Auch Melanie berichtet von solchen
       Erfahrungen.
       
       Das Projekt JobKontor der "Jugendsozialarbeit Schanzenviertel" bietet den
       Jugendlichen eine Chance. An vier Tagen arbeiten sie für 1 Euro die Stunde
       in Arbeitsgelegenheiten (AGH). Marcus und Andreas bauen Spielgeräte in der
       Holzwerkstatt. Das Schleifen sei "nicht so der Hit", sagt Andreas. "Aber es
       gibt ab und zu mal Smalltalk. Das passt schon." Melanie hilft in einer
       Schulküche. Vom Putzen ist sie nicht begeistert. Aber es sei schön, in den
       Pausen die Kinder zu erleben. Und dreimal in der Woche haben sie drei
       Stunden Schule, Mathe, Deutsch, Englisch. Wenn die Lehrer sagen, dass sie
       so weit sind, melden sie sich zur Prüfung an. Melanie reicht die Mappe mit
       den Anforderungen. Volumen und Oberflächen berechnen, steht bei Mathe.
       
       Das mit dem Flächenumfang habe er locker verstanden, sagt Marcus. "Ich bin
       ein Typ, der schnell lernt." Was er mal werden will? "Etwas in der
       Wissenschaft, Astronomie oder Chemie." Die anderen schütteln den Kopf. "Na
       ja, was Soziales sonst, Erzieher oder Psychologe", sagt er. "Ich will den
       Menschen helfen."
       
       "Würde ich nicht machen, da quälst du dich nur", rät Melanie ab. Aber auch
       sie liebäugelt mit dem Erzieherberuf. Andreas' Wünsche klingen bescheiden.
       Schon als Jugendlicher habe er die Feuerwehr geliebt. "Etwas in der
       Sicherheitsbranche" würde er gern machen. Aber dafür brauche er einen
       speziellen Schein, der 800 Euro koste und den die Hartz-IV-Behörde nicht
       zahlt.
       
       Die drei haben schon viele Maßnahmen erlebt. Es habe zwar nichts gebracht,
       aber Pflicht sei das Berufsgrundbildungsjahr (BVJ). "Da waren genauso die
       Chaoten in der Klasse", sagt Andreas. Danach habe er "viel rumgehangen",
       bis die Arge 30 Prozent des Hartz-IV-Satzes kürzte. "Aber das war mir egal.
       Ich wusste nicht, was die Arge von mir will." Er kam für zwei Jahre in ein
       anderes Jobberprojekt. "Menschlich" habe er da "viel gelernt", aber eben
       keinen Abschluss machen können. Nun hat die Arge seinem Wunsch entsprochen,
       in einer Kleingruppe dafür lernen zu können. Alle drei wirken so, als
       schafften sie das auch.
       
       Sorge bereiten Projektleiter Thomas Humbert die, die nicht da sind. Die
       Mitarbeiter telefonieren hinterher. "Viele Jugendliche haben keine
       Struktur", sagt Humbert. Sie kämen aus Familien, in denen "immer Vater oder
       Mutter fehlt". Das JobKontor mische AGH mit Sozialarbeit, sagt Humbert.
       "Wir kriegen die, die sonst überall rausfliegen." Die Arge schätzt den
       Träger, schickt viele junge Leute. Zurzeit hat Humbert 47 Jugendliche auf
       39 Plätzen.
       
       Doch es drohen massive Kürzungen. Das Gesetz zur Arbeitsmarktreform sieht
       vor, bei 1-Euro-Jobs Bildungsträgern wie dem JobKontor künftig nur noch 150
       Euro statt 500 Euro monatliche Betreuungskosten pro Jugendlichem zur
       Verfügung zu stellen. Humbert weiß jetzt schon nicht, wie es ab Juli
       weitergeht. Denn bereits seit Jahresbeginn wurde klar, dass der Etat
       gekürzt wird, wahrscheinlich um 10 Prozent. Wird jetzt noch mehr
       eingespart, müsste nicht nur die Holzwerkstatt schließen, sondern alle
       1-Euro-Job-Projekte in Hamburg stünden vor dem Aus.
       
       25 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
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