# taz.de -- Neue Probleme in Fukushima: Zu viel und zu wenig Wasser
       
       > Das verseuchte Kühlwasser droht überzulaufen. Gleichzeitig heizt sich
       > Reaktor 3 wieder auf. Es könnte noch schlimmer werden, bald beginnt die
       > Regenzeit.
       
 (IMG) Bild: Arbeiter im Cäsium-Absorber-Turm. Versuche zur Reinigung des verseuchten Wassers schlugen bislang fehl.
       
       BERLIN taz | In Japan steigen die Temperaturen: Das Land stöhnt in diesen
       Tagen unter einer Hitzewelle mit bis zu 35 Grad Celsius. Fast 700 Menschen
       wurden nach Agenturmeldungen mit Hitzschlag in Krankenhäuser eingeliefert.
       
       Und auch am havarierten Reaktor in Fukushima Daiichi wird die Situation
       wieder brenzliger: Im Reaktor 3 steigen nach Meldungen des AKW-Betreibers
       Tepco die Temperaturen wieder an, weil nicht mehr soviel Wasser zum Kühlen
       in den Reaktorkern gepumpt wird.
       
       Denn die Helfer am Reaktor stecken in einer Zwickmühle: Weniger Wasser
       bedeutet, dass die Reaktoren sich wieder aufheizen. Aber mehr Wasser
       bedeutet, dass sich das Problem mit dem hochradioaktiven Wasser im Keller
       der AKW-Gebäude weiter verschärft. 110.000 Tonnen der stark strahlenden
       Brühe schwappen in den Kellern und drohen überzulaufen.
       
       ## Das Filtersystem funktionierte nicht
       
       Ein Filter- und Recyclingsystem, mit dem Tepco den Wasserkreislauf
       schließen wollte, sollte bereits letzte Woche angeschlossen werden,
       funktionierte aber nicht. Nun soll es in zwei Tagen laufen. Derzeit kommen
       jeden Tag 500 Tonnen Wasser dazu.
       
       Und dieses Kühlwasser ist weiter extrem gefährlich: Es steht nach
       Tepco-Messungen über sechs Meter hoch in den Kellern der Reaktoren und
       strahlt mit bis zu 430 Millisievert pro Stunde – damit würde ein Arbeiter
       dort in einer Stunde eine Strahlendosis abbekommen, die er in Deutschland
       für sein gesamtes Berufsleben erreichen dürfte. Auch auf dem Trockenen
       hindert die hohe Strahlung, gemessen in Reaktor 2, die Arbeiten. Dort ist
       das Gebäude mit Strahlendosen zwischen 15 und knapp 100 Millisievert
       verseucht. Immerhin ist die Luftfeuchtigkeit, die das Arbeiten dort fast
       unmöglich machte, von fast 100 auf 46 bis 65 Prozent gesunken. Arbeiter
       konnten Überwachungskameras installieren und Wasseranschlüsse reparieren.
       
       ## Am Dienstag beginnt die Regensaison
       
       Die Probleme mit dem Wasser könnten sich noch deutlich verschärfen. Denn
       die am Dienstag begonnende Regensaison bedroht nach Meldungen des
       TV-Senders NHK die Unglücksstelle: Schon 10 Zentimeter Regen würden den
       Wasserpegel in den Gebäuden um 5 bis 7 Zentimeter heben. Da das Wasser
       teilweise knapp unter der Oberkante der Tunnel und Keller steht, könnten
       starke Regenfälle das radioaktive Wasser ins Meer spülen. Die Eingänge zu
       den Reaktoren sind gegen die Fluten mit Sandsäcken gesichert – das aber
       nutzt eventuell nicht viel, da die Dächer der Gebäude zerstört sind und es
       hereinregnet.
       
       Die Zukunft der Atomkraft in Japan ist derweil offenbar weiter ungewiss.
       Nach NHK-Informationen sollen 11 der 54 Atomreaktoren auch nach dem Ende
       einer routinemäßigen Sicherheitsüberpüfung erst einmal nicht wieder ans
       Netz gehen. Bisher gebe es dafür keine Genehmigung der lokalen Behörden,
       hieß es. Von den derzeit 17 laufenden AKW werden im August weitere fünf
       wegen Wartungsarbeiten abgeschaltet.
       
       Der Wind weht der Atomindustrie offenbar von der lokalen Ebene ins Gesicht.
       Bei einem Treffen von Sicherheitsexperten und Verwaltungsbeamten aus
       verschiedenen Präfekturen in Fukushima am 15.Juni sprachen sich viele
       Bürgermeister gegen neue AKW oder den weiteren Betrieb der bestehenden
       Anlagen aus. Laut NHK plädierten einige der Bürgermeister für den Ausstieg
       Japans aus der Atomenergie und für verstärkte Forschung an erneuerbaren
       Energien.
       
       22 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) AKW-Betreiber Tepco in der Kritik: Japaner wüten gegen Atommanager
       
       Hauptversammlung bei Tepco: Ein Rentner will den Atomausstieg, andere
       fordern das Management zum Selbstmord auf. Das Unternehmen verkündet
       Millionenverluste.
       
 (DIR) Tepcos wütende Aktionäre: "Von Menschen gemachtes Desaster"
       
       Bei der ersten Jahreshauptversammlung nach der Atomkatastrophe im
       japanischen Fukushima wurde Kritik am Krisenmanagement laut. 400 Aktionäre
       forderten den Ausstieg auf der Atomkraft.
       
 (DIR) Havariertes AKW Fukushima: Total Gaga - Japan ist sicher
       
       Während Lady Gaga sich in Japan gut aufgehoben fühlt, drohen in Fukushima
       neue Überflutungen durch strahlendes Wasser. Und Kinder werden mit
       Dosimetern ausgerüstet.
       
 (DIR) Ortstermin in der Sperrzone in Fukushima: Notquartier mit Spaßbad
       
       Im Atomkatastrophengebiet versuchen die Menschen, mit der Situation und den
       chaotischen Informationen klarzukommen. Weggehen wollen die wenigsten.
       
 (DIR) Umweltschützerin Akiko Yoshida über AKWs: "Die Regierung macht viel Propaganda"
       
       Nur wenige Japaner sind tatsächlich für Atomkraftwerke, sagt die japanische
       Energieexpertin Akiko Yoshida von Friends of the Earth. Die meisten
       akzeptieren sie nur.
       
 (DIR) Atomkatastrophe in Fukushima: Hundert Jahre sauber machen
       
       Drei Monate nach dem Super-GAU ist das öffentliche Interesse gesunken.
       Experten schätzen, dass Fukushima für Jahrzehnte Katastrophengebiet bleiben
       wird.
       
 (DIR) Tödliche Strahlenwerte in Fukushima: Gefahr aus dem Keller
       
       Die Quelle der tödlichen Strahlenwerte in Reaktor 1 der Atomruine in
       Fukushima ist weiter unklar. Die Gefahr könnte im Keller lauern – aus einem
       Rohr steigt radioaktiver Dampf auf.