# taz.de -- Minarettverbot vor Gericht: Rückschlag für Schweizer Muslime
> Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte weist Klagen gegen das
> Schweizer Minarettverbot zurück. Begründung: Die Kläger selbst seien gar
> nicht betroffen.
(IMG) Bild: Die Schweiz: liberale und tolerante Eidgenossen in bergigem Ambiente.
FREIBURG taz | Das Schweizer Minarettbauverbot wird zunächst nicht in
Straßburg geprüft. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR)
wies gestern fünf Beschwerden als unzulässig zurück. Die Kläger seien vom
Verbot nicht konkret betroffen, da sie kein Minarett bauen wollten.
"Der Bau von Minaretten ist verboten." Dieser Satz steht seit Herbst 2009
in der Schweizer Bundesverfassung. Er wurde bei einer Volksabstimmung mit
einer Mehrheit von 57 Prozent der Stimmen aufgenommen - gegen den Willen
der Schweizer Regierung und des Parlaments in Bern. Hauptunterstützerin war
die aggressiv-konservative Schweizer Volkspartei.
Die Verfassungsänderung sorgte in ganz Europa für Empörung, weil sie
offensichtlich gegen die Religionsfreiheit verstößt. Diese ist auch in der
Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert. Mehrere islamische
Organisationen sowie Hafid Quardiri, der ehemalige Sprecher der Genfer
Moschee, erhoben deshalb in Straßburg Klage gegen das Minarettbauverbot.
Die Beschwerden wurden nun aber als unzulässig abgelehnt. Da die Kläger
selbst gar nicht vorhätten, eine Moschee mit Minarett zu bauen, seien sie
keine unmittelbaren "Opfer" der angegriffenen Verfassungsbestimmung. Auch
drei weitere noch anhängige Beschwerden dürften bald aus dem gleichen Grund
abgelehnt werden.
## Diskriminierender Verfassungszusatz
Der Gerichtshof ging nicht auf das Argument ein, dass Muslime in der
Schweiz zu einer Religion zweiter Klasse degradiert wurden. Die Kläger
hatten auch geltend gemacht, dass der Verfassungszusatz sie als Muslime
diskriminiere.
Die Ablehnung der Klagen fiel in einer kleinen Kammer des Europäischen
Menschenrechtsgerichtshofes mit sieben Richtern. Ursprünglich sollte der
Fall an eine große Kammer mit 17 Richtern transferiert werden, wohl wegen
der grundsätzlichen Bedeutung. Dagegen hatte die Schweiz aber ein Veto
eingelegt.
8 Jul 2011
## AUTOREN
(DIR) Christian Rath
## ARTIKEL ZUM THEMA
(DIR) Kommentar Schächtungsverbot: Fleischverzicht ist konsequenter
Ich plädiere für ein gesetzliches Ja zur Gleichberechtigung der Religionen
- und ein moralisches Nein zum Fleischessen. Alles andere ist Pipifax.
(DIR) Imam über Integration von Muslimen: Mit schweizerischer Gelassenheit
Glauben leben unter erschwerten Bedingungen: In Bern sieht sich Imam
Mustafa Memeti als Seelsorger und wirbt um Gelassenheit - bei den Muslimen
wie bei den Schweizern.
(DIR) Minarett-Steit in der deutschen Provinz: Leitkultur, Streitkultur
Die Bürger der Kleinstadt Weinheim protestierten gegen ein Minarett. Es gab
Ablehnung und böse Leserbriefe in der Lokalpresse. Jetzt haben sie sich
geeinigt.
(DIR) Islamdebatte in Frankreich: Verschärftes Kopftuchverbot
Auf Initiative des Präsidenten diskutiert dessen Regierungspartei UMP über
den Umgang mit Muslimen. Man gibt sich versöhnlich – und bereitet schärfere
Gesetze vor.