# taz.de -- Kommentar Afghanistan: Der Krieg wird schmutziger
       
       > Mit jedem Anschlag der Taliban wird es unwahrscheinlicher, dass
       > Afghanistan nach dem Truppenabzug tatsächlich demokratischer werden kann.
       
       Die veränderte Taktik ist schon seit Monaten spürbar. Aufständische Taliban
       in Afghanistan greifen neben Militärs der internationalen Schutztruppe
       zunehmend Afghanen selbst an: Polizeistationen, Politiker, Würdenträger. Es
       ist ein Zeichen der Schwäche, denn anders als diese sind die
       hochausgerüsteten Soldaten nicht mehr so leicht zu schlagen wie früher.
       Freuen kann sich der Westen darüber dennoch nicht.
       
       Denn die Taktik der Aufständischen, die Verbindungspersonen der Alliierten
       in der Gesellschaft zu zermürben, ist zugleich zynisch und
       erfolgversprechend. Indem die Schlüsselpersonen fragiler Staatlichkeit
       demoralisiert werden, verliert die westliche Idee vom Aufbau einer halbwegs
       demokratischen Gesellschaft ihre wichtigen Unterstützer. Das ist im Fall
       von Afghanistan besonders tragisch, denn viele Überzeugungstäter gibt es
       ohnehin nicht. 30 Jahre Krieg haben den Glauben an einen funktionierenden
       Staat weitgehend zerstört.
       
       Ein Gegenmittel gegen die Angriffe der Aufständischen gibt es nicht. Zivile
       Ziele gibt es überall, Angriffe können nicht verhindert werden. Und mit
       jedem Attentat wird es unwahrscheinlicher, dass im Moment des Abzuges der
       westlichen Kampftruppen aus Afghanistan - nach Plan im Jahr 2014 - mehr als
       ein potemkinsches Dorf an demokratischen Institutionen vorhanden sein wird.
       
       Bis dahin geht es nur noch um Gesichtswahrung. Der Westen braucht
       scheinbare Erfolge wie den Tod Osama bin Ladens. Die Aufständischen
       versuchen, Erfolge mit aller Kraft zunichtezumachen - auch, wenn es die
       eigenen Landsleute trifft. Der Krieg, der erst seit einem Jahr so heißen
       darf, ist noch einmal schmutziger geworden, seit es den Abzugsplan gibt.
       Das kann noch drei Jahre so weitergehen.
       
       29 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gordon Repinski
       
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