# taz.de -- Protest in Saudi-Arabien: Frau am Steuer landet im Knast
       
       > Die Aktivistin Manal al-Scharif hat eine Kampagne gegen das Fahrverbot
       > für Frauen gestartet. Trotz vieler UnterstützerInnen wurde sie verhaftet.
       
 (IMG) Bild: Dürfen nur mitfahren: Frauen in Riad.
       
       RIAD taz | In den US-Medien wird sie mit Rosa Parks verglichen, der
       schwarzen Frau, die ihren Platz im Schulbus nicht hergeben wollte und so
       eine wichtige Rolle beim Beginn der Bürgerrechtsbewegung spielte. In
       Saudi-Arabien ist sie für die meisten ein Publicity-hungriges Mannweib. Die
       Rede ist von Manal al-Scharif (32), die seit dem Wochenende in einem
       Gefängnis in der saudischen Stadt Dammam sitzt, weil sie Auto gefahren ist.
       
       Zwar gibt es in Saudi-Arabien kein Gesetz, das Frauen das Fahren verbietet,
       sondern nur Fatwas islamischer Geistlicher. Die aber werden angewandt.
       Zudem wird Frauen kein Führerschein ausgestellt. Scharif jedoch hat eine
       internationale Fahrerlaubnis. Deshalb wurde sie beim ersten Mal auch von
       der religiösen Polizei verhaftet und nicht von der Verkehrspolizei.
       
       Aber Scharifs eigentliches Vergehen war wohl weniger das Steuern eines
       Wagens, sondern, dass sie darüber geredet hat. Zusammen mit der ehemaligen
       Zeitungskolumnistin und wohl bekanntesten saudischen Frauenrechtlerin
       Wajiha Huwaider hatte sie Anfang Mai eine [1][Facebook-Kampagne]
       [2][http://www.facebook.com/pages/Manal-Al-Sharif/229320297082443]losgetret
       en. Sie forderte saudische Frauen auf, am 17. Juni landesweit gegen das
       De-facto-Fahrverbot zu verstoßen.
       
       Solche offenen Briefe an den König und Internet-Kampagnen, Frauen das
       Fahren zu erlauben, gibt es jedes Jahr ein paar Mal. Diese jedoch gewann
       schnell an Fahrt. Scharif stellte ein [3][Video von sich am Steuer] ins
       Internet, und die Kampagne gewann 12. 000 UnterstützerInnen auf der
       Facebook-Seite.
       
       ## Angeklagt wegen Aufwiegelung
       
       Am vergangenen Sonntag wurde Scharif zum zweiten Mal verhaftet. Diesmal von
       der regulären Polizei. Laut ihrem Anwalt ist sie angeklagt, die
       Öffentlichkeit aufgewiegelt und das Ansehen Saudi-Arabiens im Ausland
       beschädigt zu haben.
       
       Scharifs Kampagne stellt die alltäglichen Probleme von Frauen in den
       Vordergrund, einen Fahrer beschäftigen oder Taxis bezahlen zu müssen.
       Öffentliche Verkehrsmittel sind in Saudi-Arabien kaum vorhanden.
       
       Dass Frauen nicht fahren dürfen, ist ein zentrales Moment ihrer
       Unterdrückung und ein wichtiges Thema für die Religiös-Konservativen. Um zu
       reisen, zu arbeiten oder Regierungsgebäude zu betreten, brauchen
       verheiratete Frauen die Erlaubnis ihres Mannes, ledige die ihres Vaters
       oder älteren Bruders.
       
       Folglich ist die öffentliche Meinung im wahhabitisch-konservativen Saudi
       Arabien fast einheitlich gegen Scharif. "Sie wollte doch nur Aufmerksamkeit
       auf sich ziehen", sagt der Ladenbesitzer Abdullelah al-Sayafi. Und der
       Student Faisal al-Oteibi: "Selbst meine Schwester sagt, unsere Frauen
       wollen gar nicht fahren."
       
       ## Journalist mit Steinen beworfen
       
       Einige saudische Zeitungen haben zu Beginn der Kampagne über eine Frau
       berichtet, die gefahren sei, ohne Probleme zu bekommen. "Ist die
       Gesellschaft in Ablehnung ausgebrochen?", fragte die Arab News und
       antwortete, es sei eine "banale Erfahrung" gewesen. Was das Blatt jedoch
       nicht erwähnte, ist, dass diese Frau sich nicht als solche zu erkennen gab.
       Der saudische Journalist Saad al-Salim hat es in Riad ausprobiert - mit
       Abaya und Niqab, den schwarzen Integral-Tüchern, die einen sofort als Frau
       erkennbar machen. Er wurde mit Steinen beworfen, beschimpft und fast von
       der Straße gedrängt.
       
       König Abdullah und der Außenminister Prinz Saud, die als Reformer in der
       Königsfamilie gelten, haben sich öfter öffentlich gegen das Fahrverbot für
       Frauen ausgesprochen. "Für uns ist das kein politisches, es ist ein
       soziales Thema. Wir glauben, das sollen die Familien entscheiden", sagte
       Prinz Saud 2007 dem britischen TV-Sender Channel 4.
       
       Obwohl am Mittwoch fast eintausend Aktivisten beiderlei Geschlechts einen
       offenen Brief an König Abdullah unterzeichnet haben, Scharif freizulassen,
       gilt es als ausgeschlossen, dass die Königsfamilie ihren Fall zum Anlass
       nimmt, das De-facto-Fahrverbot infrage zu stellen. Sie hat es vor allem dem
       Einfluss der islamischen Geistlichen zu verdanken, dass es zu keinen
       politischen Protesten in Saudi-Arabien kam. Daher wird die Königsfamilie
       die Geistlichen in einer für sie so wichtigen Frage wie dem Fahrverbot
       nicht enttäuschen.
       
       26 May 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.facebook.com/pages/Manal-Al-Sharif/229320297082443
 (DIR) [2] http://www.facebook.com/pages/Manal-Al-Sharif/229320297082443
 (DIR) [3] http://www.youtube.com/watch?v=opZDtyec4u0
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Böhm
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Saudi-Arabien
       
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