# taz.de -- Führungswechsel bei Yahoo: Hinterntreterin in den Hintern getreten
       
       > Der US-Internetkonzern Yahoo hat seine Vorstandsvorsitzende Carol Bartz
       > gefeuert. Sie war mit großen Ambitionen angetreten, konnte Yahoo aber
       > nicht aus der Krise befreien.
       
 (IMG) Bild: Carol Bartz wurde so hart rausgekegelt, wie selten ein Konzernchef in ihrer Liga.
       
       SUNNYVALE/BERLIN dpa| "Ich bin sehr traurig darüber, mitteilen zu müssen,
       dass ich gerade per Telefon von Yahoos Verwaltungsratschef gefeuert worden
       bin", schrieb Carol Bartz in einer E-Mail an die Mitarbeiter des
       US-Internetkonzerns. Am Dienstag hatte Roy Bostock der 63-jährigen
       Vorstandvorsitzenden mitgeteilt, dass man sich von ihr mit sofortiger
       Wirkung trennen werde. Die Entscheidung des Yahoo-Verwaltungsrates sei
       einstimmig gewesen.
       
       Damit muss Bartz bereits gehen, nachdem nur etwas mehr als der Hälfte ihres
       Vier-Jahres-Vertrags ausgelaufen war. 2009 löste sie Firmengründer Jerry
       Yang an der Yahoo-Spitze abgelöst. Yang hatte die Übernahme Yahoos durch
       Microsoft verhindert. Doch der Konzern war schon längst im Vergleich zu
       seinen Konkurrenten ins Hintertreffen geraten. Während Google einen neuen
       Internet-Dienst nach dem anderen aus dem Hut zauberte, kam von Yahoo nicht
       viel mehr als ein Lifting für das Webmail-Angebot oder die Portalseite.
       
       Mit dem damaligen Führungswechsel verband man bei Yahoo dementsprechend
       große Hoffnungen auf einen Wandel. Schließlich war es Caroline Bartz
       gelungen, das Software-Unternehmen Autodesk zum Branchenprimus bei
       Programmen für Produktdesign zu machen.
       
       Die angriffslustige Managerin galt als besonders tough, als starke Frau mit
       einer Vorliebe für schonungslose Offenheit - und für eine mitunter
       drastische Ausdrucksweise. Bei Yahoo kündigte sie gleich nach ihrer
       Ernennung an, das Unternehmen werde künftig am Markt einigen "in den
       Hintern treten".
       
       In den ersten sechs Monaten brachte Bartz ein Abkommen mit Microsoft für
       eine enge Partnerschaft bei der Internet-Suche unter Dach und Fach: Yahoo
       verzichtete zugunsten der Microsoft-Suchmaschine Bing auf seine eigene
       Technik, arbeitet dafür jetzt bei Suchmaschinenwerbung eng mit Microsoft
       zusammen. Bartz sagte damals, das Abkommen begründe eine neue Ära der
       Internet-Innovation und sei für Yahoo viel Geld wert.
       
       ## Suchmaschinenbranche wartet auf Big Bang
       
       Doch danach blieben große Innovationen und der angekündigte Tritt in die
       Hintern der anderen Marktteilnehmer aus. In der Branche wird Yahoo
       mittlerweile fast schon mit Mitleid betrachtet - das schlimmste, was einem
       IT-Unternehmen passieren kann.
       
       "Für mich persönlich ist die Entwicklung bei Yahoo schon fast ein Drama",
       sagt etwa der Münchener Internet-Unternehmer Mario Grobholz. Das einst so
       innovative Yahoo-Angebot Flickr sei zu einer bloßen Foto-Hosting-Plattform
       verkommen, während Newcomer wie Instagram für Furore sorgten. "Bei
       Innovationen denkt niemand mehr an Yahoo", sagt Grobholz, der Angebote zum
       Reputationsmanagement wie ruflotse.de entwickelt hat.
       
       Er zweifelt an der Wirkkraft der Personalentscheidung: "Yahoo ist nach wie
       vor eine tolle Marke. Ich kann nur nicht erkennen, dass da jetzt ein
       Schritt erfolgt, der Yahoo wieder in neuem Glanz erstrahlen lässt." Anstatt
       sich nur der Pflege bestehender Werbekunden zu widmen, müsste Yahoo dafür
       ein Hit mit dem Dreiklang Social, Mobile und Local gelingen.
       
       In der Branche wird gespannt der nächste Big Bang im Suchmaschinengeschäft
       erwartet, der die klassische Internet-Suche mit Sozialen Netzwerken
       verbindet. Hier haben sich Facebook mit seinem Partner Microsoft sowie
       Google mit dem neuen Netzwerk Google+ in Stellung gebracht. Wer dies zudem
       überzeugend auf mobile Geräte bringt und standortbezogene Dienste
       einbindet, wird einen entscheidenden Vorsprung im Internet-Geschäft
       erzielen.
       
       In diese Richtung müsste Yahoo schnelle Schritte unternehmen, wenn
       Verwaltungsratschef Roy Bostock jetzt von "enormen Wachstumschancen"
       spricht. Die Aufgabe, "auf den Pfad des robusten Wachstums und
       branchenführender Innovationen zurückzukehren", soll zunächst der bisherige
       Finanzchef Timothy Morse übernehmen. Ansonsten aber sucht das Unternehmen
       mit dem Ausrufezeichen im Firmenlogo ein neues Zugpferd für die Trendwende.
       
       Carol Bartz kann sich das jetzt ohne Stress anschauen. Die Mutter von drei
       Kindern hatte bereits nach ihrem Abschied von Autodesk angekündigt, sie
       wolle sich endlich mal mehr um ihren Garten kümmern, beim Yoga zu sich
       selbst finden und den Golf-Schläger schwingen.
       
       7 Sep 2011
       
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