# taz.de -- Nachruf: TOD NACH LANGER KRANKHEIT
       
       > Bescheiden und leise lebte und starb Georg Kardinal Sterzinsky.
       
 (IMG) Bild: In der St.Hedwigs-Kathedrale in Mitte liegt das Kondolenzbuch für den früheren Erzbischof von Berlin aus.
       
       Das stille Ende von Georg Kardinal Sterzinsky - es passt zu diesem
       bescheidenen, leisen Mann, der 21 Jahre zunächst Bischof, dann Erzbischof
       von Berlin war. Am Donnerstag ist der 75-jährige Oberhirte nach langer
       Krankheit in einer Berliner Klinik gestorben. Wolfgang Klose, Vorsitzender
       des Diözesanrates, des obersten Laiengremiums des Bistums, bedauerte, dass
       es nicht mehr möglich war, ihm "für sein verdienstvolles Wirken" öffentlich
       zu danken. Auch im Glanz des Papstbesuchs Ende September wird er nicht mehr
       stehen. Sicher ist, dass der schüchterne Mann in beiden Fällen auf den
       Auftritt im Rampenlicht nicht erpicht war.
       
       Mit dieser Demut passte Sterzinsky so gar nicht in die lärmende Hauptstadt
       der Events und Politlautsprecher. Der gebürtige Ostpreuße liebte es still.
       Als die Polizei die Wagenburg am Engelbecken 1993 räumte, stand er neben
       den letzten fünf Besetzern, die man mit einem Bolzenschneider von einem
       Kreuz trennte, an das sie sich angekettet hatten - schweigend.
       
       Mit zehn Jahren floh Sterzinsky mit seiner Familie aus Ostpreußen. Sein
       Einsatz für Migranten und Illegale wurde später ein Engagement, mit dem er
       über Berlin hinaus Profil gewann. Obwohl ein eher unpolitischer Mensch,
       zwangen ihn die Umstände immer wieder ins politische Feld, vor allem wegen
       seines Aufstiegs in der katholischen Kirche der DDR. Im Sommer 1989 wurde
       er zum Bischof der geteilten Stadt ernannt, sein Antrittsbesuch in Rom fiel
       auf den 9. November.
       
       Man kann darüber streiten, ob seine leise Art dem Vereinigungsprozess
       vielleicht besser tat als das drängende Sich-Einmischen in die
       politisch-gesellschaftlichen Debatten der vergangenen zwei Jahrzehnte.
       Einmal wagte er sich dennoch weit in die Öffentlichkeit, nämlich 2009 bei
       der Debatte um den Religionsunterricht in der Hauptstadt - die
       Volksabstimmung ging prompt für die Kirchen verloren. Richtig wohl schien
       sich Sterzinsky nur im kleinen Rahmen zu fühlen. Schon der erste
       gesamtdeutsche Katholikentag 1990 in Berlin, der Papstbesuch 1996 und der
       Ökumenische Kirchentag 2003 waren ihm zwar als Gastgeber willkommen. Aber
       stets wirkte er dabei auch etwas deplatziert. Als ausgerechnet er im Bistum
       2003 mit harschen Methoden einen Schuldenberg von 150 Millionen Euro
       abbauen musste, entschuldigte er sich für das notgedrungen harte Vorgehen.
       
       Vielleicht war Sterzinsky am Ende der richtige Mann am falschen Ort - aber
       die warmen und durchweg positiven Nachrufe auf ihn aus der Politik und
       Ökumene zeigen, dass er dann doch viele beeindruckt hat. Auf seine ganz
       eigene Art.
       
       30 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Philipp Gessler
       
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