# taz.de -- Semantische Suche im Netz: "Dumm wie Google" war gestern
> "Casablanca" bringt bei der Google-Suche Millionen Ergebnisse. Ist die
> Stadt gemeint oder der Film? Suchmaschinen sind dumm und schnell.
> Schema.org will das ändern.
(IMG) Bild: Was Google über Casablanca weiß, ist viel und nichts zugleich.
6.500 Einzelsprachen so zu verstehen, dass noch die dümmsten Maschinen sie
in all ihren Sätzen, Wörtern, Bedeutungen nicht nur erfassen, sondern auch
verarbeiten können - das ist ein komplexer Vorgang, an dem große Teile des
Internets inklusive fast aller Suchmaschinen bisher gescheitert sind.
Wem schon der gerade gelesene Satz zu komplex erscheint, dem sei es
einfacher ausgedrückt: Erstmal geht es um "Teekesselchen". Wörter haben oft
mehrere Bedeutungen. Einige kennen den "Kanal" als künstliche Wasserstraße,
andere kennen ihn vom Zappen am Fernsehgerät. Die Waage kann zum Erfassen
des Gewichts nützlich sein oder zur Orientierung auf der Horoskopseite
einer Zeitung. Casablanca ist eine Stadt und ein Film zugleich.
Wo Menschen mit der Zeit zu unterscheiden lernen, lernen dies Suchmaschinen
von selbst nicht. Nach einer entsprechenden Eingabe listen sie dumpf
hintereinander weg alles auf, was sie zum Thema finden können. "Dumm wie
Google", könnte man sagen, "doof wie Yahoo" oder "blöd wie Bing".
Damit das nicht so bleibt, haben sich nun Google, Yahoo und die zu
Microsoft gehörende Suchmaschine Bing zusammengetan, um der Suche im Netz
mehr Verständnis zu verpassen. Man spricht dabei auch von einer
"semantischen Suche". Das Ergebnis heißt [1][Schema.org]. Wer die Webseite
einmal besucht, sich ein wenig in die Unterstrukturen hereinklickt und
weder Vorkenntnisse im Programmieren noch im Bereich des semantischen Webs
hat, wird sich überfordert und gelangweilt wieder abwenden.
## Neue Standards
Doch was hier entstehen könnte, hat das Zeug dazu, Teile des Netzes und
speziell die Funktionen von Suchmaschinen mittel- oder langfristig zu
verändern. "Große Player sind dabei, sich auf Standards zu einigen", sagt
Daniel Bahls, Spezialist für Semantische Technologien beim ZBW
Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft in Hamburg. "Die semantischen
Technologien stehen schon seit Jahren im Raum und wurden bisher nur im
kleineren Kontext verwendet."
Denn Schema.org lädt Entwickler, Forscher, die Semantic-Web-Community und
am Ende auch alle Betreiber von Websites dazu ein, an der Umgestaltung der
Suche im Netz mitzuwirken. "Damit wollen Google, Bing und Yahoo! dem
Info-Chaos im WWW den Garaus machen", schreibt André Vatter [2][im Blog ZBW
Mediatalk]. Inhalte von Websites sollen mit einem speziellen, aber
einheitlichen Vokabular für die [3][Crawler] der Suchmaschinen
gekennzeichnet und aufbereitet werden.
Indem Schlagworte, so genannte Tags, in den Code von Websites eingebettet
werden, sind Suchmachinen nicht mehr so sehr auf die Analyse der
natürlichen Sprache angewiesen, um Texte inhaltlich zu erfassen. Im Blog
wird dies als "Semantic Web light" bezeichnet - ein semantisches Web auf
niedrigster Ebene. Aber selbst das werde "schon viel bewirken", meint
Bahls. "Das semantische Web wird sich über die nächsten Jahrzehnte
evolutionär weiterentwickeln." Einen "Abschluss" werde es nie geben, "da
eine einheitliche Formalisierung von Begrifflichkeiten auf feiner Stufe
kaum möglich ist."
## "Gemeinsames Format für strukturierte Daten"
Aber warum sollten Google, Yahoo und Bing plötzlich zusammenarbeiten, wo
doch bisher die Konkurrenz das Verhältnis prägte? Stefan Keuchel,
Pressesprecher von Google Deutschland, betont, alle beteiligten Unternehmen
wollten "ein deutliches Zeichen setzen, um die Qualität der Suche zu
verbessern". Man entwickele "ein gemeinsames Format für strukturierte
Daten, mit dem Dinge ermöglicht werden, die heute noch nicht möglich sind -
Stichwort: semantische Suche".
Die Ergebnisse aus Schema.org würden "zeitnah" in die Suchmaschine
integriert, "denn einen Zeitplan" gebe es nicht. "Erst mit der Einigung auf
eine gemeinsame Sprache können Suchmaschinen einen Mehrwert durch
semantische Technologien generieren", antwortet Daniel Bahls auf die Frage
nach Gemeinsamkeit und Konkurrenz der Suchmaschinen.
Er weist außerdem darauf hin, dass es bereits die semantische Suchmaschine
[4][Sig.ma] gibt. Geschwindigkeit und Menge der Ergebnisse nach einer
Suchanfrage spielen hier keine Rolle. Sig.ma sammelt seine Informationen
allein im Bereich des semantischen Webs und listet nach einer Anfrage alles
Bekannte strukturiert auf.
15 Jun 2011
## LINKS
(DIR) [1] http://schema.org/
(DIR) [2] http://www.zbw-mediatalk.eu/2011/06/schema-google-bing-und-yahoo-arbeiten-an-semantic-web-light/
(DIR) [3] http://de.wikipedia.org/wiki/Crawler
(DIR) [4] http://sig.ma/
## AUTOREN
(DIR) Maik Söhler
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Führungswechsel bei Yahoo: Hinterntreterin in den Hintern getreten
Der US-Internetkonzern Yahoo hat seine Vorstandsvorsitzende Carol Bartz
gefeuert. Sie war mit großen Ambitionen angetreten, konnte Yahoo aber nicht
aus der Krise befreien.
(DIR) Suchmaschine mit neuen Funktionen: Google gehorcht aufs Wort
Google hat seine Suchmaschine um neue Funktionen erweitert, von denen
einige futuristisch wirken: So lässt sich das Netz künftig per Sprache oder
Bild durchforsten.
(DIR) Google und Schnüffelwerbung: "Ich glaub', es trackt"
Als einziger großer Browser-Anbieter möchte Google nicht am "Do Not
Track"-Konzept teilnehmen. Das soll in den USA das Abschalten von
Schnüffelwerbung erleichtern.
(DIR) Kooperation mit Microsoft: Facebook sucht mit
Microsoft ist Großinvestor bei Facebook. Deswegen kann die Software-Firma
den "Like"-Knopf in die Suchmaschine Bing einbauen. Und sie darf noch mehr.