# taz.de -- Korruption in Lettland: Oligarchen auf den Scheiterhaufen
       
       > Tausende demonstrieren in Riga gegen Vetternwirtschaft. Und gegen den neu
       > gewählten Staatspräsidenten Andris Berzins. Er gilt als Mann der
       > Oligarchen.
       
 (IMG) Bild: Protestaktion gegen Oligarchen am 8. Juni in Riga.
       
       STOCKHOLM taz | Die Veranstalter hatten mit 200 TeilnehmerInnen gerechnet.
       Doch dann wurden es nach Polizeiangaben 6.000, nach Angaben der
       Organisatoren sogar 8.000, die sich am Mittwoch am Ufer der Düna in
       Lettlands Hauptstadt Riga zum "Oligarhu kapusvetki" versammelt hatten:
       einem symbolischen Scheiterhaufen für die Oligarchen. Mit diesem wollten
       sie gegen die Korruption und die Wahl eines neuen Staatspräsidenten
       demonstrieren, der als "Mann der Oligarchen" gilt.
       
       Das Thema Korruption hat es auf der lettischen Tagesordnung mal wieder nach
       ganz oben geschafft. Dafür verantwortlich ist der noch amtierende
       Staatschef Valdis Zatlers, der Ende Mai eine Volksabstimmung mit dem Ziel
       einer Auflösung des Parlaments angesetzt hatte. Die wird am 23. Juli
       stattfinden. Seine Begründung: Er wolle der weitverbreiteten Korruption an
       den Kragen, da diese zu einer schweren Krise zwischen gesetzgebender und
       rechtsprechender Gewalt geführt habe. Zwei Tage vorher hatte das Parlament
       die Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Ainars Slesers und damit eine
       von der Antikorruptionsbehörde beantragte Hausdurchsuchung bei diesem
       blockiert.
       
       Slesers ist Geschäftsmann und gilt neben Andris Skele und Aivars Lembergs
       als einer der drei Oligarchen, die weite Teile nicht nur der lettischen
       Wirtschaft beherrschen. Sie hatten sich in den Privatisierungszeiten der
       1990er Jahre die Sahnestückchen in den Bereichen Lebensmittelproduktion,
       Handel und Transport gesichert. Seither üben sie auch eine entscheidende
       Kontrolle über das politische Leben aus und kontrollieren nahezu alle
       lettischen Printmedien.
       
       2002 war eine spezielle Antikorruptionsbehörde (Knab) gegründet worden,
       nachdem Brüssel die Korruptionsbekämpfung zu einer Voraussetzung für eine
       EU-Mitgliedschaft des Landes gemacht hatte. Sehr effektiv war die
       Knab-Arbeit bisher nicht. Auch weil die, die von ihr überwacht werden
       sollten, darauf achteten, dass Knab nicht zu viel Macht bekam und nicht
       unabhängig arbeiten durfte.
       
       ## 40 Hausdurchsuchungen
       
       Vor einigen Wochen änderte sich das. Knab schien wirklich gegen die
       Oligarchen vorgehen zu wollen: Es gab fast 40 Hausdurchsuchungen in
       Geschäftsräumen von Lembergs und Skeles Firmen. Auch Slesers Haus sollte
       unter die Lupe genommen werden. Das Parlament stoppte das Vorhaben - für
       Zatlers ein Beweis für dessen Handlungsunfähigkeit gegen Korruption.
       
       Die geplante Auflösung ist umstritten. Es gab spontane
       Pro-Zatlers-Demonstrationen und Zweifel wie die von Juris Rozenvalds,
       Staatswissenschaftler an der Universität Riga: Ob es wirklich nur der Wille
       zur Korruptionsbekämpfung gewesen sei, die den Präsidenten zu seinem
       Schritt veranlasst habe und nicht auch eine gehörige Portion Eigennutz.
       Zatlers agierte wenige Tage vor Ablauf seiner Amtszeit und angesichts einer
       unsicheren Wiederwahl. In Lettland wird erwartet, dass er bei
       Parlamentsneuwahlen in einer führenden politischen Rolle oder mit einer
       eigenen Partei antreten könnte.
       
       Bei der Präsidentenwahl im Parlament am 2. Juni unterlag Zatlers seinem
       Gegenkandidaten Andris Berzins - einem Exbanker, der von der zur Regierung
       gehörenden Grünen/Bauernpartei nominiert worden war. Sie hat den Ruf, an
       der Leine des Oligarchen Lembergs zu liegen.
       
       Berzins wehrt sich gegen Beschuldigungen, nur eine Marionette der
       Oligarchen zu sein. Was er noch beweisen müsste: Laut einer aktuellen
       Umfrage lehnen 51 Prozent seine Wahl ab. Nur 8 Prozent begrüßen sie.
       
       9 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reinhard Wolff
       
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