# taz.de -- EHEC-Folgen in Berlin-Brandenburg: Saure-Gurken-Zeit für Bauern
       
       > Die Kunden in Berlin kaufen weniger Salat, Tomaten und grüne Gurken. Die
       > Leidtragenden sind die Bauern: Brandenburger Gemüse wird tonnenweise
       > vernichtet.
       
 (IMG) Bild: Ungeliebte Gurke: Auf den Wochenmärkten will sie keiner haben.
       
       Die Leute kaufen Gurken. Tütenweise, kistenweise. An den Ständen des
       Wochenmarkts am Neuköllner Maybachufer stehen sie Schlange. Ein älterer
       Herr füllt sich fünf Kilo Mini-Gurken in seinen Stoffbeutel. "Nur zum
       Einkochen", sagt er und kramt umständlich nach der Geldbörse. Die
       Salatgurken liegen auf der Gemüsetheke gleich nebenan: frisch aus Italien,
       für 99 Cent das Stück. "Die koof ick aber nich", sagt der Rentner.
       
       Ein Händler bestätigt die Zurückhaltung der Kunden: Der Absatz von
       Salatgurken, Tomaten und Salaten, neuerdings auch von Sprossen, sei seit
       den Ehec-Warnungen absolut zum Erliegen gekommen. Er nehme gar nichts mehr
       mit zum Markt. Doch während die Wochenhändler und Gemüseläden die Wahl
       haben, was sie im Großhandel einkaufen, bleiben die Erzeuger auf ihrem
       Ertrag sitzen. Rund 35 Brandenburger Gartenbauern sind nach Angaben des
       Landesverbands Gartenbau betroffen.
       
       Seit Anfang Mai trüben der Ehec-Skandal und die Verzehrwarnungen diverser
       Politiker und Institute den Gemüsegenuss. In Berlin gibt es laut
       Senatsgesundheitsverwaltung bislang 32 Menschen, bei denen der Darmkeim
       diagnostiziert wurde. Weitere 14 leiden unter einer lebensbedrohlichen
       Folgeerkrankung, dem hämolytisch-urämischen Syndrom, kurz HUS. In
       Brandenburg gibt es bisher 12 Patienten mit Verdacht auf Ehec, vier von
       ihnen werden wegen HUS behandelt. Die Quelle der Krankheitswelle ist
       weiterhin unbekannt. Zuletzt standen Sprossen von einem niedersächsischen
       Biohof unter Verdacht. Die Bundesbehörden warnen zudem seit Wochen vor dem
       Verzehr von rohem Gemüse im Allgemeinen und Salat, Tomate und Gurken im
       Besonderen.
       
       ## Immenser Schaden
       
       In Brandenburg wächst zwar vor allem Spargel auf den Gemüsefeldern. Für die
       rund 35 Bauern, die Salat, Gurken und Tomaten anbauen, sei der
       wirtschaftliche Schaden aber immens, sagt Andreas Jende, Geschäftsführer
       des Brandenburger Gartenbauverbands.
       
       Ein Brandenburger Erzeuger und Vermarkter habe in der letzten Woche 250
       Tonnen Tomaten vernichten müssen. Der größte Salatbauer der Region habe
       Salat im Wert von 100.000 Euro gar nicht mehr abgeerntet, sondern einfach
       untergepflügt, um wenigstens die Erntekosten einzusparen.
       
       Sein Verband habe inzwischen Fragebogen an alle Gemüsebauern verschickt, um
       die Verluste genau zu beziffern, sagte Jende der taz. Doch auch wenn die
       Bauern nun von der EU einen Teil ihrer Verluste ersetzt bekommen sollen -
       der Vertrauensverlust in ein Lebensmittel, das immer als besonders gesund
       galt, sei gewaltig.
       
       Von der Verunsicherung der Kunden sind auch Brandenburgs Biobauern
       betroffen. "In den letzten Jahren haben wir immer von den
       Lebensmittelskandalen profitiert. Jetzt sitzen wir mit im Boot", sagt Bert
       Wolbrink, Gärtner vom Ökodorf Brodowin. Auf den eigenen Feldern wächst seit
       Mitte der Neunziger Biogemüse, der Hof beliefert unter anderem die
       LPG-Märkte in Berlin. Vor zwei Wochen habe die Salaternte begonnen, sagt
       Gärtner Wolbrink - Wochen nach dem ersten Ehec-Fall. Der Verkauf über den
       Großhandel sei trotzdem um zwei Drittel eingebrochen. Und das, obwohl alle
       Salatproben, die der Großhändler auf Ehec habe testen lassen, negativ
       seien.
       
       Doch das Ökodorf hat Glück: Einen Teil seiner Einnahmen bestreitet es aus
       dem Direktverkauf sogenannter Abokisten an Privatkunden. "Im Laden
       entscheiden die Leute spontan, welches Gemüse sie kaufen und lassen sich da
       eher von der Angst leiten", so Wolbrink. Aber bei den Abokisten sei
       standardmäßig Salat dabei, die Kunden müssten ihn extra abbestellen. "Das
       haben weniger als zehn Prozent gemacht."
       
       Im Übrigen ist man auf dem Ökohof zuversichtlich, dass die ganze Hektik in
       vier Wochen vorbei sei. "Erst dann beginnt nämlich unsere Hauptverkaufszeit
       für Tomaten, Gurken und Salat."
       
       7 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Manuela Heim
       
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