# taz.de -- Der Journalist Claudius Seidl über das ZDF: "Ich dachte, ZDF sei ein Kulturkanal"
       
       > "FAS"-Feuilletonist Claudius Seidl über seine Kandidatur als
       > ZDF-Intendant, Selbstreflexion des öffentlich-rechtlichen Fernsehens und
       > Strukturfehler der Spartenkanäle.
       
 (IMG) Bild: Kultur wird beim ZDF auf Sonderkanäle abgeschoben: wie etwa diese Aufzeichnung von Schlingensiefs "Via Intolleranza II" (Donnerstag, 20.45 Uhr, ZDFKultur).
       
       taz: Herr Seidl, vor drei Wochen haben Sie sich mit einem
       [1][Bewerbungsschreiben] in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung für
       die ZDF-Intendanz ins Gespräch gebracht. Sie bleiben bei Ihrer Kandidatur? 
       
       Claudius Seidl: Selbstverständlich. Warum sollte ich zurückziehen? Es wird
       eher immer notwendiger.
       
       Die Reaktionen aus den Medien waren zahlreich, bei Facebook zählt Ihre
       [2][//www.facebook.com/pages/Claudius-Seidl-als-ZDF-Intendant/2094715124174
       54?sk=wall:Unterstützerseite] mittlerweile fast 2.400 Fans. Hat Sie die
       große Resonanz auf Ihre Bewerbung überrascht? 
       
       Die hat mich tatsächlich überrascht. Der Artikel war durchaus ernstgemeint
       in seinem argumentativen Kern, aber in der Form der Glosse und nicht als
       bedeutender Leitartikel. Erst kamen positive Reaktionen aus dem Bekannten-
       und Freundeskreis, später habe ich über die Kolumne vom Georg Diez bei
       Spiegel Online von der Facebook-Gruppe erfahren.
       
       Erst habe ich mich ein bisschen geziert, dann aber gedacht: Dann nehmen wir
       den ernsten Kern tatsächlich ein bisschen ernst. Und betreiben es mit einer
       gewissen Aggressivität.
       
       Was würden sie denn besser machen als der designierte Kandidat Thomas
       Bellut? 
       
       Es scheint mir die Aufgabe des nächsten ZDF-Intendanten zu sein, weniger im
       Dienst des Apparats als im Dienste des Gebührenzahlers und des Zuschauers
       zu stehen. Das öffentlich-rechtliche System ist scheinbar unfähig geworden
       sich selber zu betrachten und sich selber in Frage zu stellen.
       Qualitätsdebatten lassen sich leicht vom Apparat zurückweisen mit der
       Argumentation, man müsse etwas für die große Mehrheit tun.
       
       Dabei braucht es Qualitäts- und Geschmackskriterien gar nicht, sondern die
       Frage, was gibt es auch umsonst, scheint mir evident zu sein. Warum ich
       jetzt für die Champions League zahlen muss, kann mir keiner erklären. Die
       tägliche Telenovelas gibt es auch bei den Privaten, dafür muss ich dem Volk
       nicht Gebühren abnehmen. Es gibt die Öffentlich-Rechtlichen dafür, dass sie
       ein Programm machen, was sich allein unter Marktbedingungen –
       werbefinanziert – nicht machen lässt.
       
       Über ihren Konkurrenten Thomas Bellut heißt es, dass er die Verjüngung des
       Programms massiv vorantreiben wird. Der neue Digitalkanal ZDF.Kultur lässt
       auf allerhand kommende Innovationen hoffen. Eigentlich müssten sie diese
       Aspekte doch befürworten können? 
       
       Wieso eigentlich ein ZDF-Kulturkanal? Ich dachte, das ZDF sei ein
       Kulturkanal. Mein Vorgänger (Markus Schächter, amtierender Intendant, Anm.
       der Redaktion) hat zum Start des Kulturkanals gesagt, hier würden endlich
       Pop- und Hochkultur versöhnt. Das zeigt endgültig, dass das ZDF ein
       Seniorensender ist. Nur sehr alte Leute können sich daran erinnern, dass
       die mal im Streit miteinander lagen.
       
       Gerade das Programm, das den öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllt auf
       abgelegene Spartenkanäle auszulagern, scheint mir einer der Grundfehler zu
       sein. Seit es Arte gibt, kommt Frankreich im Hauptprogramm nicht mehr vor.
       Nichts war so schlecht für das deutsch-französische Verhältnis wie die
       Gründung von Arte. Nichts war so schlecht für die Durchsetzung guter
       amerikanischer Serien wie die Gründung von ZDFneo.
       
       Darin scheint mir ein Kernproblem zu liegen, dass man die Spartenkanäle als
       Legitimation dafür nutzt, das eigentliche Hauptprogramm verludern und
       verkommen zu lassen.
       
       Womit erklären sie sich, dass die gebührenzahlende Bevölkerung so wenig
       Interesse daran hat, was auf öffentlich-rechtlicher Seite passiert? 
       
       Einerseits ist das ein Kennzeichen der Irrelevanz in welche sich das
       Fernsehen selber hineinbugsiert hat. Für meine politische Willensbildung
       sind ARD und ZDF nicht wichtig genug. Andererseits brauchen die Leute einen
       Weckruf. In der Gesellschaft halt gerade wieder ein gewisser Common sense
       Einzug, nach dem Motto: deligiere nicht, was du selbst erledigen kann. Und
       das davon gerade das öffentlich-rechtliche System ausgenommen wird, wäre
       ein Anachronismus.
       
       2 Jun 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.faz.net/artikel/C30280/bewerbungsschreiben-ich-bin-dieser-gegenkandidat-30336964.html
 (DIR) [2] http://https
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Scheper
       
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