# taz.de -- Institutsgründung an Berliner Unis: Wissen von der Deutschen Bank
       
       > Die Privatwirtschaft soll Verantwortung an den Unis übernehmen, fordert
       > die Bundesregierung. Wie weit die inzwischen reicht, zeigt ein bislang
       > geheimer Vertrag.
       
 (IMG) Bild: Wissen ist Macht - hinter Stahl und Glas: Die Deutsche-Bank-Zentrale in Frankfurt.
       
       BERLIN taz | Mitsprache in der Lehrkonzeption, Lehraufträge für
       Bankmitarbeiter, Vetorecht bei der Veröffentlichung von
       Forschungsergebnissen, gesonderte Werberechte an der Uni. Mit einem
       exklusiven "Sponsoren- und Kooperationsvertrag" hat die Deutsche Bank sich
       an zwei Berliner Universitäten weitreichende Mitspracherechte zusichern
       lassen. Das belegt ein Vertrag, den der Berliner Politikwissenschaftler
       Peter Grottian am Donnerstag veröffentlichte.
       
       In dem 2006 formulierten Kooperationsvertrag einigte sich die Deutsche Bank
       mit der Humboldt Universität (HU) und der Technischen Universität Berlin
       (TU) darauf, gemeinsam ein Institut für Angewandte Finanzmathematik zu
       gründen, das Quantitative Products Laboratory.
       
       Besonders an der Vereinbarung sind die umfassenden Mitwirkungsrechte, die
       sich die Bank zusichern lässt. So heißt es: "Alle Forschungsergebnisse der
       Universitäten oder ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die im Rahmen
       der zwischen den Vertragspartnern abgestimmten Forschungsprojekte
       entstehen, sind der Deutschen Bank […] zur Freigabe vorzulegen." Kenntlich
       machen will sie ihren Einfluss ungern: "Die namentliche Erwähnung der
       Deutschen Bank in einer Veröffentlichung ist in jedem Fall nur mit
       vorheriger schriftlicher Zustimmung der Deutschen Bank zulässig."
       
       Auch auf die Lehre sichert sich die Bank Einfluss: Bankmitarbeiter sollen
       "Lehraufträge erhalten und zu Prüfungen herangezogen werden können" -
       "soweit die Interessen der Deutschen Bank nicht beeinträchtigt werden".
       
       Neben Mitspracherechten bei der Ausrichtung und Besetzung zweier
       Professuren erhielt die Bank das Recht zu Unternehmenspräsentationen,
       Kontaktveranstaltungen und der Verteilung von Infomaterialien durch die
       hochschuleigene Hauspost. Über die "Erfolge der durchgeführten
       Personalmarketingaktivitäten" war jährlich Bericht zu erstatten. Mindestens
       3 Millionen Euro ließ sich die Bank all dies pro Jahr kosten.
       
       ## "Ein Dokument ungeschminkter Dreistigkeit"
       
       Eine Sprecherin der HU teilte am Donnerstag mit, das seit 2007 laufende
       Projekt solle im Juni auslaufen. Gründe nannte sie nicht. Weitere
       Stellungnahmen waren bis Redaktionsschluss von keiner beteiligten Stelle zu
       erhalten.
       
       Der nun öffentliche Vertrag ist von Relevanz, weil er auf drastische Weise
       zeigt, wie umfassend Mitwirkungsrechte von Unternehmen an Unis inzwischen
       sind. Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) hat immer wieder gefordert,
       dass Unternehmen sich engagierter in die Finanzierung der Wissenschaft
       einbringen sollen.
       
       Der Berliner Politologieprofessor und kapitalismuskritische
       Deutsche-Bank-Aktionär Peter Grottian bezeichnete den Vertrag "als Dokument
       ungeschminkter Dreistigkeit". Ein Sprecher des Deutschen Hochschulverbands
       sagte: "Transparenz ist das oberste Gebot der Wissenschaften. Die Freiheit
       von Forschung und Lehre muss auch bei Stiftungsprofessuren immer gewahrt
       bleiben."
       
       26 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
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