# taz.de -- Chinesische Delegation in Deutschland: Ein Reich auf Reisen
       
       > Mit einem noch nie da gewesenen Großaufgebot umschmeichelt China das
       > Bundeskabinett. Es geht um Handelsbeziehungen, den Euro - und um
       > Menschenrechte?
       
 (IMG) Bild: Auf Besuch in Deutschland: Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao.
       
       "Der Besuch ist kurz, aber sein Inhalt ist reich." So charakterisiert
       Chinas Botschafter in Berlin, Wu Hongbo, die am Montag beginnenden ersten
       deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen. 13 chinesische Minister samt
       Ministerpräsident Wen Jiabao kommen knapp 24 Stunden nach Berlin, um sich
       mit ihren deutschen Amtskollegen zu einer Art gemeinsamen Kabinettssitzung
       zu treffen.
       
       "So viele Minister auf einer Reise gab es in Chinas Geschichte noch nie",
       sagt Wu. Damit will er die Bedeutung unterstreichen, die Peking dieser Art
       Spitzendiplomatie einräumt, und dem Gastland Deutschland schmeicheln. Für
       China sind es die ersten bilateralen Regierungskonsultationen überhaupt.
       Berlin nutzt dieses Instrument dagegen schon mit Frankreich, Polen,
       Russland, Israel und Indien.
       
       Deutschland ist Chinas wichtigster Handelspartner in Europa. 30 Prozent
       ihres europäischen Handels, und damit fast so viel wie mit Großbritannien,
       Frankreich und Italien zusammen, wickelte die Volksrepublik 2010 mit
       Deutschland ab. Und der bilaterale Handel wächst weiter. In den ersten fünf
       Monaten 2011 um 20 Prozent.
       
       Auch politisch sieht Peking Deutschland als Führungsmacht in der EU an,
       deren Strukturen es wenig durchschaut. Peking sucht deshalb den
       Schulterschluss mit Berlin. Eine "strategische Partnerschaft" hatten beide
       Regierungen schon unter Kanzler Gerhard Schröder vereinbart, diese jedoch
       nie mit besonderem Inhalt gefüllt. Jetzt folgt zumindest die Symbolik.
       
       ## Auch Kulturaustausch steht auf der Agenda
       
       Das Treffen beginnt Montagabend mit einem Essen in der Liebermann-Villa am
       Wannsee. Am Dienstag finden dann die eigentlichen Konsultationen sowie
       bilaterale Gespräche zwischen den einzelnen Fachministern statt. Parallel
       tagt das bereits seit einigen Jahren existierende Deutsch-Chinesische Forum
       für wirtschaftliche und technologische Zusammenarbeit. Am Nachmittag trifft
       Premier Wen noch den Bundespräsidenten. Auch werden etliche
       Wirtschaftsverträge sowie Abkommen unterzeichnet wie etwa zur
       Intensivierung des Kulturaustauschs.
       
       Wen, der zuvor Ungarn und Großbritannien besucht hat, will mit dieser Reise
       auch Chinas Vertrauen in den Euro unterstreichen. Peking hält einen Teil
       seiner Devisenreserven von insgesamt mehr als 3 Billionen US-Dollar in Euro
       und hat jüngst Anleihen mehrerer europäischer Krisenstaaten gekauft.
       Deshalb hat Peking an der Stabilität des Euros großes Interesse.
       
       ## Regimekritiker kurz vor der Reise freigelassen
       
       Auch aus Sicht der Bundesregierung stehen bei den Konsultationen
       wirtschaftliche, internationale und finanzpolitische Themen im Vordergrund.
       Außenminister Guido Westerwelle hat erklärt, auch über Menschenrechte
       sprechen zu wollen. Peking hatte am vergangenen Mittwoch den verschleppten
       Künstler Ai Weiwei überraschend unter Auflagen freigelassen. Am
       Sonntagmorgen kam auch der Aktivist Hu Jia nach Verbüßung einer Haftstrafe
       frei. Bei ihm ist noch unklar, ob er weiteren Einschränkungen unterliegt.
       
       In einem Brief an die Kanzlerin forderten Amnesty International und andere
       Organisationen, dass Menschenrechte ein zentrales Element der
       deutsch-chinesischen Beziehungen sein müssen. Der Verweis auf
       fachspezifische Dialoge reiche nicht. Es wäre "ein fatales Signal", wenn
       "die Frage der Menschenrechte ausgeklammert bliebe oder lediglich pro forma
       thematisiert würde".
       
       Auch die 27 deutschen Chinakorrespondenten beschwerten sich bei Merkel über
       "massive Beschränkungen" ihrer Arbeit. Sie solle sich dafür einzusetzen,
       dass deutsche Reporter in China vergleichbare Arbeitsbedingungen erhielten
       wie ihre chinesischen Kollegen in Deutschland. Die grüne
       Bundestagsabgeordnete Viola von Cramon forderte von der Bundesregierung die
       Einsetzung einer Koordinatorin für die Beziehungen zu China. Sie vermisst
       ein Gesamtkonzept der Regierung in Bezug auf China. Dabei müssten der
       Einsatz für Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte eine Querschnittsaufgabe
       sein.
       
       26 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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