# taz.de -- Thailand-Experte über die Wahlen: "Es gibt viel aufzuarbeiten"
       
       > Das thailändische Militär steht vor einem Scherbenhaufen, meint
       > Thailand-Experte Wolfram Schaffar. Es gehe den Generälen nur noch darum,
       > in Amt und Würden zu bleiben.
       
 (IMG) Bild: Wieder eine Shinawatra an der Macht: Yingluck Shinawatra bei Koalitionsverhandlungen.
       
       taz: Herr Schaffar, der Armeechef hatte dazu aufgerufen, die "richtigen"
       Leute zu wählen, also nicht die jetzt siegreiche Partei Puea Thai. Nun
       erklärt der Verteidigungsminister, die Armee akzeptiere das Wahlergebnis.
       Der Armeechef schweigt. 
       
       Wolfram Schaffar: Das zeugt vom Bewusstsein, dass die Wahl eher ein
       Referendum war. Es ging weniger um politische Programme. Yingluck
       Shinawatra hatte gar keins und der jetzt abgewählte Abhisit Vejjajiva hatte
       immer versucht, möglichst den weggeputschten Thaksin zu kopieren. Es ging
       um die Frage, wie Macht organisiert und ausgeübt wird. Die Thais stimmten
       jetzt klar gegen die Machtausübung hinter den Kulissen, gegen das
       Zusammenspiel royalistischer Kräfte mit dem Militär. Das müssen die
       Militärs jetzt verdauen. Armeechef Prayuth unterstützt die bislang
       regierende Elite. Seine Wahlempfehlung könnte ein Zeichen von Schwäche
       sein.
       
       Thailand erlebte schon Dutzende Putsche. Der letzte dürfte auch aus Sicht
       der Militärs wenig bewirkt haben, denn die weggeputschten Kräfte wurden
       jetzt schon zum zweiten Mal wiedergewählt. Ist das Militär jetzt bereit,
       sich unter eine zivile Regierung zu stellen? 
       
       Der Putsch 2006 hat das Land viel stärker polarisiert als vom Militär
       erwartet. Seitdem hat es gesehen, dass auf all seinen Interventionsfeldern
       die Konflikte nur noch schlimmer wurden. Im April 2010, beim Aufstand der
       Rothemden, sah das Militär ein, dass ein weiterer Putsch international
       nicht mehr akzeptabel ist. Das Militär steht vor einem Scherbenhaufen.
       Derzeit geht es der dominanten Militärfraktion darum, in Amt und Würden zu
       bleiben und den hohen Militäretat zu sichern.
       
       Könnte das ein möglicher Deal mit der neuen Regierung sein? 
       
       Es werden mehrere Dinge zu verhandeln sein, wobei die Rothemden nicht
       einfach alles akzeptieren werden, schließlich gibt es mit der
       Niederschlagung ihres Aufstands 2010 mit über 90 Toten viel aufzuarbeiten.
       Daran hängt auch die Frage der Amnestie, also ob die jetzigen Kommandeure
       bleiben können und ob dies der Auftakt zu einer nationalen Versöhnung sein
       könnte.
       
       Es wird befürchtet, dass mit dem Sieg von Thaksins Schwester der Machtkampf
       zwischen Rot und Gelb weitergeht. Ist das Wahlergebnis eine Chance, neue
       Wege zu gehen? 
       
       Dass eine Shinawatra angetreten ist, bedeutet zunächst, dass der alte
       Machtkampf noch stärker geworden ist. Aber es sind auch Abnutzungen auf
       beiden Seiten zu sehen, also die nur noch geringe Bereitschaft zu
       konfrontativen Massenmobilisierungen. Das jetzige klare Votum könnte
       Fronten klären, was Kompromisse auf höchster Ebene - denn es ist ein
       Konflikt zwischen den Eliten - ermöglicht.
       
       Wie könnte eine Versöhnung aussehen? 
       
       Die verschiedenen Konflikte müssen einzeln behandelt werden. Das Militär
       muss demokratisiert werden. Beim Elitenkonflikt zwischen den
       Kapitalfraktionen auf der Seite Thaksins versus denen um das königliche
       Schatzamt müsste ausgleichend geklärt werden, welche Sektoren der
       Wirtschaft welche Zugänge zu Ressourcen bekommen. Und die Niederschlagung
       des Rothemden-Aufstands 2010 kann nur eine Versöhnungskommission
       aufarbeiten, die Verantwortliche benennt. Das ist unwahrscheinlich.
       
       4 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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