# taz.de -- Abrechnung von EU-Projekten: Brüssel heizt Berlin ein
       
       > Weil es Probleme bei der Abrechnung von EU-Projekten gibt, hat Brüssel
       > gegen Berlin ein Prüfungsverfahren eingeleitet. Wirtschaftssenator Wolf
       > gelobt Besserung.
       
 (IMG) Bild: Probleme mit der Bürokratie? Kann bei EU-Dingen schon mal passieren - darf aber nicht.
       
       Brüssel hat Berlin die gelbe Karte gezeigt. Weil es bei der Abrechnung von
       EU-Projekten seit Jahren zu gravierenden Problemen kommt, hat die
       EU-Kommission, wie erst jetzt bekannt wurde, gegen den Senat im August 2010
       ein sogenanntes Präsuspendierungsverfahren eingeleitet. Außerdem hat die
       Kommission die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte mit einer Prüfung
       des Berliner Umgangs mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF)
       beauftragt. Dies geht aus einem Protokoll der Senatswirtschaftsverwaltung
       hervor, das der taz vorliegt.
       
       Den Prüfbericht der EU-Kommission gibt es inzwischen - und auch da wird
       Berlin kein gutes Zeugnis ausgestellt. So bewertete die Prüfgesellschaft
       das sogenannte Operationelle Programm mit der kritischen Note 3. Diese
       zweitschlechteste Note bedeutet eigentlich den sofortigen Stopp des
       Geldflusses aus Brüssel. Dass es in Berlin - anders als in Brandenburg - zu
       keiner Mittelsperre kam, lag daran, dass Berlin für die Zukunft
       Verbesserungen versprach. In Brandenburg hatte die EU-Kommission im Februar
       300 Millionen Euro aus dem Strukturfonds Efre auf Eis gelegt.
       
       Mit seinem "Operationellen Programm" will Berlin mithilfe der ESF-Mittel
       Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt sowie soziale Schieflagen
       ausgleichen und "mehr Wachstum und Beschäftigung" erzielen. Dazu flossen in
       der Förderperiode 2000 bis 2006 insgesamt 530 Millionen Euro nach Berlin.
       In der derzeitigen Förderperiode, die bis 2013 dauert, sollen es 336
       Millionen Euro sein. Gefördert werden Projekte in den Bereichen Schule und
       berufliche Bildung, Jugend sowie Wissenschaft.
       
       Wie aus dem Protokoll einer Besprechung der ESF-Beauftragten der
       Wirtschaftsverwaltung vom 31. Mai hervorgeht, waren die Probleme auch 2011
       noch nicht behoben. So wurden auch im laufenden Jahr wieder Prüfungen von
       der EU-Kommission veranlasst. Sie betrafen vor allem die beteiligten
       Senatsverwaltungen. Von den vier mit der Umsetzung der Programme
       beteiligten Verwaltungen bekamen drei die zweitschlechteste Note 3 -
       darunter auch die Wirtschaftsverwaltung von Harald Wolf (Linke).
       
       Wolfs Sprecher Stephan Schulz bestätigte am Dienstag gegenüber der taz die
       Einleitung des Präsuspendierungsverfahrens. Dabei sei den beteiligten
       Senatsverwaltungen und der Senatskanzlei in Teilen erheblicher
       Verbesserungsbedarf attestiert worden. "Zwischenzeitlich sind aber die
       Hinweise umgesetzt worden, insbesondere wurden die Kontrollaktivitäten
       erheblich verstärkt", so Schulz. Daher sei das Verfahren der Europäischen
       Kommission im März 2011 wieder aufgehoben worden, ohne dass die Kommission
       ihre Zahlungen ausgesetzt oder Förderungen eingeschränkt hat.
       
       Der grüne Haushaltsexperten Oliver Schruoffenegger will sich damit aber
       nicht zufrieden geben. "Vor Kurzem gab die Wirtschaftsverwaltung dem
       Parlament eine Liste aller Zuwendungen seit 2005. Davon war erst die Hälfte
       abgerechnet." Für Schruoffenegger auch eine falsche Prioritätensetzung des
       Wirtschaftssenators. "Da wird zu wenig Personal eingesetzt. Wenn dann noch
       jemand krank wird, bleiben die Sachen einfach liegen." Schruoffenegger
       fordert, dass die Verwaltungen bei gravierenden Problemen wie einem
       Prüfungsverfahren durch die EU-Kommission künftig das Parlament
       unterrichten.
       
       Auf die schon jetzt überforderten Senatsverwaltungen kommt nun in Zukunft
       sogar noch mehr Arbeit zu: Die Anforderungen an die Durchführung der
       Programme werden wohl steigen. Wie die taz erfuhr, gibt sich Brüssel nicht
       mehr mit der bisherigen Praxis des Senats zufrieden, 10 Prozent der
       Projekte stichprobenartig zu prüfen. Stattdessen soll künftig jedes vierte
       Projekt unter die Lupe genommen werden.
       
       28 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Uwe Rada
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar EU-Haushalt: Europa kurz und klein halten
       
       Deutschland, Frankreich und Großbritannien wollen weder, dass die EU mehr
       Geld für ihre neuen Aufgaben erhält, noch sich finanziell emanzipiert. Das
       ist zu egoistisch gedacht.