# taz.de -- Berlins neuer Erzbischof: Der wackere Woelki
       
       > Böses befürchtete man vom designierten Erzbischof von Berlin, Rainer
       > Maria Woelki. Bei seinem ersten Auftritt wirkte er zumindest zugänglich.
       > Darf man hoffen?
       
 (IMG) Bild: In stiller Andacht: Rainer Woelki betet bei seinem ersten öffentlichen Auftritt in Berlin.
       
       BERLIN taz | Eine Limousine hätte vorfahren können, Platz dafür ist da,
       hier im Innenhof der Katholischen Akademie der Hauptstadt. Aber schon mit
       seiner Ankunft wollte Rainer Maria Woelki wohl ein Zeichen setzen. Der
       designierte neue Erzbischof von Berlin kam, in einem schlichten schwarzen
       Anzug mit dem typischen weißen Priesterkragen gekleidet, zu Fuß zu seiner
       ersten Pressekonferenz an der Spree, fast im Schlendergang, nur den
       Pressesprecher seines neuen Erzbistums neben sich - da wollte jemand
       offensichtlich böse Erwartungen widerlegen. Genug davon gab es ja.
       
       Denn Woelki, bisher Weihbischof in Köln, hatte zumindest publizistisch
       einen denkbar schlechten Start in der liberalen Metropole Berlin. Seine
       Berufung als Nachfolger des vergangene Woche verstorbenen Georg Kardinal
       Sterzinsky war eine große Überraschung, selbst für Insider im Erzbistum.
       Und viel wusste niemand über ihn.
       
       Da hielten sich die meisten an das wenige, was bekannt war von Woelki - und
       das war für liberalere Geister in der Kirche alles andere als
       vielversprechend: Promotion an einer Opus-Dei-Universität in Rom. Sieben
       Jahre als Sekretär des Kölner Erzbischofs Joachim Kardinal Meisner, des
       wichtigsten konservativen Hardliners in der katholischen Kirche. Und dann
       noch die Aussage Woelkis gegenüber einem katholischen Buchautoren, der
       Diakon werden wollte, aber nicht durfte, auch weil er die Homosexualität
       als etwas einfach Gegebenes bezeichnete. "Das verstößt aber gegen die
       Schöpfungsordnung", so Woelkis Replik vor ein paar Jahren - Ende der
       Durchsage. Noch vor Ankunft des Bischofs lud der Lesben- und
       Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) Woelki deshalb zu einem Gespräch
       ein. Am Umgang mit dem Thema Homosexualität werde sich zeigen, wie
       "menschenfreundlich" Woelki sei, sagte LSVD-Geschäftsführer Jörg Steinert
       am Sonntag dem Tagesspiegel.
       
       Für Spannung war also gesorgt, als Woelki vor die Presse trat, nachdem er
       kurz in der Kapelle der Akademie vor einem Bild seines verstorbenen
       Vorgängers kniend gebetet hatte. Vor diesem Termin waren Interviews
       unerwünscht. Das steigerte das Interesse. Über 70 Journalisten und sechs
       Kamerateams quetschten den designierten Erzbischof etwa anderthalb Stunden
       lang ordentlich aus. Und was soll man sagen? Er hat sich wacker geschlagen.
       
       ## Opus Dei keine "geistliche Heimat"
       
       Etwas gewunden bekannte er sich zwar zu seiner Promotion an der
       Opus-Dei-Universität und bezeichnete die Arbeit dieser erzkonservativen
       Organisation als gut. Zugleich betonte er aber, dass er kein Mitglied
       dieser innerkirchlichen Vereinigung sei - und sie auch nicht seine
       "geistliche Heimat" darstelle. Über Kardinal Meisner gab es erstaunlich
       knappe Bemerkungen, die eine gewisse Distanz erahnen ließen. So habe man,
       sagte Woelki, "oftmals" unterschiedliche Ansichten gehabt, aber sich dann
       auch wieder zusammengerauft. Und ganz hübsch war auch die Aussage, die
       Kirche sei keine "Moralanstalt", die dauernd "mit dem Zeigefinger
       herumfuchtelt".
       
       Schließlich die Sache mit der Homosexualität: Zwar bekräftigte Woelki die
       Aussage des katholischen Katechismus, wonach eine praktizierte
       gleichgeschlechtliche Liebe "vor Gott nicht geordnet" sei, wie Woelki es
       ausdrückte. Er sei aber offen für jeden und wolle allen mit Respekt
       begegnen - nicht zuletzt dem schwulen Regierenden Bürgermeister von Berlin,
       Klaus Wowereit, der ihn schon herzlich willkommen geheißen habe. Und die
       Einladung des LSVD zu einem Gespräch nehme er an.
       
       Woelki verteidigte die römische Tradition, dass Frauen nicht Diakoninnen
       oder Priesterinnen werden sollten, da sich die Kirche da an den "göttlichen
       Stifterwillen" halte und ihr insofern "die Hände gebunden" seien. Auch den
       Zölibat verteidigte der Bischof als eine aus dem Evangelium resultierende
       Lebensform, die "angemessen" sei. Der neue Erzbischof blieb also immer auf
       Linie. Aber es scheint: Man kann mit dem Gottesmann reden. Genug zu reden
       gibt es ja.
       
       5 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Philipp Gessler
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Erzbischof Woelki über die Lage der Kirche: "Wir leben nicht authentisch genug"
       
       Ein Gespräch mit Berlins neuem Erzbischof Rainer Maria Woelki über Opus
       Dei, das Zölibat, seinen Umzug in den Wedding und den 1. FC Köln.
       
 (DIR) Neuer Berliner Erzbischof Woelki: Einer für den reaktionären Flügel
       
       Hilfsbischof befördert: Rainer Maria Woelki wird neuer Erzbischof in
       Berlin. Eine Überraschung. Seine Biographie spricht für eine
       rückwärtsgewandte Ausrichtung seines Denkens.
       
 (DIR) Nachruf: TOD NACH LANGER KRANKHEIT
       
       Bescheiden und leise lebte und starb Georg Kardinal Sterzinsky.
       
 (DIR) Nachfolge in Berlin: Kirche sucht Erzbischof
       
       Die katholische Kirche braucht einen Erzbischof für Berlin. Die Zeit
       drängt, denn Ende September kommt der Papst. Noch in dieser Woche soll die
       Entscheidung fallen.