# taz.de -- Gedenken in Srebrenica: Kein Hass, nur tiefe Trauer
       
       > Zehntausende versammeln sich am 16. Jahrestag des Massakers von
       > Srebrenica auf dem Friedhof von Potocari. 613 neu identifizierte Opfer
       > wurden beigesetzt.
       
 (IMG) Bild: Nach 16 Jahren beerdigt: Särge in Potocari.
       
       SPLIT taz/dpa/afp | Mehrere zehntausend Menschen haben am Montag in
       Srebrenica des Massakers in der ostbosnischen Stadt vor 16 Jahren gedacht.
       Dort waren im Bürgerkrieg mehr als 8.000 muslimische Männer und Jungen von
       serbischen Verbänden ermordet worden.
       
       613 von ihnen wurden am Jahrestag auf dem Friedhof in Potocari vor den
       Toren Srebrenicas bestattet. Sie waren im letzten Jahr aus verschiedenen
       Massengräbern geborgen und identifiziert worden. Der Jüngste von ihnen war
       mit 11 Jahren Nesib Muhic. Damit sind jetzt 5.137 Opfer des Massakers auf
       dem Friedhof in Potocari beigesetzt.
       
       Seit Sonntagabend versammelten sich 6.000 bis 8.000 Menschen an der
       Gedenkstätte in Potocari nahe Srebrenica. Sie waren zuvor drei Tage lang
       den etwa 110 Kilometer langen Weg gegangen, auf dem die bosnischen Muslime
       im Juli 1995 vor den bosnisch-serbischen Truppen geflohen waren.
       
       Auch Ausländer nahmen an dem Marsch nach Srebrenica teil, neben Deutschen
       und Österreichern waren auch Exsoldaten aus den Niederlanden darunter.
       Hinzu kamen 300 Radfahrer, die sich von der 400 Kilometer entfernten Stadt
       Bihac in Westbosnien nach Srebrenica aufgemacht hatten, um an der
       Trauerfeier teilzunehmen.
       
       Schätzungsweise 30.000 Menschen aus dem ganzen Land nahmen an der
       Gedenkfeier teil, die von mehr als 2.000 Polizisten gesichert wurde. Die
       meisten Redner verlangten, aus diesem größten Kriegsverbrechen in Europa
       nach 1945 die Lehre zu ziehen: "Nie mehr wieder." Zahlreiche Teilnehmer der
       religiösen Feier drückten ihre Genugtuung aus, dass der Befehlshaber dieses
       Massakers, der serbische General Ratko Mladic, sich nach über zehnjähriger
       Flucht seit dem letzten Monat vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den
       Haag verantworten muss.
       
       Bei der Gedenkfeier machte sich deshalb aber kein Gefühl des Triumphes
       breit. Das Mitglied des Staatspräsidiums Bosnien und Herzegowinas, Bakir
       Izetbegovic, brachte die Gemütslage der Versammelten zum Ausdruck, als er
       erklärte, "unsere Rache gegenüber jenen, die solche schrecklichen Taten
       vollbracht haben, ist unser Einsatz für den Frieden".
       
       ## "Hass würde meine Seele zerstören."
       
       Seit Ende des Krieges 1995 sind vonseiten der bosniakischen (muslimischen)
       Bevölkerungsgruppe, die mindestens 70.000 Menschen durch Mord und Terror
       während des Krieges 1992-1995 verloren hat, keinerlei Racheakte
       ausgegangen. Auch ganz einfache Menschen in den von "ethnischen
       Säuberungen" besonders betroffenen Regionen betonen immer wieder: "Hass
       würde meine Seele zerstören."
       
       Das Massaker von Srebrenica vom Juli 1995 gilt als das schlimmste
       Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Damals waren die
       Truppen des bosnischen-serbischen Armeechefs Ratko Mladic in die
       UN-Schutzzone einmarschiert und hatten an den Blauhelmsoldaten vorbei rund
       8.000 Muslime verschleppt und getötet, vorwiegend Männer und Jungen. Neben
       dem früheren bosnischen Serbenführer Radovan Karadzic, der 2008 gefasst
       wurde, gilt Mladic als der Hauptverantwortliche für das Massaker, das von
       internationalen juristischen Instanzen als Völkermord eingestuft wird.
       
       Gesprächsstoff bot den Versammelten das Urteil eines niederländischen
       Gerichts, das die niederländische Regierung in der vergangenen Woche zur
       Zahlung einer Entschädigung an eine Familie von Srebrenica-Opfern
       verurteilte. Die Klage angestrengt hat ein Bosniake, der als Übersetzer bei
       der niederländischen UN-Schutztruppe Dutchbat gearbeitet hatte.
       
       Er selbst durfte zwar Srebrenica mit den Niederländern verlassen, seine
       Brüder, sein Vater und andere Verwandte wurden jedoch von den
       niederländischen Soldaten den Milizen des Ratko Mladic übergeben und danach
       ermordet. Laut Urteil hätte Dutchbat die Angehörigen der Familie nicht
       serbischem Militär überstellen dürfen.
       
       11 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Erich Rathfelder
       
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