# taz.de -- Neues vom Tahrir-Platz: Die Revolutionäre kehren zurück
       
       > In Ägypten protestieren sie wieder. "Wir wollen sichergehen, dass die
       > Revolution bleibt", sagt Hoda. Neu ist jetzt, dass auch die
       > Muslimbrüderschaft mit dabei ist.
       
 (IMG) Bild: Die Protestierenden auf dem Tahrir-Platz sind unzufrieden mit der Revolution.
       
       KAIRO taz | Wer bei über 50 Grad in der Sonne auf einem offenen Platz ohne
       Schatten demonstriert, der meint es ernst. Der Tahrirplatz ist wieder so
       voll wie zu Zeiten der Revolution. Seit Wochen hatten die verschiedensten
       politischen Gruppierungen zu dem heutigen "Tag der Beharrlichkeit"
       aufgerufen. "Das Volk fordert die Erfüllung der Versprechen des arabischen
       Frühlings", heißt es auf einem der Plakate.
       
       "Wir wollen eine völlige Erneuerung, und die wollen wir der Militärführung
       nicht mühevoll Stück für Stück aus der Nase ziehen", sagt der Abiturient
       Tarek Mahmud. "Wir wollen sichergehen, dass die Revolution bleibt, deswegen
       bleiben wir auch heute Nacht hier", meint seine Schwester Hoda.
       
       "Polizisten werden nicht zur Verantwortung gezogen, korrupte Minister
       laufen frei herum, und Mubarak lässt sich auf Staatskosten im Badeort
       Scharm al-Scheich behandeln," schimpft die Radioansagerin Naima Hassan.
       
       ## Einige kommen ungeschoren davon
       
       In einem provokanten Schritt sprach ein Kairoer Strafgericht etwa letzte
       Wochen den ehemaligen Finanzminister Yussef Butrus Ghali und dessen
       einstigen Kollegen aus dem Informationsressort, Anas Al-Fiqi, den einstigen
       Wohnungsbauminister Ahmad al-Maghrabi von der Anklage der Veruntreuung von
       Staatsgeldern frei. Nicht die einzigen, die ungeschoren davonkommen. Eine
       der Forderungen der Demonstranten ist die Reform des Innenministeriums.
       Unter den Demonstranten kursiert eine Liste von 40 Polizeioffizieren, die
       seit den Zeiten Mubaraks immer noch in Amt und Würden sind. Innenminister
       Mansur al-Essawi hat einen Plan angekündigt, noch in diesem Monat hunderte
       von Polizeioffizieren in den Ruhestand zu schicken. Den Demonstranten auf
       dem Tahrirplatz geht das zu langsam. "Wir wollen die Erneuerung des
       Innenministeriums", fordert der Abiturient Tarek.
       
       Eine der Bruchstellen auf dem Tahrirplatz war das Verhältnis zwischen den
       säkularen Jugendgruppen, die die Revolution einst initiiert hatten, und der
       Muslimbruderschaft. Die Muslimbruderschaft wollte in einer Ecke des Platzes
       ihre eigene Bühne aufbauen, dass hatten ihnen die Organisatoren des
       Prozesse noch am Abend zuvor untersagt.
       
       ## Bärtige Muslimbrüder und Frauen mit offenen Haaren
       
       Nach einigem Streit auf dem Platz setzten sich jene durch, die wollten,
       dass alle politischen Gruppierungen an allen Orten des Platzes präsent sein
       sollen, und genau diese Strategie ergab das bunte Bild am Freitag. Voll
       verschleierte Frauen standen neben Frauen, deren volles Haar im Wind wehte,
       bärtige Muslimbrüder unterhielten sich mit Jugendlichen mit
       zusammengebundenen Haaren. Zuvor hatte die Muslimbruderschaft mit sich
       selbst gekämpft, ob sie an den Protesten überhaupt teilnehmen sollte.
       Zunächst hatte sie die Teilnahme abgelehnt, weil sie zusammen mit der
       Militärführung immer wieder argumentiert hatte, dass das Land wieder zur
       "Normalität" zurückkehren solle.
       
       Die Muslimbruderschaft erhofft sich, nach dieser "Rückkehr zur Normalität"
       aus den ersten Parlamentswahlen gestärkt hervorzugehen. Eine Vorstellung,
       die sie immer wieder in Konflikt mit den säkularen Demonstranten gebracht
       hat, die mit Veränderungen nicht bis zu den Parlamentswahlen warten wollen,
       sondern den vollkommenen Bruch mit dem alten Regime und dem alten System
       schon jetzt festschreiben wollen.
       
       ## Muslimbrüder sollten gesondert demonstrieren
       
       Allerdings haben vor allem die jüngeren Mitglieder der Muslimbrüder eine
       aktivere Teilnahme an den letzten Protesten gefordert, und selbst einige
       ältere Mitglieder fürchten, ihre Organisation mit dem Fernbleiben von den
       Protesten aufs politische Abstellgleis zu manövrieren. Am Ende hat die
       Führung diesmal klein beigegeben. Vor zwei Tagen hatte sie dann doch
       beschlossen, für die Proteste auf dem Tahrirplatz zu mobilisieren.
       Allerdings hat sie ihre Mitglieder zunächst dazu aufgerufen, auf dem Platz
       gesondert zu demonstrieren und nicht über Nacht dort zu bleiben. Zumindest
       mit Ersterem ist sie gescheitert.
       
       Militär und Polizei haben sich demonstrativ tagsüber vom Tahrirplatz
       ferngehalten. Entsprechend friedlich und festlich war die dortige
       Atmosphäre. Der große Test wird sein, was das Militär unternimmt, wenn sich
       die Demonstranten wie geplant auf dem Platz wieder einrichten, bis ihre
       Forderung erfüllt werden. Die scheint nichts abzuschrecken. "Wenn du ein
       Ziel vor Augen hast, dann lässt du dich von dieser heutigen Hitze nicht
       aufhalten", meint die Radioansagerin Hassan.
       
       8 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim Gawhary
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
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