# taz.de -- Nach den Wahlen in Thailand: Im Schatten des Populisten
       
       > Yingluck Shinawatra verdankt ihren Sieg vor allem ihrem Bruder, dem
       > beliebten Ex-Premier Thaksin. Nun muss sie sich als Regierungschefin
       > beweisen.
       
 (IMG) Bild: Ist sie mehr als ein "Klon" ihres Bruders Thaksin? Wahlsiegerin Yingluck Shinawatra.
       
       BANGKOK taz | Der Sieg ist eindeutig: Thailands Oppositionspartei "Puea
       Thai" (Für Thais) hat den Machtkampf für sich entschieden, deren
       Spitzenkandidatin Yingluck Shinawatra wird die erste Frau an der Spitze
       einer thailändischen Regierung sein. Nach den Parlamentswahlen vom Sonntag
       hat die Puea Thai 265 der 500 Sitze gewonnen. Trotz dieser komfortablen
       Mehrheit aber hat die designierte Regierungschefin eine Koalition mit vier
       kleineren Parteien angekündigt. Für die rivalisierende Demokratische Partei
       (DP) unter dem bisherigen Premier Abhisit Vejjajiva hingegen kommt der Sieg
       der Opposition einem Super-GAU gleich: Blass und ernst verkündete Abhisit,
       dass er als Chef der DP seinen Hut nehmen werde.
       
       Die breite Zustimmung für Yingluck ist vor allem auf ihren Bruder
       zurückzuführen, der bei den armen Bewohnern des Nordens und Nordostens
       populäre Expremier Thaksin. Er hatte seine Lieblingsschwester als "seinen
       Klon" bezeichnete. Doch es war nicht nur Yinglucks Familienname, der "zog":
       Während der Kampagnen wurde deutlich, dass sie die Nähe zum Volk liebt. Und
       die Menschen bescheinigen ihr deswegen vor allem eines: Glaubwürdigkeit.
       Fortan muss die 44-Jährige beweisen, ob sie zur Regierungschefin taugt und
       über den Schatten ihres Bruders hinauswächst.
       
       Paradoxerweise ist es gerade Thaksin, der für die neue Regierung zum
       Dilemma werden könnte. Politische Gegner glauben, dass es der Puea Thai nur
       darauf ankomme, dem 2006 vom Militär gestürzten, im Exil in Dubai lebenden
       Thaksin die Rückkehr zu ermöglichen. Tatsächlich haben Mitglieder der Puea
       Thai einen Amnestievorschlag erarbeitet, der als Basis für eine nationale
       Aussöhnung dienen könnte. Doch Yingluck weist bislang alle Spekulationen
       zurück: "Die Puea-Thai-Partei hat keine Pläne für eine Amnestie einer
       einzigen Person, die Justiz muss alle Leute gleich behandeln." Indes
       versicherte Thaksin, er habe es mit der Rückkehr nicht eilig - das geschah
       wohl vor allem deshalb, um nicht sofort auf Konfrontationskurs mit dem
       Militär zu gehen.
       
       ## Versuche, Thaksin zu isolieren, sind gescheitert
       
       Thailands konservatives Establishment aus Armeeführung, Technokratie,
       Aristokratie und altem Geldadel betrachtet Thaksin als politischen
       Emporkömmling, der durch populistische Maßnahmen vor allem arme
       Wählerschichten mobilisieren konnte. Etliche Versuche, Thaksin zu
       isolieren, wie die umstrittene Entscheidung der Justiz, die
       Thaksin-getreuen Parteien wegen Wahlbetrugs aufzulösen, scheiterten. Die
       alte Elite erreichte nur das Gegenteil: In den Jahren nach dem Militärcoup,
       der als Initialzündung für die Gründung der "Rothemden"-Bewegung diente,
       vernetzten sich diese immer mehr.
       
       In den Reihen der außerparlamentarischen Vereinigten Front für Demokratie
       gegen Diktatur (UDD), die mehrheitlich aus Anhängern Thaksins und der Puea
       Thai besteht, finden sich außer Reisbauern und kleinen Arbeitern auch
       zunehmend moderat denkende Angehörige gehobener gesellschaftlicher
       Schichten, die mit der Entwicklung in den vergangenen fünf Jahren
       unzufrieden sind und die Unterstützung der konservativen Elite durch das
       Militär ablehnen.
       
       Die Rothemden, die 2009 und 2010 auf die Straßen gegangen waren, weil sie
       sich um ihr politisches Mandat betrogen fühlten, zeigen sich gegenüber der
       Puea Thai selbstbewusst. Denn dass die UDD, deren Demonstrationen gegen die
       Abhisit-Regierung im Mai 2010 von der Armee gewaltsam niedergeschlagen
       worden waren, einer Amnestie zustimmen wird, die auch Angehörige der
       scheidenden Regierung und hochrangige Militärs umfasst, ist
       unwahrscheinlich. Die UDD-Vorsitzende Thida Thavornset hat bereits laut der
       Tageszeitung The Nation an die Puea Thai appelliert, sie solle
       Untersuchungen darüber anberaumen, wer die Niederschlagung angeordnet habe.
       Auch Verwandte und Freunde der Toten dürften mit einer Amnestie nicht
       einverstanden sein. Verfolgt die Puea Thai diese Idee dennoch, könnte sie
       das die Sympathie etlicher Anhänger kosten.
       
       4 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Glass
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kommentar Wahlen in Thailand: Thaksins Wiederkehr
       
       Thailand gibt sich gerne modern und demokratisch. Konservative versuchten
       jedoch immer wieder, die Opposition mundtot zu kriegen. Bislang ohne
       Erfolg.
       
 (DIR) Thailand-Experte über die Wahlen: "Es gibt viel aufzuarbeiten"
       
       Das thailändische Militär steht vor einem Scherbenhaufen, meint
       Thailand-Experte Wolfram Schaffar. Es gehe den Generälen nur noch darum, in
       Amt und Würden zu bleiben.
       
 (DIR) Portrait Yingluck Shinawatra: Thailands erste Premierministerin
       
       Die oppositionelle Partei Puea Thai ist die Wahlsiegerin. Ihre 44-jährige
       Spitzenkandidatin Yingluck Shinawatra wird erste Premierministerin
       Thailands werden.