# taz.de -- Mexikos Schuldenkrise in den 80ern: Déjà-vu auf Griechisch
       
       > Rückblende nach Mexiko, 1982: Schulden, wackelnde Banken, Notkredite,
       > Sparzwang. Das gab es alles schon mal. Am Ende half nur: Schulden
       > streichen.
       
 (IMG) Bild: Zugebissen: Was heute in Griechenland passiert, gab es in Mexiko schon mal.
       
       Tastend bewegen sich Politiker und Finanzexperten durch die Eurokrise, als
       würden sie unbekanntes Neuland betreten. Eine Kostenbeteiligung der
       Gläubiger, Schuldenrückkauf oder Schuldenerlass - solcherlei vermeintlich
       nie dagewesene Verstöße gegen die Freiheit der Finanzmärkte auch nur laut
       zu denken, wie es unlängst ein internationaler Bankenverband tat, gilt
       schon als Tabubruch.
       
       Ein Blick in die jüngere Geschichte aber zeigt ein ganz anderes Bild. Alles
       schon mal da gewesen. Von Rettungskrediten und brutalen Sparauflagen - in
       den 80er Jahren unter dem Namen Strukturanpassungsprogramme bekannt und
       berüchtigt - über Umschuldungen bis zur späten Einsicht, dass sich ohne
       Schuldenerlass die Krise nicht lösen lassen würde.
       
       Rückblende auf das Jahr 1982: Das hoch verschuldete Mexiko erklärt seine
       Zahlungsunfähigkeit. Kurz danach drohen auch andere große Länder
       pleitezugehen, namentlich Brasilien und Argentinien. Bei den
       Gläubigerbanken bricht Panik aus, sie fürchten den Zusammenbruch. In dem
       Fall würde die Krise auf die reichen Länder des Nordens überspringen.
       Höchste Ansteckungsgefahr also, wie heute.
       
       ## Billigste Kredite
       
       Vorausgegangen war eine Phase billigster Kredite, als infolge der Ölkrise
       massenhaft Petrodollars lukrativ angelegt werden mussten - ähnlich wie bei
       den Euro-Krisenländern, die sich an Niedrigzinsen in der Währungsunion
       erfreut hatten. Dem setzten externe Schocks ein Ende: damals der Anstieg
       des Dollarkurses und der Zinsen weltweit, diesmal die Immobilien- und die
       darauffolgende Finanzkrise.
       
       Damals kamen die USA und vor allem der Internationale Währungsfonds (IWF)
       den Schuldnerländern zu Hilfe. Heute sind es die EU und der IWF. Damals wie
       heute hieß Hilfe: Die Krisenstaaten bekamen im Gegenzug für brutale
       Sparauflagen neue Kredite, um damit bei den Banken ihre alten Schulden
       abzahlen zu können. Wegen des höheren Risikos - Ratingagenturen spielten
       für diese Entwicklung damals keine so entscheidende Rolle - wurden für die
       neuen Kredite wesentlich höhere Zinsen fällig als zuvor. Die bekannte
       Folge: Der Schuldenberg und die Belastung für die Staatshaushalte wuchsen,
       während die Wirtschaft darniederlag und die Menschen verarmten.
       
       Als sich das Scheitern der Strategie nicht mehr ignorieren ließ, begann
       Phase 2 des Krisenmanagements: die Umschuldungen. Die um ihr Überleben
       bangenden Gläubiger ließen sich überreden, die bald fälligen Schulden in
       Kredite mit längerer Laufzeit und niedrigeren Zinsen umzuwandeln, was jetzt
       in der Eurozone geplant wird. Dadurch gewann man erst mal Zeit.
       
       ## Schuldscheine an Spekulanten
       
       Es dauerte ein paar Jahre, bis der nächste Erkenntnisprozess einsetzte.
       Nicht freiwillig, sondern weil die Krise noch beängstigendere Ausmaße
       angenommen hatte: Die Schulden vermehrten sich immer schneller und immer
       mehr Länder gerieten an den Rand der Zahlungsunfähigkeit. Nur die Banken
       hatten sich des Problems bis dahin weitestgehend entledigt. Zum Teil
       verkauften sie die Schuldscheine zu hohen Abschlägen an Spekulanten, den
       Rest schrieben sie schrittweise als Verluste oder Teilverluste ab. Da lag
       die Frage nahe: Wenn die Banken sowieso auf rund die Hälfte des Werts der
       Schuldscheine verzichteten, warum sollten dann nicht auch die
       Schuldnerländer nur noch von der Hälfte des Werts ausgehen?
       
       Nun geschah das bis dato Unaussprechliche: 1987 schlossen die USA mit
       Mexiko ein Abkommen, wonach die USA für neue Kredite bürgten, mit deren
       Hilfe Mexiko seine alten Schulden zurückkaufen konnte - und zwar nicht zum
       vollen Nominalwert, sondern zum viel niedrigeren Marktpreis. Unterm Strich
       war das nichts anderes als ein teilweiser Forderungsverzicht der Banken -
       heute unter dem Begriff Haircut gehandelt - und ein teilweiser
       Schuldenerlass für die überschuldeten Staaten. Damit die Schuldenkrise des
       Südens zwar noch nicht zu Ende, aber zum ersten Mal seit ihrem Ausbruch
       fünf Jahre zuvor wurde die Lage etwas entschärft. Es folgten weitere
       Schritte - von den nach dem damaligen US-Finanzminister benannten
       Brady-Bonds nach dem Muster des US-mexikanischen Abkommens von 1987 - bis
       zum fast vollständigen Schuldenerlass der G8 für die ärmsten Länder. Die
       Parallelen zu heute? Man wird sehen.
       
       19 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nicola Liebert
       
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