# taz.de -- Politische Lage in Ägypten: Gewählt wird später
       
       > Der ägyptische Militärrat will die Wahlen um 2 Monate verschieben,
       > Demonstranten fordern seinen Rücktritt. Drei Ex-Spitzenpolitiker wurden
       > wegen des Deals mit einer deutschen Firma verurteilt.
       
 (IMG) Bild: Und weiter geht's: Demonstrierende am Dienstag auf dem Tahrir-Platz.
       
       KAIRO/BERLIN rtr/dapd/dpa/taz | Die Parlamentswahl in Ägypten wird nach
       Angaben aus Militärkreisen möglicherweise nicht vor November und damit zwei
       Monate später als geplant stattfinden.
       
       Mit einer solchen Verschiebung würden die herrschenden Streitkräfte der
       Forderung neuer Parteien nachkommen, die mehr Zeit zur Vorbereitung
       beanspruchen. Ein früher Termin würde dagegen gut organisierten Kräften wie
       den Muslimbrüdern zugutekommen.
       
       Bereits am Dienstagabend war der stellvertretende Ministerpräsident Jehia
       al-Gamal zurückgetreten. Regierungschef Essam Scharaf akzeptierte den
       Rücktritt. Auf Demonstrationen wurde der Rücktritt Scharafs und des
       herrschenden Militärrats gefordert. Am Montagabend hatte Scharaf eine
       Umbildung der Regierung angekündigt. Er zog damit die Konsequenz aus
       Protesten gegen einen aus Sicht der Demonstranten zu langsamen
       Reformprozess.
       
       Der Oberste Militärrat, der das Land kommissarisch verwaltet, hatte am
       Dienstag die Demonstranten vor der "Verletzung öffentlicher Interessen"
       gewarnt. In der Erklärung, die von Generalmajor Mohsen al-Fangari im
       ägyptischen Fernsehen verlesen wurde, hieß es zugleich, der Militärrat
       fühle sich weiterhin der Meinungsfreiheit und dem Recht auf friedliche
       Versammlung verpflichtet. Anlass war die Belagerung von Kairos größtem
       Regierungsgebäude sowie die Drohung der Protestbewegung, ihre Sit-ins auch
       auf andere wichtige Orte in der Hauptstadt auszudehnen.
       
       ## Demonstranten fordern Säuberungsaktion
       
       Die Stellungnahme der Streitkräfte erfolgte im Vorfeld einer weiteren
       Kundgebung, bei der die Demonstranten eine Säuberungsaktion gegen die
       Mitglieder des früheren Mubarak-Regimes forderten sowie die strafrechtliche
       Verfolgung von Polizisten, die während des Aufstands Anfang des Jahres
       Demonstranten getötet hatten. Seit Freitag haben sich die Aktivisten wieder
       auf dem zentralen Tahrirplatz in Kairo niedergelassen.
       
       Unterdessen verurteilte ein Gericht drei frühere Regierungsmitglieder wegen
       eines umstrittenen Geschäfts mit einer deutschen Firma zu Haftstrafen
       zwischen einem und zehn Jahren. Zudem müssen die Politiker aus der Ära
       Mubarak wegen "Verschwendung öffentlicher Mittel" umgerechnet rund 24
       Millionen Euro Strafe zahlen. Die mit zehn Jahren höchste Strafe bekam
       Exfinanzminister Jussuf Butros Ghali, der am 11. Februar, dem Tag des
       Mubarak-Rücktritts, aus Ägypten floh und dessen Aufenthaltsort derzeit
       unbekannt ist. Erst im vergangenen Monat war er wegen Korruption in einem
       anderen Fall zu 30 Jahren Haft verurteilt worden.
       
       Exinnenminister Habib al-Adli, der bereits wegen anderer Delikte in Haft
       sitzt und derzeit auch wegen tödlicher Gewalt gegen Demonstranten vor
       Gericht steht, bekam in dem aktuellen Verfahren fünf Jahre.
       Ex-Ministerpräsident Ahmed Nasif schließlich muss für ein Jahr hinter
       Gitter.
       
       Die drei Politiker hätten bei der Utsch AG im nordrhein-westfälischen
       Siegen Metallplatten für Autokennzeichen zu überhöhten Preisen und ohne
       Ausschreibung geordert, entschieden die Richter am Dienstag. Das Gericht
       verurteilte auch den Vorstandschef des deutschen Unternehmens, Helmut
       Jungbluth, in Abwesenheit zu einem Jahr Haft wegen "Beihilfe zur
       Verschwendung von Staatsvermögen".
       
       Die Utsch AG nahm das Urteil "empört zur Kenntnis" und schaltete die
       deutsche Botschaft in Kairo ein, wie ein Sprecher mitteilte. Sie wies den
       Vorwurf zurück, mit der Lieferung von neun Millionen Autokennzeichen im
       Jahr 2008 "Beihilfe zur Verschwendung von Staatsvermögen" geleistet zu
       haben. Das Geschäft sei einwandfrei abgelaufen, der sei "vollkommen
       marktgerecht" gewesen.
       
       13 Jul 2011
       
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